Album Analyse Under Wraps

Allgemeine Diskussion über Jethro Tull, Neuveröffentlichungen, etc. / General discussion about Jethro Tull, releases, etc.

Moderator: King Heath

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woeller
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Album Analyse Under Wraps

Beitrag von woeller »

Hallo,
mit Interesse verfolge ich in den Beggar's Farm News die Gedanken und Interpretationen von Whistling Catfish zu verschiedenen Tull Alben. Ich möchte hierzu gerne auf das Album "Under Wraps" eingehen.
Seit Veröffentlichung der "Aqualung" Platte kann ich mich als Fan bezeichnen, ist es doch gerade die Zeit von 1971-1975, die als kreativste Phase der Band bezeichnet werden kann.
Jedes neue Album wurde mit Spannung erwartet, gekauft und sofort auf den Plattenteller gelegt und einer mehrmaligen Hörprobe unterzogen.
Dann kam 1984 und "Under Wraps". Die Richtung hatte sich ja schon bei "A" angedeutet, wurde aber bei "Broadsword" wieder zurückgefahren.
Die Enttäuschung nach mehrmaligem Hören war riesengroß. Das sollte Jethro Tull sein? :( Ohne den Gesang von Anderson war das ein Album, was zum größten Teil nicht als Tull Werk zu identifizieren war.
Nun ist Musik in erster Linie eine subjektive Empfindung, doch am allgemeinen Standard von Tull war das ein Rohrkrepierer- zuviel Synthesizer und Drum Computer-zuwenig Melodien und gute Songs.
Anfreunden konnte ich mich gerade noch mit "European Legacy", "Under Wraps 2", und "Heat". Das hat sich auch im Laufe der vergangenen 23 Jahre leider nicht geändert. Die vier Bonustracks hätte man sich auch schenken können- Grauenhaft! Auf der Tournee zum Album habe ich 2 Konzerte gesehen und leider auch das erste Mal etwas enttäuscht.
Stimmbandprobleme und so weiter. Zu den Texten fällt mir nicht viel ein, aber wenn die Musik nicht zündet und einen berührt, reißen die Texte auch nichts mehr raus. Whistling Catfish bezeichnet das Album als eines der besten und als Meilenstein in der Tull Historie - das sehe ich auch so - leider in negativer Hinsicht :( So bleibt zum Abschluss zu sagen, das "Broadsword And The Beast "das letzte durchgängig gute Jethro Tull Album war und die darauffolgenden immer nur einige gute Songs enthielten(Budapest, Farm On The Freeway, Rock Island, Valley, At Last Forever, Hunt By Numbers)
Es würde mich interessieren, ob das andere Tull Fans auch so sehen!
Tschüß!!
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Dietmar
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Re: Album Analyse Under Wraps

Beitrag von Dietmar »

woeller hat geschrieben:Whistling Catfish bezeichnet das Album als eines der besten und als Meilenstein in der Tull Historie - das sehe ich auch so - leider in negativer Hinsicht :( So bleibt zum Abschluss zu sagen, das "Broadsword And The Beast "das letzte durchgängig gute Jethro Tull Album war und die darauffolgenden immer nur einige gute Songs enthielten(Budapest, Farm On The Freeway, Rock Island, Valley, At Last Forever, Hunt By Numbers)
Es würde mich interessieren, ob das andere Tull Fans auch so sehen!
Tschüß!!
Vor dem Aspekt "Kreativität" sehe ich es halt auch als Meilenstein, da will ich Whistling Catfish auch nicht wiederholen. Es war halt das letzte Album, dass sowohl von der Technik her als auch musikalisch eine Herausforderung darstellte.

Ob man es deshalb "mögen muss", steht auf einem anderen Blatt. Queen hatten mit "Hot Space" 1982 auch ihren letzten großen kreativen Output; kommerziell hätte es damals fast das Ende für die Band bedeutet....

Insofern bleiben solche "Meilensteine" auch immer zweischneidige Schwerter. Tull haben danach ihr Publikum "bedient", mit zweifelsohne tollen Songs über alle nachfolgenden Alben.... aber wirklich was "Neues" war halt nicht mehr dabei....

Heute würde man sich bekanntlich schon darüber freuen, aber das ist eine andere "Baustelle".... 8)
King Heath
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Re: Album Analyse Under Wraps

Beitrag von King Heath »

woeller hat geschrieben: Es würde mich interessieren, ob das andere Tull Fans auch so sehen!
Tschüß!!
Und da liegt der Hund begraben. Under Wraps entspricht bzw. entsprach nicht den Erwartungen. Seltsamerweise hatte ich den Eindruck, dass, obwohl ungewohnt, die -A- Tour sehr gut ankam. Wie bei Tull üblich, kannten viele Leute im Publikum das Album zur Tour gar nicht und waren entsprechend unvoreingenommen. Diejenigen, die sich ein Tull Album am Tage des Erscheinens kaufen – also wir – sind deutlich in der Minderheit auf Tull Konzerten. Hört man sich Aufnahmen von der Tour an wird man feststellen, dass das Publikum begeistert war und ich erinnere deutlich die Kommentare von anderen Konzertbesuchern, die Tull in der Vergangenheit schon ein paar Mal gesehen hatten. Der Tenor lautete: “Bisschen ungewohnt, aber interessant. Eben Tull.“ Ich fand es großartig.

Dies änderte sich komischerweise mit Broadsword. Nach fast jedem Konzert habe ich damals Bekannte getroffen, für die Tull eine reine Live Angelegenheit war und die außer vielleicht Aqualung oder Brick nichts im Plattenschrank hatten und die sich nach dem Broadsword Konzert bitter (und zu recht) beklagten. Erster Kritikpunkt war Peter-John Vitesses Keyboard Sound. Der Zweite war Martin Barres zu zahme Gitarre. Punkt zwei lag mit Punkt drei im Wettstreit um den Platz des zweiten Siegers und lautete: Jethro Tull werden zu ihrem eigenen Klischee. Dieser Mittelalterkitsch, der da auf der Bühne zelebriert wurde, versuchte wohl Minstrel etc. zu kopieren, ging aber voll in die Hose bzw. ins Codpiece.

Eine persönliche Bemerkung hierzu: ich habe das Broadsword Konzert insgesamt siebenmal gesehen (fünfmal auf der eigentlichen Tour und zweimal auf dem Out In The Green Festival in Wiesbaden und Nürnberg). Nach dem für mich letzten Tourkonzert in Essen war ich überzeugt, dass Jethro Tull sich auflösen würden. Uninspiriert und langweilig kam die ganze Sache rüber. Und Anderson machte den Eindruck, er wäre eigentlich lieber woanders. Ich korrigiere: ALLE machten den Eindruck, als wären sie lieber woanders.

Es folgte Ian Andersons erster Ausflug in die Elektronik. Ich war damals von den Möglichkeiten der Digitalisierung schwer beeindruckt. Klar, das ganze klang noch künstlich und dünn, aber es war abzusehen, dass sich dies schnell ändern würde und es hat in der Tat keine fünf Jahre gedauert. Vergleicht einmal den Schlagzeugcomputer von Under Wraps mit dem von Crest of a Knave (Ein Bier demjenigen, der mir genau sagen kann, was von Doanne gespielt wurde und was aus der Büchse kommt – Monsieur Dix Voitures bleibt von diesem Angebot ausgeschlossen – alter Besserwisser).

Nun bin ich nicht ansatzweise ein so kreativer Musiker wie Ian Anderson, doch war ich damals von den neuen Möglichkeiten ganz aus dem Häuschen. Für ihn muss das die Erfüllung eines Kindheitstraumes gewesen sein. Endlich konnte der ewige Eigenbrödler all das verwirklichen, was er aufgrund seines Kommunikationsdefizits seinen Mitmusikern nie hatte vermitteln können. Dass es ihn dabei aus der Kurve tragen würde, lag irgendwie auf der Hand. Dem berühmten Kind, das im Süßwarenladen über Nacht eingesperrt wird, kann am Morgen auch nur übel sein.

Mit dem Ende der Broadsword Tour hatten sich Jethro Tull wider Erwarten nicht aufgelöst, wohl aber meine Erwartungen. Ich wusste damals nur eines ganz gewiss: Bitte keine Elfen auf Segelschiffen mit Schwertern und Monstern mehr. Es ist nicht verwunderlich, dass die Amis auf die Platte so abgefahren sind: Tull in Disneyland.

Nur zur Klarstellung möchte ich hinzufügen, dass mir Broadsword musikalisch durchaus zusagte. Besonders angenehm überrascht war ich von der etwas anderen Produktion des Herrn Samwell-Smith, der jedem Cat Stevens Fan die Tränen in die Augen bzw. das Wasser ins Höschen… äh ja, ich schweife wieder. Ich glaube fest, dass so manche Jethro Tull Platte davon profitiert hätte, wenn Ian Anderson dem Kontrollraum verwiesen worden wäre. Robin Black hätte vermutlich schon genügt. Um ein kurzes Beispiel für Andersons Produktionsegomanie zu geben: Vergleicht einmal die Stücke auf Stormwatch, in denen John Glascock Bass spielt mit denjenigen, auf denen Anderson den E-Bass zupft.

So komme ich nun endlich zurück zu meiner Eingangsthese von den Great Expectations. Wie oben ausgeführt, hatte ich keine Erwartungen mehr. Für mich konnte es nur neu und besser werden. Walk Into Light kam für mich als ein Lichtblick daher (no pun intended) und ich hatte es irgendwie im Urin, dass ein neues Tull Album ähnlich werden würde. Schon die Vinylausgabe gefiel mir sehr gut (mit Ausnahme des extrem schwachen Lap of Luxury, dass ich ziemlich schnell zu überspringen begann). Die richtig geilen komplexen Reißer wie Astronomy, Tundra, Automotive Engineering und natürlich mein damaliger Favorit General Crossing wurden mir erst mit Veröffentlichung der Kassette ein paar Monate später zugänglich. Saboteur hat einen knackigen Riff und ich hatte damals mit einem Zivildienstkollegen, der in einer Metall Band die Axt schwang, angedacht, eine knallige Metallnummer draus zu machen, mit Double Bass und allem Budenzauber. Wurde leider nie was draus.

Genug salbadert: Deine Frage lautet, ob andere Tull Fans es so sehen wie Du. Die Antwort: mit Sicherheit. Denn Tullfans sind, wie Fans von allen Bands, nun einmal von Natur aus etwas konservativ. Sie lieben Tull (oder ihre jeweilige Lieblingskombo) für das was sie waren und nicht für das was sie werden. In der arrogantesten Phase meiner Jugend hätte ich nun behauptet, dass solche Leute (also Du) gar keine richtigen Fans (koine eschten Fanadigger) sind. Aber das zu behaupten wäre ebenso arrogant wie dumm. Jeder soll sich rauspicken was ihm gefällt. Aber dann bitte nicht mosern, wenn eine Platte wie Under Wraps zum Fremdeln verleitet.

Ich kenne des pfeifenden Katzenfisches Artikel leider nicht, aber wenn er behauptet, dass Under Wraps ein Meisterwerk ist, stimme ich ihm zu und könnte dafür auch gute Argumente auffahren.

Ich halte mich immer sehr damit zurück, über etwas zu urteilen, was mir nicht gefällt. Wenn mir etwas nämlich nicht gefällt, bin ich geneigt, es schlecht zu machen. Wenn aber etwas schlecht ist, dann spielt es keine Rolle mehr, ob es mir gefällt oder nicht. Ich kann es dann mit guten Argumenten kritisieren, ich kann’s aber auch sein lassen, denn das Leben ist zu kurz.

Ich hoffe, das war hilfreich.

Viele Grüße

KH
Thomas G

Beitrag von Thomas G »

Kingh Heath spricht mir weitgehend aus der Seele. Viel müsste man nicht hinzufügen, aber da mich das, was ich sogleich erläutere, keine Arbeit kostet, bin ich so frei.

Irgendwann habe ich mal eine Rezension zu Under Wraps verfasst, ich glaube, um es auf amazon.de zu posten, dann habe ich das aber irgendwie wieder vergessen. Eine Dateisuche auf meinem PC förderte das Elaborat nun wieder zu Tage, und ich muss sagen, ich bin angenehm überrascht, dass ich das nun einige Jahre später noch voll unterschreiben kann. Also:

In den Achtzigern gab es neue Musikinstrumente auf dem Markt, die es vorher nicht gegeben hat, nämlich digitale Synthesizer. Also hat Ian Anderson beschlossen, einmal in aller Gründlichkeit die Verwendbarkeit dieser Gerätschaften für die Rockmusik auszuloten - herausgekommen ist das einzige mir bekannte gelungene Beispiel für Computer-Rock. So etwas hat man vorher nie gehört und danach auch nicht mehr, aber hier kann man es bestaunen: Es ist tatsächlich möglich, tonerzeugende Computer intelligent einzusetzen. (Durchgesetzt hat sich freilich das Gegenteil.) In gewisser Weise setzt dieses Album den digitalen Instrumenten ein Denkmal, wie die Alben von Emerson, Lake & Palmer den analogen Synthesizern und wie John Lord von Deep Purple der Hammond-Orgel Denkmäler gesetzt haben.

Andersons Querflöte ist weniger präsent als sonst, setzt aber, überwiegend rauh-aggressiv gespielt, besonders wirksame klangliche Kontrapunkte. Martin Barres nuancenreiche Energieerzeugung auf der E-Gitarre muss man jedoch über weite Strecken suchen (wohl, weil der Keyboarder Peter Vettese häufig E-Gitarren-ähnliche Sounds verwendet, die dann in den Vordergrund gemixt wurden).

Die übermenschliche, zur Musik passende Komplexität einiger Drumtracks resultiert (leider) nicht daraus, dass Barrie Barlow (der fingerfertigste und einfallsreichste Schlagzeuger, den Tull je verloren haben) in die Band zurückgekehrt wäre, sondern daraus, dass es sich um einen von I. A. programmierten Schlagzeugcomputer handelt. Auch das habe ich nie wieder anderswo gehört: dass so ein Maschinchen eingesetzt wird, um eine Rhythmisierung zu erzeugen, welche die Limitierungen der menschlichen Motorik und des menschlichen Gedächtnisses überwindet, obwohl das doch eigentlich eine naheliegende Idee ist (naheliegend freilich nur in einer Zeit, in der es noch Progressive Rock neben Tull gäbe).

Tull galten erst als Bluesband, dann als Progressive-Rock-Band, dann als Folk-Band, und 1988 bekamen sie (verdient) den ersten je vergebenen Hard Rock / Heavy Metal - Grammy (Metallica heulen heute noch). Anderson ist ein Meister der Komposition und des Arrangements, und deshalb ändert sich bei allen Stilwechseln eines nicht: die musikalische Substanz. Der radikale Stilwechsel bewirkt hier Eruptionen an Spiel- und Experimentierfreude, der Gesang ist exzentrisch und exzessiv - vielleicht ist es kein Zufall, dass es dieses Material war, das während der anschließenden Tournee Andersons Stimmbändern nachhaltigen Schaden zufügte.

Das Album ist singulär, kompromisslos, aber eben nichts für Bornierte und Nostalgiker, die immer wieder die Art von Musik hören wollen, bei der sie sich zufällig das erste Mal mit einem Vertreter des anderen Geschlechts auf dem Teppich gewälzt haben. Leider haben der Aufschrei der Anhänger wie die Häme der Kritiker dazu geführt, dass die Band danach versuchte, die bekannten Qualitäten wieder zu reproduzieren, so dass man stilistisch nur noch in Selbstzitaten kreiste (wenn auch die Wiederannäherung an den ausgereiften, stimmigen Tull-Stil der späten Siebziger Jahre keine Katastrophe war). Wäre dieses verblüffende Experiment etwas gnädiger - nein: gerechter - aufgenommen worden, hätte sich der Computereinsatz sicher auch wieder reduziert, aber man hätte der Band vielleicht nicht die grundsätzliche Experimentierfreude vergällt und wir hätten danach vielleicht doch stilistisch etwas interessantere Tull-Alben haben können.

Meine Lieblingstracks: Der fetzige Spionage-Song "Saboteur" (beware, Metallica), die gruselige Alptraumfantasie "Tundra" (Textprobe: "Snow-shoes that bind me down - I'm just one more parasite of the surface layer.") und der spöttische Seitenhieb auf die Technikbegeisterung (!) "Automotive Engineering" (der vielleicht abgedrehteste und computerlastigste Track, den die meisten Tull-Fans auch am hingebungsvollsten hassen, aber für mich bringt er das Album auf den Punkt).
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woeller
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Re: Album Analyse Under Wraps

Beitrag von woeller »

woeller hat geschrieben:
King Heath hat geschrieben:
woeller hat geschrieben: Es würde mich interessieren, ob das andere Tull Fans auch so sehen!
Tschüß!!
Genau da liegt der Hase im Pfeffer begraben, als Fan muss man auch nicht alles widerspruchslos gut finden um als richtiger Fan zu gelten. Ein Urteil über Musik ist immer subjektiv und wenn man etwas als schlecht empfindet, kann man es sich mit guten Argumenten auch nicht schön kritisieren!
mart
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Beitrag von mart »

Wau, hier im Forum geht´s ja wieder richtig ab!
Aber zurück zum Thema: Under Wraps ist für mich immer noch ein tolles Album. Wenn ich bedenke , was damals für ein schwülstiger Synthie-Mist im Radio zu hören war (würg) und das Tull schon längst als Rock-Opas des Mittelalters abgeschrieben waren, kann ich Ian nur Respekt zollen. Da schüttelte sich dieser Mann mal ganz einfach so ein absolut freches , überraschend modernes Rock-Album aus dem Ärmel und hält diesen ganzen Synthie-Pop Eintagesfliegen hämisch den Spiegel vor´s Gesicht. Das hätte man von anderen erwartet, aber nicht von Tull. Dabei jauchzt und johlt er während der Songs, das es nur so kracht. Nie hat er den (intelligenten) Hofnarren besser gegeben als auf diesem Album. Naürlich: Nicht jeder Song war toll. Und spätestens bei "Crest..." war ich froh, das sie wieder zur alten Form zurückfanden. Als Experiment fand ich "Under Wraps" aber absolut gelungen. Und da Ian ja sowieso auf jedem Album experimentierte, hatte ich auch damals nie die Befürchtung, das es so technisch weitergeht.
Schwer zu sagen, wie es wohl weitergegangen wäre, wenn das Album gut angekommen wäre. Aber das ist ohnehin nur Spekulation.
Jedenfalls war bei den Nachfolgenden zumindest für mein Gefühl auch viel Langeweile dabei, z.B. "Catfish..." und das in den letzten Jahren überhand nehmende Folklore-Gedudel. Da klingt "Under Wraps" geradezu frisch. So kann man das nämlich auch sehen...!
King Heath
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Re: Album Analyse Under Wraps

Beitrag von King Heath »

woeller hat geschrieben: Genau da liegt der Hase im Pfeffer begraben, als Fan muss man auch nicht alles widerspruchslos gut finden um als richtiger Fan zu gelten.


Ganz auf der Linie meiner Intentionen, ganz auf der Linie meiner Intentionen.
woeller hat geschrieben: Ein Urteil über Musik ist immer subjektiv und wenn man etwas als schlecht empfindet, kann man es sich mit guten Argumenten auch nicht schön kritisieren!

Tja, und hier haste ihn wohl kommen gehört, den Widerspruch den ich jetzt anmelde. Musik hat zwar sehr viel mit Emotionen zu tun und wird aus genau diesem Grunde von so manchem Geisteswissenschafter und so manchem Technokraten als gefährlich und damit verdammungswürdig erachtet, aber sie ist nie und nimmer immer subjektiv.

Um im populärmusikalischen Umfeld zu bleiben: subjektiv finde ich die Musik von Michael Jackson echt scheiße. Stehe ich überhaupt nicht drauf. Doch objektiv kann ich und muss ich zugeben, dass die Musik verdammt clever gemacht ist und so gut produziert wurde, wie wir es im Zusammenhang mit Jethro Tull nicht einmal ansatzweise zu hören bekommen haben.

Niemand macht Dir einen Vorwurf, wenn Du sagst, dass Du Under Wraps nicht magst.

Du riskierst aber berechtigten Widerspruch, wenn Du behauptest Under Wraps sei eine schlechte Jethro Tull Platte, nur weil Du sie nicht magst.

KH
Wotan
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Diskussion Under WRaps

Beitrag von Wotan »

hallo Kingsize,

jeder der in ein Studio geht um ein Album zu produzieren, denkt auch ans Geschäft..
Zu Zeiten von Under Wraps war eben dieses ganze Synthie - Gedudel angesagt. Die Alben von IA waren immer ein Abgesang auf Gott und die Welt. Er hat diese Art von Unterhaltungsmucke zu seinem Geschäft gemacht. Handwerklich war das besagte Album gut. Musikalisch - inhaltlich fand ichs weniger gut.
Nur bei allem Gerede, sicher würde IA liebend gern mal wieder ein Hit schreiben. Das ist aber nicht drin. Weder mit alten noch mit neuen Arrangements..
Um ganz oben in der ersten Liga mitzuspielen, bedarf es zuallererst bestimtmer Melodielinien.
Ich hatte bei einigen Alben den Eindruck, dass das Arragement im Vordergrund stand und die Melodie drumherum zusammen geschustert wurde...
Jazzer haben das auch ganz oft so gemacht... Je komplexer das Arragement, umso weniger waren Linien zu erkennen..
Vielleicht scheitert er momentan an seinem eigenen künstlerischem Anspruch.

Wotan
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woeller
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Re: Album Analyse Under Wraps

Beitrag von woeller »

Niemand macht Dir einen Vorwurf, wenn Du sagst, dass Du Under Wraps nicht magst.

Du riskierst aber berechtigten Widerspruch, wenn Du behauptest Under Wraps sei eine schlechte Jethro Tull Platte, nur weil Du sie nicht magst.

KH[/quote]
Kann es sein das King Heath im richtigen Leben ein Musiker oder Musiklehrer ist? Natürlich ist zum Beispiel die Musik von Michael Jackson clever gemacht und gut produziert, da könnte man noch dutzende Beispiele von anderen Künstlern anführen.
Aber darum geht es mir nicht.
Also, ich mag " Under Wraps" nicht, im Vergleich zu vielen anderen LP's anderer Bands ist es trotzdem eine gute Platte, aber im Gesamtkatalog von Jethro Tull bleibt sie immer auf einem Abstiegsplatz!
King Heath
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Re: Album Analyse Under Wraps

Beitrag von King Heath »

woeller hat geschrieben: Kann es sein das King Heath im richtigen Leben ein Musiker oder Musiklehrer ist?
Ja, ja, im Zeichen der Pisastudie wird gleich jeder mitdenkende Mensch verdächtigt, Lehrer zu sein, nur weil er seine Gedanken in etwas längere Sätze zu kleiden imstande ist. Autsch.

Ich bin aber kein Lehrer, auch wenn ich gerne Rotwein trinke. Und Musiker bin auch nicht. Jedenfalls nicht wirklich und schon gar nicht im richtigen Leben. Oder jedenfalls nur ein bisschen. Und auch nur wenn ich Zeit dazu habe, also praktisch fast nie. Aber eigentlich kann ich ganz gut Gitarre spielen. Sogar sehr gut, wenn ich mir’s so recht überlege. Jedenfalls im Vergleich zu anderen. Wie auch sonst, oder? Und singen kann ich auch. Gar nicht mal schlecht sogar. Dabei war mein Vater immer der Tenor in der Familie. Aber ich habe auch mehr einen Bariton, weswegen mein Thick As A Brick Edit #1 auch etwas anders klingt und Doctor Bogenbroom interpretiere ich ja nun gaaaaanz anders als Jethro Tull.
woeller hat geschrieben: Natürlich ist zum Beispiel die Musik von Michael Jackson clever gemacht und gut produziert, da könnte man noch dutzende Beispiele von anderen Künstlern anführen.
Aber darum geht es mir nicht.
Habe ich schon verstanden. Mir auch nicht. Ich habe Michael Jackson als ein Beispiel für einen möglichst objektiven Umgang mit Kunst genannt.
woeller hat geschrieben: Also, ich mag " Under Wraps" nicht, im Vergleich zu vielen anderen LP's anderer Bands ist es trotzdem eine gute Platte, aber im Gesamtkatalog von Jethro Tull bleibt sie immer auf einem Abstiegsplatz!
Und dieser Satz relativiert nun so dermaßen die Wiederholung all dessen was klar zu stellen mir offensichtlich nicht vergönnt gewesen zu sein scheint.

KH
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Moth
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Frage an King Ralph

Beitrag von Moth »

Um im populärmusikalischen Umfeld zu bleiben: subjektiv finde ich die Musik von Michael Jackson echt scheiße. Stehe ich überhaupt nicht drauf. Doch objektiv kann ich und muss ich zugeben, dass die Musik verdammt clever gemacht ist und so gut produziert wurde, wie wir es im Zusammenhang mit Jethro Tull nicht einmal ansatzweise zu hören bekommen haben.

Was ist denn an der Musik vom I Love You Michael clever? Und was gut produziert?

Meine Meinung nach ist z.b. Minstrel in .. sehr gut produziert. Wie siehst du es King? Würde mich schon interessieren. Clever ist die Mucke von Michi wohl wegen der leichten Tanzbarkeit oder?
Moth
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Frage an Mart

Beitrag von Moth »

Was nervt denn so am Folkloregeduddel ? Welche Lieder meinst Du denn ? Wieso ist denn Under Wraps erfrischend ? Für mich ist sie nur nervend und hektisch. Wo sind da die tollen Arragements? Ich höre sie nicht. vielleicht kann mir mal einer von Euch auf die Sprünge helfen, wäre sehr dankbar darüber.
Für mich stand und steht Tull immer für Waldschratrock. Irgendwie skurill. Und gerade die Lieder die ziemlich straihgt sind von Tull, naja das sind doch gerade die langweiligen. Deswegen fordere ich noch mehr Folkloregeduddel, mit der Fiddel der netten jungen Frau oder warum nicht mal ein komplettes Bluesalbum von den Tullern.
King Heath
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Re: Frage an King Ralph

Beitrag von King Heath »

Moth hat geschrieben:
Was ist denn an der Musik vom I Love You Michael clever? Und was gut produziert?
Ich weiß ja nicht einmal, wie seine Platten heißen, aber musste mir bei einem Kumpel das Zeug immer mal wieder anhören. Es ist unheimlich druckvoll, gleichzeitig transparent und filigran. Mit der entsprechenden Anlage hörste Michaels Nase abfallen.
Moth hat geschrieben:
Meine Meinung nach ist z.b. Minstrel in .. sehr gut produziert. Wie siehst du es King? Würde mich schon interessieren.
Tja. Also meine erste CD rauschte wie Teufel und hatte so’n ganz fiesen Piepton, aber das hatte was mit dem Mastering und nicht der Produktion zu tun. Auf Vinyl klang’s immer klasse. Da es sich aber nun einmal um eine meiner Lieblingsplatten handelt, bin ich voreingenommen und traue mir nicht wirklich zu, über die Produktion von Minstrel den Stab zu brechen.
Moth hat geschrieben:
Clever ist die Mucke von Michi wohl wegen der leichten Tanzbarkeit oder?
Nö. Eigentlich nicht.

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Ulla
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Beitrag von Ulla »

Zunächst mal sei gesagt, dass mich die Lektüre eurer Beiträge dazu bringt, heute noch mal die "Under Wraps" zu hören, was ich bestimmt seit 12 Jahren nicht mehr getan habe.

Nun aber zu anno dazumal:

Wenn ein neues Tull Album rauskommt - nee: rauskam - höre ich es mir im stillen Kämmerlein mindestens 15 mal an, bevor ich für mich selbst entscheide, ob ich es mag oder nicht.
Bei "Under Wraps" fiel es mir damals sehr schwer, diese offene Grundhaltung beizubehalten.
Ich mochte das Album vom ersten Hören an nicht!

Und ich hätte auch die Tour boykottiert, wenn ich nicht die Eintrittskarte für Kölle zum Geburtstag geschenkt bekommen hätte.

Auf dem Weg nach Köln unterhielt ich mich mit dem Geschenkgeber, der damals noch sehr aktiver Fan war (lang, lang ist´s her) und der das Album auch nicht mochte. Sein Kommentar vorm Gig: "Um mit der Platte beim Publikum anzukommen, muss Ian schon eine nackte Frau auf die Bühne holen." Ich als alte Emanze sagte natürlich: "Wenn das passiert, bin ich weg und schmeiße alle meine Tull-Platten auf den Müll!"

Als es dann passierte und das nackische Weib über die Bühne rannte, sprang ich schimpfend auf und rannte aus der Halle. Mein damaliger Freund fing mich vorm Hallenausgang ab und versuchte mich zu beruhigen.
Wir tranken erst mal ein Kölsch und in der Zeit kamen immer mehr Leute aus der Halle raus und fluchten. Bemerkenswerte Schimpfwörter konnte man da lernen.
Dann hörten wir die Anfangstöne von "Thick as a Brick" und ich entschied mich, der Band doch noch eine Chance zu geben, bevor ich soviel Geld (Plattensammlung) auf den Müll werfe.
Der Rest ist Geschichte. Ich hab die Platten heute noch :wink:
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Warchild
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Beitrag von Warchild »

Zuletzt geändert von Warchild am Mi Aug 27, 2008 2:18 pm, insgesamt 1-mal geändert.
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