GERMANY 2009

Hier kommen alle JT Konzertberichte, Stories, etc. rein / JT concert reviews, stories, etc.

Moderator: King Heath

Whistling Catfish
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Beitrag von Whistling Catfish »

So Kinder,

dann will ich in dieser Rubrik auch mal wieder ein paar Zeilen verballern!

Ich war bei allen drei Gigs und muss sagen, daß ich vor Stolz auf meine Lieblingsband fast platzen könnte! Zunächst einmal freue ich mich sehr, daß es die JT - Produktion - mit den teilweise wirklich ergreifenden Backdropprojektionen - die wir schon im vergangenen Frühjahr im UK geniessen konnten es auch endlich nach Deutschland geschafft hat! Neben den Projektionen gab es ordentliches (aber maß- und sehr geschmackvolles) Licht - bedient von Babyface Mike Straun!

JT waren mit einer geliehenen, aber wirklich fantastischen PA unterwegs, die einen wunderbar lauten aber unaufdringlichen und transparenten Sound unter das Volk knallte! Wunderbar!

Zur Performance und den Umständen:

Wie ja hier schon im Vorfeld diskutiert, hatte sich Ian kurz vor der Abreise nach Minsk den Ringfinger der linken Hand gebrochen! Jeder andere hätte wahrscheinlich abgesagt - aber natürlich nicht Ian! Vollprofi und echter Partner seiner Promoter zieht er so eine Kurztour eben durch! Auch mit Schmerzen! Und die hatte er - aber anmerken ließ er sich das nicht! Noch in Wetzlar griff er in die Saiten seiner akustischen - auch wenn es manchmal schwerfiel und der eine oder andere Griff auch mal daneben ging. Gemerkt haben es im Publikum die wenigsten.

War Ian's Gesang in Wetzlar anfänglich eher schlecht, schien nach den ersten vier Songs (im Grunde mit FOTW) ein Hebel umgelegt und JT feuerte auf allen Zylindern! Und da für mich mittlerweile das jeweils erste Konzert eines neuen Jahres in Anbetracht des doch recht stattlichen Alters unserer Helden immer eine Art Indikator ist - war ich zunächst beruhigt, denn das in Wetzlar gebotene unterhielt mich und die anderen 2.499 Anwesenden ganz hervorragend - trotz der widrigen Umstände mit dem gebrochenen Finger!

In Koblenz dann zunächst die Schreckensnachricht, daß Ian es schlicht nicht mehr aushält mit diesem schlimmen Finger Gitarre zu spielen! Ich hatte wirklich schlimme Befürchtungen, daß dieser Gig in die Hose gehen könnte - doch wie hatte ich mich getäuscht! Schon mit dem Opener "Cross Eyed Mary" wurde uns allen klar, das ein gebrochener Finger diese Macht nicht aufhalten kann! Im Gegenteil! In Koblenz krachte es ganz wunderbar und Ian sang und flötete wie einst im Mai und die Band knallte kultiviert - so wie es eben nur JT tut! Die Abstinenz der akustischen Gitarre brachte manch' neue Koloration in alte Gassenhauer wie z. B. Aqualung, My God oder TAAB - und Koblenz sah wahrscheinlcih die schönste Liveversion von Heavy Horses seit 1981. Fantastischer Sound - tolle Performance. U. a. oder vielleicht besser vor allem vom hier sooft zu unrecht gescholtenen John O'Hara! Tapferer Mann - eindrucksvoll wie er die ak. Gitarrenparts von TAAB so schnell, so schön für das Piano arrangiert hat!

Und in Wuppertal? Ebenfalls wunderbar! Während andere Bands unter diesen Umständen ihr Set verkürzen würden, legten JT mit Song For Jeffrey im Vergleich zum Vorabend noch einen drauf! Alles weitere und noch viel mehr dann wie immer in den BFN!

Zuschauerdurchschnitt bei allen drei Gigs: 2.500 - nicht schlecht für eine Band, die in einem sogenannten Fanforum seit Jahren kommerziell für tot erklärt wird, oder?

Feuer frei!

J.
I wish I was a Catfish, swimmin' in the deep blue sea....
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strange avenue
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Beitrag von strange avenue »

Whistling Catfish hat geschrieben:2.500 - nicht schlecht für eine Band, die in einem sogenannten Fanforum seit Jahren kommerziell für tot erklärt wird, oder?
kreativ! kreativ! kreativ! Det hasste verwechselt, weil's auch mit k anfängt..
Whistling Catfish hat geschrieben:Koblenz sah wahrscheinlcih die schönste Liveversion von Heavy Horses seit 1981.
Na, na! Hold your horses! :wink:

Weiter viel Spass mit den backdropsen!
str.avenü
King Heath
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Beitrag von King Heath »

Nachdem die Tour nun fast erledigt ist, jedenfalls in Dschörmänni, scheint es auch zu spät zu sein, sie noch umzubennen. Tue ich trotzdem. Offiziell heißt sie ja wohl, nicht ganz zu unrecht, die "Go on...And on...And on"-Tour, was mir aber nicht wirklich gefällt - selbst wenn es passt. Nach dem gestrigen Abend im plattenbewehrten Magdeburg heißt sie für mich die

"40-Years of Stand Up"-Tour.

Es fehlte gerade mal Look Into The Sun, um die volle Ell Peh (Zeh Deh zehlt nich wegen Boni) voll zu machen.

Seit 1969 wurde zum ersten Mal wieder Ian Anderson's schlechtester Song (Eigenaussage) gegeben: Back To The Family. Ich kann mich mit dem Mann einfach nicht anfreunden. Das Stück gehörte schon immer zu meinen Favoriten. Hier muss ich nun leider auch gleich wieder die gefürchtete Kritiksense rausholen: wenn es denn bei Thick As A Brick klappt, nach dem akustischen Teil den rockigen mit kräftiger Dynamik (Batsch Batsch) einzuläuten, warum ist dann der dynamisch dominierende Teil bei Back To The Family so lahmarschig? Kann mir das einer der gestern Anwesenden erklären? Schwamm drüber. Wieder mal eine berechtigte Kritik, die von den falschen Leuten gelesen wird.

Jeffrey Goes To Leicester Square kam in neuem Gewande fast wie ein neues Lied daher, aber auch nur fast. Herrlich. Neue Fassung passt. Hätte ich gerne.

Ebenso wie We Used To Know als quasi Leonard Cohen Geflüster. Schon vor Jahren - nämlich zu Roots To Branches Zeiten - habe ich angemerkt, dass es mir sehr passen würde, wenn Herr A. im neu dylanesken Stil einfach mal alles an seine stimmlichen Fähigkeiten anpassen und komplett neue Versionen schaffen würde. Als ich Dylan Anfang des Jahrtausends nach langer Auszeit wieder live sah, beeindruckte mich vor allem die komplett neue und andere Fassung von Blowin' In The Wind (was übrigens die Irish Times nach dem letzten Konzert von His Bobness in Dublin im Mai dieses Jahres zu harscher Kritik trieb: "Was soll denn das, wenn die Leute erst nach zwei Minuten das Lied erkennen?" Spießer!). Mir wäre also der eine oder andere Tull Song in neuem, dylanschem oder cohenschem Duktus (es muss ja nicht Didi Hallervorden sein) durchaus recht. Ich bin nämlich, entgegen aller anderer existierenden Meinungen über meine Person, kein Konservativer im Sinne des tullschen Kanons und für neue, auch neue alte, Sachen immer sehr aufgeschlossen.

Was uns fast naht- und absatzlos zur neuen Fassung von olle Henrys "Past Time With Good Company" (nich In, Herr A.) bringt. Gefühlte dreimal so lang wie die originäre Tullfassung hatte ich hier viel Spass. Die beiden Schnattertanten, die hinter dem Rücken ihrer vor ihnen stehenden Gatten eine kleine Schnatter-Convention abhielten, fanden das Stück auch ganz entzückend und "irgendwie mittelalterlich". Ich fand es eher irgendwie renaissanceartig, aber war ebenfalls entzückt. Kritikpunkt: es passt noch nicht ganz zusammen. Zwischen den einzelnen Teilen fehlte die Bindung ein bisschen, was sich aber sicherlich im Laufe der kommenden Jahre, so das Stück denn auf dem Menü bleibt, sicherlich geben wird.

Insgesamt also ein schöner Abend in einer mit wilhelminischen Ziegeln verkleisterten mittelalterlichen Feste.

Die gesamte Setlist gibt's sicherlich demnächst an gewohntem Ort, also zermartere ich mir jetzt nicht den Schädel.

Tudelu

KH VIII.

P.S.: Wurde gerade darauf hingewiesen: Reasons For Waiting wurde auch nicht gegeben. My sincerest apologies.

KH VII1/2
CaptainFalcon
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Beitrag von CaptainFalcon »

Interessant, wenn auch nicht so außergewöhnlich, werden doch die meisten Songs des Albums eh recht regelmäßig gespielt. Gespannt bin ich allerdings wirklich auf Back to the Family.
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Carsten
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Beitrag von Carsten »

Ja, sehr schön, Henry Heath (nich Vahl),

Recht hatter. War schön, nette Songauswahl, teilweise echt schön geknarzrockt (Nothing Is Easy, Brick, Aqualung, Loco). Auch die Vollversion und nicht die Trialversion früherer Jahre der schweren Pferde wusste wieder zu überzeugen, wenn auch hier die dynamischen Abstufungen, wie bereits vom König in Bezug auf "Back To The Family" erwähnt, schroffer ausfallen dürften.
Gerade die Dynamikwechsel haben Live-Tull früher ausgemacht und das Lautstärke-Niveau der einzelnen Passagen hat sich im letzten Jahrzehnt immer mehr angeglichen, fast wie bei ner modernen Popppproduktion, wo alle Dynamik ausgelimited wird. Deshalb war ich vom Brick diesmal recht angetan, was mir schon lange nicht mehr passiert ist.

Nothing Is Easy als Opener gefällt mir viel besser als My Sunday Feeling oder LITP. A New Day wurde quasi im Stand Up Original Arrangement gegeben. Is ja nett und mal wieder was altes neues, aber die Version vergangener Jahre hat doch mehr geknackt und war abwechslungsreicher.

Beggar's Farm wird auch immer wieder gern gehört und Jeffrey aufm Läster Skwär war wirklich allerliebst. Zu Back To The Family hat der König treffend geschrieben.

Fat Man hatte ein sehr nettes Percussion Duell zwischen Doane und John (John hat gewonnen!).

Farm On The Freeway bräzte fast wie früher und Dharma ging durch Dharm, Mark und Bein (nicht durch Prostata, da diesmal das Claghorn durch Flöte ersetzt wurde).

Martin hatte auch sichtlich Spaß und spielte ganz fein und würzig.

Sound war prima, hätte ne Spur lauter sein können.

Alles in allem ein vergnüglicher, gemütlicher Abend bei Sonnenschein. Fein.

10cars

Songs, ausm alten Kopp repetiert, deshalb keine Garantie für die richtige Reihenfolge, Songs selbst stimmen aber. Korrekturen willkommen!

Nothing Is Easy
A New Day Yesterday
Beggar's Farm
Serenade To A Cuckoo
Jeffrey Goes To Leicester Square
Back To The Family
We Used To Know
For A Thousand Mothers
Bourée
Fat Man
Heavy Horses
King Henry's Madrigal
Farm On The Freeway
Dharma For One
Thick As A Brick
Aqualung
Locomotive Breath
MENS RIDO ET REPUGNUM IN MAX QUAD
Moth
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Verlockend

Beitrag von Moth »

Also die doch hier sehr positiv gestimmten Konzertbeurteilungen könnten mich ja vll doch noch zu dem Besuch Ende Juni in der Hansestadt Bremen bewegen. Hatte mir ja eigentlich geschworen keine Konzerte von Tull zu besuchen. Aber, wenn es so ist wie Ihr beschreiben habt, ja, dann hoffe ich noch eine Karte ergattern zu können. Ist bestimmt nicht ausverkauft.
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Nightcap
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Beitrag von Nightcap »

King Heath hat geschrieben:"40-Years of Stand Up"-Tour
Nette Idee.
Jedes Jahr eine neue Jubiläumstour.
Und 2039 kriegen wir dann die "40-Years of J-Tull dot com"-Tour?
:roll: :roll: :roll:

P.S. Trotzdem danke für die Infos! Auch "Jeffrey goes..." wäre (für mich) mal wieder eine neue Live-Erfahrung...
Life's a long song
But the tune ends too soon for us all
Dragonfly
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Beitrag von Dragonfly »

@den König:
Vielen Dank für Deinen Beitrag, wie immer herzerfrischend zu lesen ! Du solltest ein Buch schreiben, Deine Beiträge sind wirklich einmalig.

Ansonsten bin ich gespannt auf das, was da kommen wird. Habe für zwei Konzerte im August Karten und dann werden wir sehen...

Viel Spaß an alle, die sie dieser Tage sehen,
D.
You'll find me everywhere - I'm a Rover
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Ulla
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Beitrag von Ulla »

Nach den Berichten freue ich mich auf Kölle. Wer wird noch dort sein?
Meet On The Ledge
Harry
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Beitrag von Harry »

schöner Beitrag vom König und auch von Carsten. Ich fand es schön Euch in Magdeburg zu treffen.

Hallo Ulla,
ich werde auch nach Köln kommen, auch wenn ich es komisch finde, dort auf Stühlen zu sitzen.

LG
strathsail.de
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Beitrag von strathsail.de »

Setliste aus Hameln:

Nothing Is Easy
A New Day Yesterday
Beggar's Farm
Serenade To A Cuckoo
Jeffrey Goes To Leicester Square
Back To The Family
We Used To Know
For A Thousand Mothers
Bourée
Fat Man
Heavy Horses
King Henry's Madrigal
Farm On The Freeway
Dharma For One
Thick As A Brick
Aqualung
Locomotive Breath

exakt wie Carsten gelistet....

war mir persönl. zu "stand up"-lastig....und "Reasons for waiting" fehlte dazu auch noch... :(

Michael V. meinte nachher, dass I.A. n' Hexenschuß hatte...davon hab' ich nix gemerkt...
...nur erstmalig gesehen, dass der Meister auch schon n' kl. Bäuchsen hat... :mrgreen:

schreib' später etwas mehr....brauch' erst mal n' dunkles Bier...

man sieht sich in OS

Gerd
Manxman
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Wohnort: Bremen

Konzert am 28.06.09 in Bremen

Beitrag von Manxman »

Leider relativ wenig Beiträge in diesem Thread, obwohl unsere Band gerade durch das Land tourt, findet man kaum aktuelle Konzertberichte von den einzelnen Stationen. Und dabei hätte ich so gerne gelesen, ob noch jemand in Bremen dabei war. So schildere ich also mal kurz meine persönlichen Eindrücke vom Bremer Konzert. Das liegt zwar schon wieder ein paar Tage zurück, aber die Eindrücke sind noch recht frisch.

Alles beginnt am Sonntag Nachmittag auf meinem Balkon, bei herrlichem Sonnenschein, mit einem kühlen Bier und auf dem iPod eine erlesene Mischung von Songs meiner Lieblingsband. Die perfekte Einstimmung also auf einen Abend, auf den ich mich schon seit Monaten freue. Das letzte Konzert im Schlosshof Klaffenbach (Chemnitz) liegt immerhin schon glatte 2 Jahre zurück. Die Vorfreude ist heute irgendwie größer als noch bei den letzten Konzerten. Keine Ahnung woran es liegen mag, wahrscheinlich am wunderbaren Wetter. Bester Laune schwinge ich mich um 18:00 Uhr auf mein Fahrrad und radel Richtung Pier 2, in dem heute Abend Tull spielen werden. Sozusagen auf meiner Nachbarschaft, nur 10 Fahrradminuten entfernt. Nicht das erste Tull-Konzert in Bremen, jedoch das erste Mal mit dem Fahrrad. Das Pier 2, ein ehemaliger Hafenschuppen direkt an der Weser gelegen, vor vielen Jahren mal zu einer schmucken Konzerthalle umfunktioniert. Nun biege ich also ein, bin fast schon vor der Halle, meinen Abstellplatz für mein Fahrrad direkt am Kai, fest im Visier. Dann bemerke ich eine Festzeltgarnitur direkt an der Halle, unweit vom Haupteingang entfernt. Auf gleicher Höhe erkenne ich Martin Barre und David Goodier. Reflexartig hebe ich im Vorbeifahren die linke Hand und Grüße mit kurzem „Hi“. Martin erwidert lächelnd den Gruß. Das fängt ja gut an, denke ich mir und schliesse mein Fahrrad an das Geländer. Aus ca. 25 Metern Entfernung in der Sonne stehend, beobachte ich die Szenerie. Erst jetzt bemerke ich, dass dort die komplette Band inklusive Anderson sich vor der Halle aufhalten, sich angeregt miteinander unterhalten, etwas essen und offensichtlich die Bremer Sonne genießen. Mittendrin auch eine junge Dame, die sich für mich erst im Laufe des Abends als eine gewisse Saori Jo entpuppt. Und vorbei laufen die neu ankommenden Fans, die wohl genau so überrascht sind wie ich. Bis auf einen zarten Versuch der Kontaktaufnahme, kann ich niemanden sehen, der die Jungs zu stören wagt. Obwohl doch vollkommen öffentlich, wird keiner behelligt. Zu großer Respekt und Anstand denke ich mir. Um viertel vor sieben verschwinden alle im Bühneneingang. Zeit mich in die Warteschlange einzureihen. Punkt sieben öffnen sich die Pforten. Es geht zügig voran und mein erster Weg führt zunächst an die Theke, um ein frisch gezapftes Beck’s zu ergattern. Ich stelle mich dann direkt an die Bande und stehe damit ziemlich mittig in der Halle – akustisch und optisch die Pole Position – wie sich später herausstellt. Vor der Bande die Sitzplätze, ca. 12 Reihen. Hätte ich auch kaufen können, war ja schließlich früh genug dabei. Habe dankbar auf die Stehplatzkarten zurückgegriffen. Sitzen im Tull-Konzert, nein danke. Musste ich im Laufe meiner 29 Jahre 2 mal zwangsweise, weil die Konzerte komplett bestuhlt waren. Somit habe ich, obwohl mal nicht in der ersten Reihe stehend, dennoch absolut freien Blick auf die Bühne. Eines ist von vornherein sicher – dies wird bis Locomotive Breath auch so bleiben. Und genauso so kam es. Die Halle füllt sich recht gut. Ich hatte im Vorfeld leichte Bedenken. Habe im Gegensatz zu früheren Touren nicht ein einziges Plakat in der ganzen Stadt entdecken können. Immerhin waren dann doch noch 2 recht große Artikel in den Bremer Zeitungen in der Woche vor dem Konzert zu finden. Die Halle ist dann doch fast ausverkauft, wie es mir scheint. Wie immer nette Stehplatznachbarn mit denen sich die Zeit bis zum Start bestens mit Fachsimpeln überbrücken lässt. Ein Vater, der sich als Fan der ersten Stunde outet, der mit seiner Tochter aus dem Emsland angereist ist. Seine Tochter erzählt mir, dass sie ein riesiger Fan durch den Vater geworden ist und dass sie ihren ersten Sohn um ein Haar Ian getauft hätte – hat sich dann noch umentschieden – nun heißt der Kleine Liam. Dann hätte er ja eigentlich auch Ian heißen können, denke ich mir so.

Punkt Acht erscheint Ian Anderson höchst persönlich auf der Bühne, um Saori Jo anzukündigen, bittet das Publikum um einen netten Empfang und Unterstützung. Kurze herzliche Umarmung noch und dann geht es auch schon los. Stimme und Songs beeindrucken mich sofort. Bei allen Songs begleitet sich die Sängerin selbst am Piano, dann gibt es Verstärkung mit einer akustischen Gitarre. Und bei einem Song wird Saori Jo von Anderson, Perry und Goodier begleitet. Eine insgesamt sehr überzeugende Leistung. Hat mich in kleinen Passagen an Kate Bush erinnert. Die Resonanz ist ebenfalls beeindruckend. Ich weiß gar nicht, wann ein Vorprogramm soviel Applaus eingestrichen hat. Ob es wirklich an Ian’s Worten gelegen hat? Nein, sie war wirklich sehr gut.
Nur eine kurze Umbauphase. Dann folgt bereits der Auftakt mit Nothing is easy. Es folgen diverse Songs vom Stand Up Album. Die Setlist entspricht exakt der hier bereits mehrfach geposteten Liste. Für mich ein persönliches Highlight waren Farm on the freeway und das unverwüstlich TAAB. Positiv überrascht war ich von Past time. Das kam sehr gut rüber. Zwischendurch, wie bereits seit einigen Jahren muß Doane die Wurfgeschosse (Schraubverschlüsse von Volvicflaschen) von Ian mit Humor ertragen. Und jetzt, da die Duschhaube mittlerweile komplett verschwunden ist (seit wann eigentlich?) hat Ian leichtes Spiel, was ihm anscheinend viel Freude bereitet. All das tut aber seinem nach wie vor brilliantem Flötenspiel keinen Abbruch. Insgesamt machen Tull auf mich einen frischen und spielfreudigen Eindruck. Zum Schluss folgt dann Loco. Es ist soweit, die Reihen vor mir hält es nicht mehr auf den Stühlen. Erstaunlich wie der Titel immer noch zündet. Noch einmal hallt es lautstark „slowdown“ aus den Boxen und aus den Kehlen. Viel Applaus. Dann ist Ende. Die Lichter gehen an und „Wonderful World“ wabert aus den Boxen. Ich sehe viele zufriedene Gesichter um mich herum. Es hat Spaß gemacht. Leider gibt es am Ende seit einiger Zeit keine Ballons mehr – sehr schade. Das war doch eine nette Tradition und ein klasse Abschluss eines jeden Konzerts. Manchmal war noch ein Ballon in der Halle unterwegs, wenn schon längst die Lichter an waren.
Ein perfekter Sonntag geht zu Ende. Noch ein wenig an der Weser verweilen, runterkommen. Dann die Ohrstöpsel rein und zufrieden heimwärts.
Jack Green
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Beitrag von Jack Green »

Danke für den Bericht. Hat Spaß gemacht zu lesen.
Kwyjibo
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Beitrag von Kwyjibo »

Jack Green hat geschrieben:Danke für den Bericht. Hat Spaß gemacht zu lesen.
Dito.


Bin übrigens auch dafür, dass Tull Konzerte lieber nicht bestuhlt sein sollten, dann kommt wenigstens etwas Bewegung in den Altenverein :wink:
Salamander
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Beitrag von Salamander »

...danke für den Bericht, in Hameln hatte ich eine gute Bestätigung erhalten, was Saori angeht, eine sehr gute und vor allem eine wertvolle Bereicherung eines vortrefflichem Ian...der mit seinen "Mannen" sie begleitete....der Rest des Abends war einfach wuntallmäßig....gerade die Zugabe von "Loko"...mit der Improvisation war vortrefflich....seit den 68ern immer noch Fan zu sein bedeutet für mich, eine gute Wahl mit Tull getroffen zu haben....

Kritik:
sehr "Benefit-Lastig" na klar, mein Fall...aber ich vermisste "Budapest" und "America" und eine klare Ansage an ein, vielleicht, neues Album von Ian...aber .alles in allem eine klasse für sich...lassen wir uns in Köln überraschen....

so long,

Hardy
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