Tull Live on Tour 2007

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Moderator: King Heath

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Carsten
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Beitrag von Carsten »

Thomas G hat geschrieben:Für mich waren Konzerte nie ein Thema. 1991 konnte ich mich einmal aufraffen, zu einem Tull-Konzert zu gehen,

Eddie Jobson war einer der besten Musiker, die je auf einem Tull-Album spielten. Jeffrey Hammond war ein völlig auswechselbarer Bassist. Für die Musik ist das so und nicht anders zu beurteilen. Wer die originelleren Faxen auf der Bühne abzog, interessiert mich wenig.
Lieber Freund der leisen Rockmusik! Ich glaube, da bist Du gleich auf mehreren falschen Dampfern gleichzeitig, wenn nicht gar auf dem Traumschiff! Tull sind und waren immer hauptsächlich eine Live-Band, die Tonträger (auch lt. I.A.) immer nur ein Souvenir zum Konzert. Und das ist auch gut so. Denn Musik ist eine nur im Augenblick entstehende Kunst, der die modernen Aufnahmetechniken zwar eine Reproduzierbarkeit (und Beliebigkeit) beschert haben, den Augenblick allerdings nie ersetzten können.

Im Gegensatz zu Dir war ich auf gut 100 Tull-Konzerten und möchte davon höchstens ein drittel missen (hauptsächlich aus den letzten 15 Jahren). Gerade als ein Menschlein, dass eigentlich mehr auf Klassik als auf Rock steht und in diesem Bereich konzertmäßig in meiner Heimatstadt Berlin seit meiner Kindheit bestens versorgt bin, weiß ich, dass kein Stück Plastik oder Vinyl gegen ein Konzerterlebnis anstinken kann (Musik die riecht?).

Und obwohl ich weit mehr Klassikkonzerte und Opern als Rockkonzerte besucht habe, kann ich nicht behaupten, dass mir Tull irgendwann zu laut gespielt haben. Mensch, Alda, dett muss knacken, dett is Rock mit Eiern!

Was nun Eddie Jobson und Jeffrey angeht: Natürlich war Jobson ein ganz fingerfertiger Pianist (mir allerdings zu nervös und die Geige hätte er mal lieber im Kasten gelassen, gerade live!). Aber mir gefallen doch Brick, Passion Play und Warchild besser als A. Und das liegt nicht daran, dass bei den drei ersten ein recht schlechter Bassist mitgespielt hat, sondern dass ein Gruppe von Freunden zusammen an einem künstlerischen Gesamtkonzept gearbeitet hat, das einzigartig war und garantiert auch sehr von Jeffrey (wenn auch nicht vordergründig musikalisch) beeinflusst war. Wer sie damals live auf der Bühne erlebt hat, wird das garantiert bestätigen. Das hat nichts mit Faxen zu tun, sondern einer Chemie zwischen den fünf, die es nie wieder gab.

Vielleicht möchte I.A. auch keine neue CD machen, da ihm schlicht und ergreifend die Muffe geht, musikalisch nicht all zuviel mehr zu sagen zu haben. Wenn ich mir da die letzten Instrumentals anhöre (Mo'z Art Medley etc.), könnte ich ihn da durchaus verstehen.

Dann wünsche ich Dir noch viele tolle Live-Erlebnisse aud Deinem Sofa vor Deiner optimal eingestellten Anlage.

Ich bin hier und Du bist mein Sofa (Herr Zappa, 1975)

Ich bin der Dreck unter Deinen Walzen
Carsten
Thomas G

Beitrag von Thomas G »

Mir war klar, dass ich den Konzertgehern auf die Füße trete, aber ich nehme keine Silbe zurück. Ich entdeckte Tull über die Musik und nicht über irgendwelche Happenings oder Verknüpfungen mit zufällig zeitgleichen biographischen Nettigkeiten. Deshalb ist und bleibt für mich die Musik das Entscheidende.

Mir ist auch klar, dass die meisten durchschnittlichen Rockkonzertbesucher keine Probleme mit der Lautstärke haben, ich habe das ja erlebt. Ich habe ungläubig gestaunt, als ich mich nach der ersten Attacke auf meine Trommelfelle umsah und offenbar der einzige war, der glaubte, da müsse wohl die Tontechnik grotesk falsch eingestellt sein, denn überall sah ich nur bierseliges Gegrinse und Gejohle.

Ich höre Rockmusik nicht leise, dass ist Schwachsinn. Ich fahre meine Anlage aus und dann zittern auch die Wände. Aber die Beschallung in dem Konzert hatte mit lauter Musik nichts mehr zu tun, das war einfach nur tosender Lärmbrei. Wenn Status Quo oder Metallica mit solchen Pegeln Energie, Wildheit oder "Eier" vortäuschen müssen, weil die langweilige Musik das nicht inhaltlich transportieren kann, dann verstehe ich das ja, aber Jethro Tull hätten das nicht nötig.

Die These, Anderson könne das Songwriting nicht mehr, kaufe ich nicht. Das erzählt man, seit die Alben seltener wurden, also seit den Achzigern, aber das ist für mich dadurch widerlegt, dass seitdem noch jede Studioproduktion Highlights enthielt, auf die ich nicht verzichten möchte. Ich bin sicher, dass Anderson bei konstanter Fokussierung auf Alben und nicht auf Konzerte als Schwerpunkt seines Interesses alle paar Jahre nach guten Alben auch ein sensationelles Album vorlegen würde - der letzte Beweis dafür war immerhin so spät wie 1995 mit Roots To Branches.

Wenn Anderson nicht mehr will, dann schon eher, weil gestrige Fans noch immer auf Thick As A Brick II oder Songs From The Wood II warten und jedes neue Album in den Boden stampfen. Da sehe ich auch einen Nachteil des Internets: Aqualung-Nostalgiker haben vielleicht über Stormwatch schon genauso die Nase gerümpft wie das später bei Dot Com passierte, aber sie konnten nicht das Internet damit vollschmieren und I. A. musste es nicht (in dem Ausmaß) registrieren. Das greife ich nicht aus der Luft, ich glaube es war im letzten oder vorletzten AND-Interview, in dem I. A. explizit die Fanreaktion auf die letzten Alben als Begründung anführte, warum er sich nicht für die Idee weiterer Tull-Alben begeistern könne und allenfalls mal ein neues Stück als Download vorziehen würde.
Zuletzt geändert von Thomas G am Sa Mär 10, 2007 12:04 am, insgesamt 1-mal geändert.
CaptainFalcon
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Beitrag von CaptainFalcon »

Ich stimme dir, Thomas, insofern zu, dass ich es auch lieber hätte, wenn Anderson mal 2 Jahre lang nicht touren würde, dafür ein neues Album aufnehmen würde.

Leider ist dies nicht der Fall, was nur 2 Gründe haben kann. Entweder er tourt mittlerweile 100mal lieber als Songs zu schreiben und ins Studio zu gehen. Oder ihm gehen tatsächlich die Ideen aus. Wahrscheinlich ist es eine Mischung aus beidem.

Mittlerweile wäre ich ja schon fast zufrieden, wenn ich mal tatsächlich, wie seit 5 Jahren angekündigt, einen neuen Songs auf der offiziellen Seite runterladen könnte. Das wäre zwar kein neues Album, aber wenigstens etwas.
Wotan
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Diskussion

Beitrag von Wotan »

hallo,

also, um in einem Studio klanglich hervorragende Alben zu produzieren, bedarf es guter Technik... Es wird nirgenwo auf der Welt soviel getrickst wie in Studios. Technisch gute Alben produziert auch Dieter Bohlen, Roland Kaiser, Peter Maffay, die Herzdecker Wildbuben, usw...


Das ist kein Kriterium für Kunst... Fakt ist, vom Meister kommt nicht mehr viel Weltbewegendes. Wenn ihm etwas einfiele, würde er es umsetzen. Nur die Luft ist raus!!!Die Werke der letzten Jahre sind eher unbedeutend... Das geht aber fast allen so. Auch vielen ganz großen in der Klassik ist es ähnlich ergangen. Ausnahmen gibt es allerdings im Jazz, weil diese Musik ständig von der Veränderung lebt...Guter Wein braucht seine Zeit.

Nein, wenn es ein Kriterium für gute Musik gibt, sind es Livedarbietungen. Hier trennt sich die Spreu vom Weizen.
Das ist dasgleiche wie zwischen Film - und Theater. Wenn man richtige Schauspielkunst erleben will, geht man ins Theater. Diesen ganzen Blockbustermist aus USA ist ne schöne Mogelpackung. Nicht mehr!!!

Wotan
Whistling Catfish
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Beitrag von Whistling Catfish »

Tach,

hier ist ja mal wieder richtig was los. Hatten wir ja auch schon länger nicht mehr! :P

Also für mich ist die musikalische Live Darbietung das Maß der Dinge! Da muss ich meinem Vorrednern völlig recht geben. Musik ist etwas für den Augenblick, für diesen einen magischen Moment!

Und, lieber Thomas, die Zeiten der trommelfellzerfetzenden Volumenorgien sind im Tull Kontext (und in dem neuen sowieso) ein für alle mal vorbei. Es gab und gibt hier immer wieder Diskussionen, daß es manchen sogar zu leise wird. Ich bin allerdings der Meinung, daß die Balance jetzt wieder stimmt, zumal der Fokus im aktuellen Tull Programm eher auf den etwas sanfteren, ja ich würde fast sagen etwas feineren Nummer ruht. Daher würde ich Dir raten in diesem Jahr doch nocheinmal einen Versuch zu unternehmen....nach Möglichkeit würde ich Dir dann sogar einen der Hallengigs anstelle der leider so häufig gespielten Open Air Platzkonzerte empfehlen....

Eine gute Platte zuhause ist schön und gut, aber das Musikerlebnis schlechthin ist und bleibt nunmal der konzertante Vortrag. Und ja, da spielt auch das Kollektiverlebnis eine Rolle. Mit Kollektiv meine ich die Beziehung zwischen den Musikern auf und den Leuten vor der Bühne. Und an guten Abenden funktioniert das ganz prächtig und die Erinnerung an solche Abende ist mindestens soviel Wert wie eine auf technischen Hochglanz polierte Studioaufnahme! Eher noch mehr.....doch auch das ist wohl - wie so vieles - Geschmacksache!

Aber um nochmal auf Ian Anderson, neues Material, unseren Erwartungen und seine Ambitionen zurückzukommen:

Das seine kreativen Säfte versiegt sein sollen, kann ich beim besten Willen nicht glauben. Und es gibt auch keinerlei Anzeichen dafür. Schließlich haben wir in diesem Jahrtausend so manche neue musikalische Perle aus seiner Feder durch die heimischen Boxen perlen lassen können. SLOB gehört für mich nach wie vor zu einer seiner besten Arbeiten. Rupi's Dance und auch das Christmas Album sind ganz fantastische Platten.

Und auch ich bin der Überzeugung, daß er ähnliches und doch wieder ganz anderes ohne weiteres wiederholen könnte, wenn er denn wollte.

Was er m. E. definitiv nicht will ist ein weiteres Rockalbum. Ich denke seine Ansagen und auch seine "Strategie" im Livezirkus sprechen hier eine deutliche und wunderbare Sprache. Ich erkenne wohl an, daß es manchen Nostalgiker schwer fällt zu begreifen, das die Rockband Jethro Tull in der Form, wie wir sie so lange kannten nicht mehr existiert. Mir macht das zum Glück nichts aus - im Gegenteil - ich bin sehr froh, daß meine Lieblingsband es geschafft hat stets interessant zu bleiben und es weiterhin spannend bleibt das Tun und Schaffen des Dr. A. zu verfolgen - und die oben erwähnte Magie des Augenblicks scheinbar immer wieder neu und aufregend erfunden wird. Und wenn er jetzt seine Prioritäten auf diese aufregenden und schönen Konzertkonzepte legt, so ist das doch nur sein gutes Recht als Künstler. Darüberhinaus, auch das sollte mal gesagt sein, haben Jethro Tull in ihrer nunmehr fast 40jährigen Karriere deutlich mehr Musik unter die Leute gebracht als Led Zeppelin, Pink Floyd oder wer auch immer zusammen! Und wenn der große Meister seine Prioritäten nun anders setzt, wer will es ihm vergönnen!

Und zu dem offensichtlichen "Split" mit den anderen Jungs:

Habt Ihr vielleicht auch einmal in Erwägung gezogen, daß dieser (temporäre oder meinetwegen auch dauerhafte) "Split" aus dem einfachen Sachmerkmal entstanden sein könnte, daß er für dieses "neue" Konzept der sanfteren Töne auch andere Talente benötigt, als die, mit denen er die letzten 15 Jahre hart gerockt hat??? Ein Martin Barre hat vor einigen Jahren mal gesagt, daß er mittlerweile viel lieber akustische Gitarre spielt als elektrische, er das aber im JT Kontext nicht tun wolle, weil er glaubt, daß die Leute von ihm etwas anderes erwarten.

Jetzt hat er sich scheinbar doch dagegen entschieden - und das ist gut so.

Denn vielleicht - aber nur vielleicht - bringt uns das dann doch viel näher an ein neues Album als wir vielleicht zu hoffen wagen. Denn Dr. A. hat definitiv keine Lust mehr elektrische, laute Rockmusik zu schreiben, sondern geniesst es nunmehr mit fast 60 Jahren seine eigentliche Passion, die er ja immer schon hatte - nämlich akustische Musik zu spielen und zu schreiben auszuleben, ohne Rücksicht auf andere! Wie es ein ernsthafter Künstler, der glaubwürdig bleiben möchte unbedingt tun muss. Und jetzt, da sich diese Vorzeichen offenbar gedreht haben, hat er vielleicht auch wieder mehr Ehrgeiz unter dem Tull Banner neue Musik einzuspielen......mit Martin!

Wie dem auch sei....ich habe diese Band ja bereits gesehen und in vollen Zügen genossen.....es wird ein gutes Jahr, dieses 2007...ich bin mir fast sicher....

Viele Grüße,
J.
I wish I was a Catfish, swimmin' in the deep blue sea....
Nicht der Ian
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Beitrag von Nicht der Ian »

Muß doch noch einen Kommentar absondern angesichts der Geschehnisse in den vergangenen Wochen/Monaten/Jahren, nur soviel:

Das Rauchen konnte ich mir leider bis jetzt noch nicht abgewöhnen, aber nach 37 Jahren bin ich - was diese Gruppe anbelangt - entwöhnt! Allen, wie beispielsweise dem pfeifenden Dr. tullus h.c. sei jedoch der Spaß nicht genommen. Nur für mich, mit anderen Worten: das Tull-Kapitel ist für mich, was die heutige Zeit anbelangt, definitiv abgeschlossen. Diesbezüglich habe ich auch meiner Angetrauten strengstens untersagt, mir auf keinen Fall eine Karte für die diesjährige Tour zu schenken.
Gruß Dietmars Lieblingsspammer

PS Led Zeppelin, Pink Floyd mag zwar weniger Musik unter die Leute gebracht haben; aber nicht die Masse, sondern die Klasse macht es! Und, wer auf Violinen steht, eine Alternative wäre da noch Andre Rieu.
Warchild
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Beitrag von Warchild »

Zuletzt geändert von Warchild am Mi Aug 27, 2008 10:04 am, insgesamt 1-mal geändert.
King Heath
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Beitrag von King Heath »

Nicht der Ian hat geschrieben:Diesbezüglich habe ich auch meiner Angetrauten strengstens untersagt, mir auf keinen Fall eine Karte für die diesjährige Tour zu schenken.
Das heißt also, dass Du doch hingehst, wie? Aber clever verschleiert. Kompliment.

Keheim Heath
Wotan
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Beitrag von Wotan »

hallo zusammen,

ich möchte folgendes richtigstellen.
Pink Floyd hat zwar weniger Albern produziert. Aber von den Alben haben sie nun mal weit über 200 Mio. verkauft. IA und JT zusammen um die 60 Mio. Das ist also wesentlicher weniger Musik die sie untes Volks gebracht haben. Hier hat IA ein Riesenproblem. Bei manchen Konzerten hat er sich über Mick Jagger u.a. "lustig" gemacht.

Gruß

Wotan
Laufi
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Beitrag von Laufi »

Hi:

nun ja, viel ist in diesem Thread ja nun wirklich schon geschrieben worden. Viel wahres sicherlich auch.

Zu ein paar Punkten mag ich dann doch meinen subjektiven Senf dazugeben. Subjektiv deswegen, weil Musik für mich immernoch viel mit Gefühl zu tun hat. Deswegen auch die Frage, wie Ihr Euch beim Split 1980 gefühlt habt. Ich kenne den schließlich nur vom Papier und vom Hörensagen, denn ich habe die Band in einem anderen Line-Up lebendig kennen und lieben gelernt.

Mein Gefühl sagt mir, daß JT eigentlich nur noch ein "Trademark" ist und eben nicht mehr ein paar Leute, die als Freunde auf der Bühne oder im Studio stehen und musizieren. Die letzten Jahre (Jahrzehnte) mag das auch nicht wirklich so gewesen sein, aber wenigstens wurde der Schein gewahrt und es kam mir so vor, als wenn es so wäre. Im Moment wird gar dieser Schein einfach mit den Füßen getreten. Ich kann das zumindest nicht akzeptieren, daß der dienstälteste Trommler dieser Kapelle als "krank" deklariert wird, obwohl er das augenscheinlich nicht (mehr) ist und dies gar Fans per e-mail zu verstehen gibt. Wäre er wirklich so schwer krank, dann wäre es die erste Pflicht, darüber offiziell auf der Website regelmäßig zu informieren. Gleiches gilt für Andy und Jonathan. Sie spiel(t)en lange genug in der Band, um ihre Aktivitäten und Gründe für ein Ausscheiden, bzw. Abwesenheit bei der kommenden Tour zu erklären und kommentieren.

IA hat jahrelang erklärt, daß er nicht "der Jethro Tull" ist, Jethro Tull ist immer eine Band gewesen, selbst irgendwo nach der großen Umbesetzung und den Umbesetzungen davor. Fakt ist für mich nun, daß IA Jethro Tull ist und das einzig aus dem Grund, weil er die Namensrechte hält. Eine Ian Anderson Tour wird sich nicht so gut verkaufen, wie eine Jethro Tull Tour, es geht also einzig und allein ums Geschäft, die "Freundschaft" oder zumindest Kumpanei wird da wohl schon länger auf der Strecke geblieben sein - ganz offensichtlich wird dies aber nun jetzt. Und ich glaube in keinster Weise, daß IA zu seinem Wort steht ("Jethro Tull ohne Martin Barre wird es nicht geben"), denn dies hat er schon einmal gebrochen (Indien) und kündigt dies gar für den Sommer nochmal an.

Da soll er doch ganz offen sagen, daß er ganz einfach mit Mietmusikern unterwegs ist (die seine Söhne sein könnten und das teilweise auch sind) und das unter einem Label, das noch halbwegs Kohle reinbringt. In diesem Sinne denke ich auch ganz einfach, daß die aktuelle "Jethro Tull" Besetzung billiger ist, als Andy, Jon und Doane. Vielleicht haben die es gewagt, nach einem größeren Scheck zu fragen. Und für Doanes Anflug aus den Staaten mußte der Alte wohl zuviele Bäume pflanzen.

Was IAs Kreativität angeht, auch hier geht es schlicht ums Geschäft. Auch wenn ich es nicht so sehe, daß wir "in diesem Jahrtausend" schon einigen Meisterwerken lauschen durften (SLOB ist von 1998, das Christmas Album alles andere als ein Meisterwerk, einzig RD eine Perle aus diesem Jahrtausend), IA könnte schon noch einige Ideen haben, wenn er nur wollte, da bin ich mir ziemlich sicher. Er hat oft genug erwähnt, was es für ein Aufwand wäre, eine Platte zu produzieren und was das kosten würde - vor allem Zeit in der er nicht touren könnte. Er rechnet einfach durch und kommt zu dem Schluß: "ist nicht so lukrativ wie mal wieder ne best of Tour mit günstigen Mietmuckern unter dem Namen 'Acoustic Tour'". Schade für einen Künstler, der so viel Kohle hat, daß er die nächsten 5 Generationen seiner Nachkommenschaft ganz locker damit durchbringt.

Lange Rede kurzer Sinn: für mich ist diese Band als kreative Band irgendwann in den letzten Wochen endgültig gestorben. Irgendwann lichtet sich selbst die rosaroteste Brille. So fühle ich und das sicherlich mit ein paar Tränen in den Augen. Ich guck mir vielleicht im Sommer mal einen Gig mit etwas Wehmut an - ansonsten lebe ich jetzt in der Vergangenheit und zehre von den Erinnerungen.

Nun steinigt mich,

Laufi
"Du hast wohl nen nassen Helm auf!"

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Wotan
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Beitrag von Wotan »

hallo Laufi,

Du hast recht!!! Gier frißt Hirn und Seele... Ab 1980 gab es JT nicht mehr. Mit dem Rausschmiß von John Evans und Jeffrey war die Band gestorben...Für Freunde englischer Kammermusik des 19. Jahrhunderts war zwar später immer noch was dabei. Aber die Zeiten von Brick, Passion Play, Aqaulung usw. waren endgültig vorbei.
Auch Sessionmusiker wie Eddie Jobson haben sich und der Musik
keinen Gefallen getan. E J hätte gut daran getan, mit Brian Ferry weiter zu machen. Das war nämlich gut und paßte.
Das "A" Konzert war ein Albtraum.

Was danach kam war die Profilneurose von IA.
Ich weiß nicht was dran ist. Irgendwo habe ich gelesen, IA soll der zweitreichste Mann Englands sein. In irgendeinem Buisnessblatt war dass verzeichnet. Die Kohle hat er sicherlich nicht nur mit Mucke erwirtschaftet.
Da müßten folgerichtig andere weit vorn liegen. Mc Cartney, Elton John, die Floyds usw....Also scheint er ein richtiges Cleverle zu sein...
Das sei ihm vergönnt. Normalerweise kann er sich zurücklehnen und nur noch die Sachen machen, die er musikalisch machen möchte. Wie sich aber mehr und mehr herausstellt, ist dass einzige was ihn interessiert, Kohle, Kohle und nochmals Kohle.
Wahrscheinlich widersprechen sich wirkliche künstlerische Kreavität und Geschäft. Wie sagte Trappatoni -- Er hat Flasche leer!

Wotan
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Ulla
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Beitrag von Ulla »

"Living With the Past" wird auch immer mehr zu meinem Motto, wenn es um meine ehemalige Lieblingskombo geht.

Die Spannung, mit der man/frau zu Konzerten fuhr, die Vorfreude auf regelmäßige neue Alben, die genialen Konzerte mit jeder Menge Witz und einer umwerfenden Bühnenshow, das alles ist vorbei.

@ Marco: Ich gehöre ja noch zu den alten Säcken, die den großen Split von 1980 noch mitbekommen haben. Ich erinnere mich, damals zunächst fassungslos gewesen zu sein und konnte mir nicht vorstellen, wie es mit Tull nach einer so gravierenden Umbesetzung weitergehen sollte. Vor allem dass Barry Barlow nicht mehr dabei war, empfand ich als Katastrophe. In den nächsten Jahren war es dann immer sehr spannend zu sehen, welcher Schlagzeuger denn nun trommeln würde.
Das war noch die alte Zeit ohne Internet, heißt: Man/frau hörte im Vorfeld Gerüchte (ich war damals noch nicht Abonnentin des AND), wusste aber bis zu dem Moment, in dem die Band auf die Bühne kam, nicht, wer denn nun an den Drums sein würde. War recht grewöhnungbedürftig.

Dann die Sache mit Peggy: Er rief mich eines schönen Tages an und sagte: "Bevor du es von anderen hörst: Ich habe Ian heute einen Brief geschrieben und verlasse die Band!" Schock, Horror.
Die Gründe sind bekannt: Peggy war - wie jedes Jahr- auf Wintertour mit Fairport und Mr. A. setzte genau zu dieser Zeit Aufnahmen für "Roots" an - ohne Peggy etwas davon zu sagen. Der hörte durch Zufall von anderen Leuten, dass ein Ersatzbassist für ihn im Studio war. Seine Reaktion kann man sich vorstellen.

Das führt nun zu der Feststellung, dass ja einige Ehemalige vom Großen Meister so oder so ähnlich behandelt worden sind (Glenn Cornick war der Erste).

Die Illusion, dass da fünf Freunde gemeinsam auf der Bühne stehen, war spätestens seit 1970 großes Theater.
Als Beispiel: Die ersten 6 Wochen, die Peggy mit Tull auf Tour war, sprach Anderson abseits der Bühne kein einziges Wort mit ihm. In der Show aber wurde er als Freund vorgestellt und auch so angesprochen. Peggy wollte nach dieser Erfahrung die Band sofort wieder verlassen.

Sehr traurig finde ich, dass die Geschichte nun anscheinend so unschön enden wird. Wie lange kann er wohl noch mit Musikern, die er nach eigener Aussage in den gelben Seiten gefunden hat, noch unter dem Banner "Jethro Tull" touren, bevor er in Kirmeszelten und auf Schützenfesten endet? :cry:
Meet On The Ledge
King Heath
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Beitrag von King Heath »

Laufi hat geschrieben:Hi:
Deswegen auch die Frage, wie Ihr Euch beim Split 1980 gefühlt habt. Ich kenne den schließlich nur vom Papier und vom Hörensagen, denn ich habe die Band in einem anderen Line-Up lebendig kennen und lieben gelernt.
Vom Split las ich damals im Musikfachmagazin HÖRZU und habe es schlicht nicht geglaubt. Mehr erinnere ich zu dem Thema nicht (Alesia? Ich weiß nicht, wo Alesia liegt! Niemand weiß, wo Alesia liegt!).

Im Sommer des selben Jahres aber – in angenehmer Gesellschaft, gewissermaßen als past time with good company - hörte ich dann in einem Hotelzimmer in Bayswater ein Vorabtape von -A- und war BEGEISTERT. Wieder in Deutschland bekam ich dann mein eigenes Vorabexemplar nebst Cover und Textblatt und gab mich dieser neuen Band voll und ganz hin. Ob damals schon die Interviews auftauchten, in denen I.A. von neuen Herausforderungen schwafelte und davon, dass mit der alten Kombo nichts neues mehr zu machen war, kann ich nicht erinnern. Wie sieht es aus, Herren der Mäppchen?

Ich fand und finde - A - ein großartiges Album und habe es damals als Tull-Album akzeptiert. Ob es an den 80ern lag oder an meinem Alter, ich kann es nicht sagen. Aber ich fand den Gedanken an eine Runderneuerung von Tull sehr aufregend. Ich habe auf der anschließenden Tour drei Konzerte gesehen und hätte mir gerne mehr gegeben. Es ging verdammt gut ab.

Was die Lautstärke betrifft, so war und ist das differenziert zu betrachten. Mehr als einmal habe ich Konzerte in der guten alten Berliner Deutschlandhalle gesehen. Aufgrund der Größe rumpelte es dort immer gewaltig, aber wenn man einen Platz in den vorderen Reihen hatte, war der Sound nicht schlecht. Genial war natürlich das CCH, obwohl es merkwürdigerweise nur schrottige Aufnahmen aus diesem Tempel der Postmoderne gibt.

Da hier gerade wieder parallel diskutiert wird, dass die Funken nur so spritzen, verweise ich auf meinen Beitrag zu den neuesten Ergüssen of the grand maestro. Es ist dort auch nicht etwa davon die Rede, dass Jethro Tull auf Tour gehen, sondern es wird mitgeteilt, dass es nach drei Orchesterjahren an der Zeit sei, das Gleichgewicht mit mehr Konzerten “unter dem Banner von Tull“ wieder herzustellen. Ich interpretiere dies als eine klare Ansage, dass es Tull nicht mehr gibt und es sich, wie von anderen hier bereits mehrfach erwähnt, nur noch um ein Markenzeichen handelt, dass eine gewisse Zugkraft (aber auch Abstoßungskraft) besitzt.

Ich werde mir das Rudolf Heß Gedächtniskonzert in der Zitadelle Spandau ansehen und dann schaunmermal.

Ich habe übrigens in der Hauptstadt schon Plakate gesehen, auf denen das Konzert (zusammen mit anderen Konzerten) angekündigt wird. Neben dem Aqualung Schriftzug, einem Fitzelchen Aqualung von Cover, werden hier vor allem Locomotive Breath, Bourée, Thick As A Brick und Aqualung zitiert. Als Hits. Klasse. Wer wettet mit mir? In zwei Jahren gehen sie mit Uriah Heep und Nazareth auf Best of Progpop Tour.


KH
Thomas G

Beitrag von Thomas G »

Und ja, da spielt auch das Kollektiverlebnis eine Rolle. Mit Kollektiv meine ich die Beziehung zwischen den Musikern auf und den Leuten vor der Bühne.
Ich saß (nach zehn Sekunden notgedrungen: stand) in der zweiten Reihe. Um mich etwas von den Ohrenschmerzen abzulenken, zückte ich bei jedem Song einen Notizblock und notierte die Setlist. Einige Male gab es auch Blickkontakt mit I. A. Ich weiß nicht, wer wen missgelaunter ansah. Vielleicht dachte er, ich sei von der regionalen Presse und notiere mir schon mal Stichworte für den meiner Mimik entsprechenden Verriss. Da hat er Glück gehabt, denn den habe ich ja erst hier im Thread sechzehn Jahre später veröffentlicht.
Was er m. E. definitiv nicht will ist ein weiteres Rockalbum. ... Ich erkenne wohl an, daß es manchen Nostalgiker schwer fällt zu begreifen, das die Rockband Jethro Tull in der Form, wie wir sie so lange kannten nicht mehr existiert.
Ian Anderson ist ein einzigartiger Komponist, dessen Musik es verdient, in der aufregendsten Musikform umgesetzt zu werden, die es gibt, und das ist für mich die Rockmusik. Ich bin mir fast sicher: Lebte Bach heute, würde er viel für die E-Gitarre schreiben. Er schrieb viel für die Orgel, das seinerzeit wuchtigste, lauteste und monumentalste Instrument.
Pink Floyd hat zwar weniger Albern produziert. Aber von den Alben haben sie nun mal weit über 200 Mio. verkauft. IA und JT zusammen um die 60 Mio. Das ist also wesentlicher weniger Musik die sie untes Volks gebracht haben.
Denkfehler. Wenig Musik unter viele Leute bringen ist etwas anders als viel Musik unter erlesenere Leute bringen.
weil Musik für mich immernoch viel mit Gefühl zu tun hat.
Das halte ich für einen verbreiteten Irrtum. Eine gute Komposition hat einen eigenen Reiz, der nicht viel mit der Emotion zu tun hat, die sie evoziert. Eine Melodie kann sehr effektiv fröhlich oder traurig stimmen, aber musikalisch sehr drittklassig sein. Eine grandiose Melodie wirkt allein durch sich selbst, Musik ist insofern etwas Abstraktes. Wenn ich z. B. das Flötensolo in "This Free Will" höre, verfalle ich geradezu in eine Art Trance-Konzentration, in puren Musikgenuss, der sich kristallklar unterscheidet von einer bloßen ausgelösten Gefühlsaufwallung.
Deswegen auch die Frage, wie Ihr Euch beim Split 1980 gefühlt habt.
Das soll 2007 für die Musik noch relevant sein? Ich habe das auch nicht als aktiver Fan erlebt. Ich wurde etwa Mitte der Achziger auf Tull aufmerksam und besorgte mir den Back-Catalouge in völlig unchronologischer Reihenfolge. Es gab bei mir also keinerlei nostalgische Anhänglichkeiten an irgendwelche Line-Ups. Ich war einfach vollkommen verblüfft, dass es da eine Band gibt, die (mit dem eizigen konstant maßgeblichen Faktor Ian Anderson) stilistisch völlig unterschiedliche Alben vorlegt, die vor allem eins gemeinsam haben: geniale Musik. Wenn es nicht solche stilistischen Kontraste wie zwischen den Stücken Songs From The Wood und Automotive Engineerring bei vergleichbarerem Ausmaß an komplex geordneter Energie, Unverwechselbarkeit und zündenden Melodien gegeben hätte, wäre meine Bewunderung zweifellos geringer ausgefallen.
Mit dem Rausschmiß von John Evans und Jeffrey war die Band gestorben...Für Freunde englischer Kammermusik des 19. Jahrhunderts war zwar später immer noch was dabei. Aber die Zeiten von Brick, Passion Play, Aqaulung usw. waren endgültig vorbei.
Da haben wir ja so einen. Also schon Songs From The Wood war schlecht, weil Jeffrey Hammond nicht mehr wie ein dressierter Affe die ihm auswendig beigebrachten Noten am Bass nachzupfte. Na sicher.
Vor allem dass Barry Barlow nicht mehr dabei war, empfand ich als Katastrophe.
Dem stimme ich zu. Aber nicht aus Nostalgie, sondern weil Barlow ein unglaublicher Schlagzeuger war, auch wenn er später in Interviews dauernd seinen Stil bei Tull geißelte. Mark Craney war immerhin nicht viel schlechter. Alle anderen schon. Für den drittbesten Drummer halte ich den von Ian Anderson programmierten Schlagzeugcomputer auf einigen Tracks von Under Wraps.

Die von Ulla berichteten Sachverhalte sind für mich neu und zugegeben recht erschreckend. I. A. wird also nie die Medaille des nettesten Flötisten bekommen. So lange er derartiges nicht mit Martin Barre abzieht, werde ich aber weiter auf jede Band unter seiner Führung neugierig sein.
Alesia? Ich weiß nicht, wo Alesia liegt! Niemand weiß, wo Alesia liegt!
Den Bezug zu Tull verstehe ich nicht. Fand da nicht die Entscheidungsschlacht zwischen Cäsar und Vercingetorix statt?
Rudolf Heß Gedächtniskonzert
Hä?
Zuletzt geändert von Thomas G am Di Jan 16, 2007 4:47 pm, insgesamt 1-mal geändert.
King Heath
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Beitrag von King Heath »

Thomas G hat geschrieben:
Alesia? Ich weiß nicht, wo Alesia liegt! Niemand weiß, wo Alesia liegt!
Den Bezug zu Tull verstehe ich nicht. Fand da nicht die Entscheidungsschlacht zwischen Cäsar und Vercingetorix statt?
Sehr gut. Ich empfehle zur Auffrischung der geschichtlichen Zusammenhänge die Lektüre von Asterix und der Avernerschild.
Thomas G hat geschrieben:
Rudolf Heß Gedächtniskonzert
Hä?
Heiliger Pavlov! Zitadelle Spandau.

KH
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