Heute Abend wollte ich es noch mal wissen und habe den Hamburger Stadtpark aufgesucht, um einem Konzert der englischen Rentnerband The Who beizuwohnen. Der geneigte Leser ahnt es, ich wurde enttäuscht.
Hatte ich doch einige ältere Herren erwartet, die nach 43 Years Of Maximum R & B diesen nun auf ein erträgliches Maß von, sagen wir, Medium oder vielleicht besser Minimum R & B herunter geschraubt haben, kamen die Herren Daltrey (63) und Townshend (62) auf die Bühne und begannen ihren Set nicht, wie erwartet, mit einer beschaulichen Rückschau einiger akustischer Feuerzeug hoch Songs, sondern schockten das ergraute Publikum mit einer “gerockten“ Version von I Can’t Explain. Ich war entsetzt und griff sofort zu meinem Hörgerät, um es auf eine erträgliche Lautstärke hinunter zu regeln, musste dann aber bemerken, dass ich meine Hörhilfe zu Hause vergessen hatte (was man nicht im Kopf hat – da fällt mir ein, muss mein Lecithin nehmen).
Ich versuchte selbstverständlich sofort, Blickkontakt zu den anwesenden Sanitätern aufzunehmen, denn es war für mich ganz klar, dass keiner der Musiker diese Dynamik lange würde durchhalten können und ich vermutete, dass sie medikamentös falsch eingestellt worden waren. Doch keiner der anwesenden Sanitäter schien sich für mich zu interessieren. Ich bereitete mich innerlich auf das Schlimmste vor. Herr Daltrey begann bereits, wie ein Berserker zu brüllen, was ich für einen sich ankündigenden Herzinfarkt halten musste, doch auch sein Kollege Townshend befand sich offensichtlich in Schwierigkeiten, führte doch letzterer wahre Feitstänze auf, die ihn wild auf seine Gitarre einschlagen ließen – offensichtlich ein Hilferuf an die Technik nach einer extra großen Valium, der jedoch ignoriert wurde – und so mussten sich beide Herren (zusammen 125) ihrem schrecklichen Schicksal ergeben. Erst nach einigen weiteren “Rock“ Nummern hatte das eben erwähnte Schicksal erbarmen mit den Herren und es wurde etwas ruhiger. Seltsamerweise brachen sie nicht zusammen sondern es begann ein weiteres Lied, das von Rabbit Bundrick eingeleitet wurde, den ich nicht auf der Bühne erwartet hatte. Vielmehr war ich davon ausgegangen, dass Rabbit von einem Stuntman gedoubelt werden würde, während er selbst aus der komfortablen Ruhe seines Pflegeheims in St. Yves die entsprechenden Knöpfe auf seinem Sequenzer betätigt (unter der mildtätigen aber tatkräftigen Mithilfe von Sister Agnes, die auch dreimal täglich die Einläufe… aber lassen wird das). Er war es tatsächlich selbst.
Es begann, was viele für Baba O’Riley hielten, von dem ich aber im Brustton des stets besser Wissenden sagen konnte, dass es sich um ein Stück von der neuen Langspielplatte der Who handelte. Offensichtlich waren Besserwisser hier nicht gut gelitten. Nachdem ich mir mit einigen Tempotüchern das Bier aus Gesicht und Haaren gewischt hatte, versuchte ich wieder, mich auf das grauenvolle Geschehen auf der Bühne zu konzentrieren und da ich mir mittels Stockeinsatz und hochhalten meiner Blindenbinde ein Platz in der ersten Reihe hatte sichern können, gelang mir dies auch ganz gut.
Ich möchte hier niemanden langweilen und so sei nur bemerkt, dass das Konzert nach fast 2 ½ Stunden ohne größere Zwischenfälle zu Ende ging. Erwähnenswert wäre vielleicht noch, dass Won’t Get Fooled Again unfair lang war, so dass sich irgendwann der gute Herr Daltrey (nicht eben ein Riese in Statur) genötigt sah, seinem Unmut Ausdruck zu verleihen, in dem er einen fast unmenschlichen Schrei an seine Kollegen richtete, was diese aber nur dazu veranlasste, sowohl Tempo als auch Lautstärke deutlich zu steigern. Entsetzlich.
Als alles schon vorbei schien und der Arbeiter Samariter Bund sein gutes Werk verrichtete, indem er den größten Teil des Publikums, aber auch der Aktiven auf der Bühne, zu ihren Bussen bringen wollte, rissen sich die Herren Daltrey und Townshend von ihren Pflegern los (es waren wohl noch immer nicht die richtigen Medikamente gereicht worden) und begannen, wohl in senilem Wahn, ihre große Vergangenheit zu bemühen und quälten das verbliebene Publikum mit einer Art Heavy Metal Version der Tommy Ouvertüre. Viele hatten gehofft, dass das Thema Tommy nach dem obligatorischen Abspielen der Spielhöllen Hymne Pinball Wizard abgehakt gewesen wäre, aber weit gefehlt. Die Geriatriker kannten kein Erbarmen und ließen nun auch noch Amazing Journey und We’re Not Gonna Take It mit einer Dynamik über die Bühne fegen, die vermutlich nicht wenige der anwesenden Rentner in eine tiefe Depression stürzen wird. Ich rechne mit einem Anstieg der Selbstmordrate (Hope I Die Before I Get Old). Dass die beiden in ihrem verwirrten Zustand es tatsächlich fertig brachten My Generation zu Gehör zu bringen, ist unverantwortlich.
Und so schließe ich hier meinen Bericht, um einen Brief an den National Health Service zu verfassen, um anzuregen, derartig renitente Senioren zukünftig nicht mehr von der Insel zu lassen. Wofür halten die sich denn? Da könnte ja jeder kommen.
KH
P.S.: Weiß vielleicht jemand der hier anwesenden, wo ich meine Literflasche Melissengeist gelassen habe – nur zum Einreiben, versteht sich.
Alte Heren in Concert
Moderator: King Heath
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King Heath
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Um es kurz zu machen: die Who DVD vom Hamburger Konzert ist sehr schön, hat aber erhebliche technische Mängel. Zum einen “pixelt’s“ etwas mehr, als erwartet und zum anderen haben die Herren Amerikaner offensichtlich mit NTSC Equipment aufgenommen und das ganze dann amateurhaft auf PAL überspielt, denn es kommt zu den typischen ruckig-zuckigen Bildern bei Kamerafahrten oder schnellen Bewegungen der Akteure. Und die können sich ganz schön schnell bewegen, die Herren T. und D.
Warum die DVD nicht einfach in NTSC belassen wurde, ist mir nicht ganz klar. Noch habe ich keinen DVD Spieler getroffen, der nicht NTSC tauglich war (nicht jeder spielt Region Code 1, aber NTSC können se alle). Die hätten also bei NTSC belassen sollen. Einen Regionalcode hat man doch eh weg gelassen. Und wer eine Glotze hat, die so alt ist, dass sie nicht NTSC tauglich ist, der weiß auch nicht, wie man DVDs im Internet bestellt.
KH
Warum die DVD nicht einfach in NTSC belassen wurde, ist mir nicht ganz klar. Noch habe ich keinen DVD Spieler getroffen, der nicht NTSC tauglich war (nicht jeder spielt Region Code 1, aber NTSC können se alle). Die hätten also bei NTSC belassen sollen. Einen Regionalcode hat man doch eh weg gelassen. Und wer eine Glotze hat, die so alt ist, dass sie nicht NTSC tauglich ist, der weiß auch nicht, wie man DVDs im Internet bestellt.
KH
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Whistling Catfish
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Tommy - der Film
Mahlzeit,
gehört zwar im Grunde nur am Rande hier herein, aber ich wollte nicht extra ein neues Thema eröffnen.
Gestern lief ja Tommy, der Film von 1974, auf "arte". Ich muss zu meiner Schande gestehen, daß ich diesen Film bis gestern noch nie gesehen habe. Aber ich muss sagen, daß ich den richtig klasse fand, nachdem ich die erste Viertelstunde geschafft hatte....
Man muss sich an diesen 70er psychedelic touch erst wieder gewöhnen, aber wenn man das geschafft hat, bietet der Streifen doch feinste Unterhaltung - halb Kunst, halb Trash und irgendwie habe ich mir so immer einen LSD Trip vorgestellt! Ich finde Regisseur Ken Russell hat hier ein Rockmusical auf die Leinwand gebracht, daß wie kein zweites den Geist der Popart dieser Zeit wiedergibt! In einem grellbunten Bilderbogen wird hier die interessante Geschichte von "Tommy" umgesetzt. Und den Auftritt von Tina Turner als "Acid Queen" finde ich schlicht fantastisch! Lustig auch Elton John als "Pinball Wizzard!" Und ebenfalls sehr klasse Jack Nicholson als Doktor und der einmalige Arthur Brown in einem Kurzauftritt als Priester! Und der unvergessene Keith Moon als perverser "Uncle Ernie" ist schlicht eine Wucht.....
Da sieht man auch über die im Vergleich zum Originalalbum teilweise schlimmen Arrangements der Songs hinweg.
Alles in allem hat mir das großen Spaß gemacht! Cooler Streifen!
Und meine Frau war ganz angetan von der durchtrainierten Figur des Herrn Roger D. - nun ja, Frauen, denken immer nur an das Eine.......
Eigentlich schade, das der "Warchild" Film nie realisiert wurde....oder vielleicht auch nicht..man weiss es nicht!
Viele Grüße,
der untrainierte J.
gehört zwar im Grunde nur am Rande hier herein, aber ich wollte nicht extra ein neues Thema eröffnen.
Gestern lief ja Tommy, der Film von 1974, auf "arte". Ich muss zu meiner Schande gestehen, daß ich diesen Film bis gestern noch nie gesehen habe. Aber ich muss sagen, daß ich den richtig klasse fand, nachdem ich die erste Viertelstunde geschafft hatte....
Man muss sich an diesen 70er psychedelic touch erst wieder gewöhnen, aber wenn man das geschafft hat, bietet der Streifen doch feinste Unterhaltung - halb Kunst, halb Trash und irgendwie habe ich mir so immer einen LSD Trip vorgestellt! Ich finde Regisseur Ken Russell hat hier ein Rockmusical auf die Leinwand gebracht, daß wie kein zweites den Geist der Popart dieser Zeit wiedergibt! In einem grellbunten Bilderbogen wird hier die interessante Geschichte von "Tommy" umgesetzt. Und den Auftritt von Tina Turner als "Acid Queen" finde ich schlicht fantastisch! Lustig auch Elton John als "Pinball Wizzard!" Und ebenfalls sehr klasse Jack Nicholson als Doktor und der einmalige Arthur Brown in einem Kurzauftritt als Priester! Und der unvergessene Keith Moon als perverser "Uncle Ernie" ist schlicht eine Wucht.....
Da sieht man auch über die im Vergleich zum Originalalbum teilweise schlimmen Arrangements der Songs hinweg.
Alles in allem hat mir das großen Spaß gemacht! Cooler Streifen!
Und meine Frau war ganz angetan von der durchtrainierten Figur des Herrn Roger D. - nun ja, Frauen, denken immer nur an das Eine.......
Eigentlich schade, das der "Warchild" Film nie realisiert wurde....oder vielleicht auch nicht..man weiss es nicht!
Viele Grüße,
der untrainierte J.
I wish I was a Catfish, swimmin' in the deep blue sea....
-
Laufi
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Re: Tommy - der Film
Moin:
. Haste wenigstens Quadrophenia gesehen?
Ich habe übrigens Antwort von themusic.com wegen der gelieferten CDs statt DVD. Krieg ich nachgeschickt, scheint ein guter und persönlicher Service zu sein.
cheers,
Laufi
Pfui, das ist doch echt ein MußWhistling Catfish hat geschrieben:Ich muss zu meiner Schande gestehen, daß ich diesen Film bis gestern noch nie gesehen habe.
Ich habe übrigens Antwort von themusic.com wegen der gelieferten CDs statt DVD. Krieg ich nachgeschickt, scheint ein guter und persönlicher Service zu sein.
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Whistling Catfish
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Re: Tommy - der Film
Ach, Du bist ja doch noch da! Hatte gedacht Du würdest längst an der griechischen Küste Deine Schürfwunden grillen....Laufi hat geschrieben:Moin:
Pfui, das ist doch echt ein Muß. Haste wenigstens Quadrophenia gesehen?
Quadrophenia habe ich gesehen - auch ein sehr schöne Film! Aber Tommy ist irgendwie noch mehr "off the wall" und "arty"! Und ja, es war eine Bildungslücke - die ich aber jetzt Gott-sei-Dank schließen konnte! Ich glaub' ich werd' mir die Tage mal die DVD bestellen!
Viele Grüße und schönen Urlaub,
J.
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Laufi
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Re: Tommy - der Film
Moin:

cheers,
Laufi
Morgen gehts los, muß nur noch meinen Kulturbeutel packenWhistling Catfish hat geschrieben:Ach, Du bist ja doch noch da! Hatte gedacht Du würdest längst an der griechischen Küste Deine Schürfwunden grillen....
cheers,
Laufi