31st Anniversary Tour

[King Heath]

Nun ist es also 31 Jahre her, dass mich der an Sucht grenzende Konsum eines Tonträger namens A Passion Play in die heiligen Hallen des CCH (aka Concert Centrum Halle o.s.ä.) trieb. Dort trieben es die Buben in meiner Lieblingsbesetzung gar wild. Aber eins nachm annern.

Erstmal musste ich einen meiner Schulkumpels – wen genau war wurscht – dazu überreden, das Konzert mit mir zu besuchen. Muttiauflage. Wegen Drogen und Mitschnackern, die damals auf Rockkonzerten ihr Unwesen trieben. Die Wahl fiel auf meinen alten Mit-KISS-Fan Kerim, seines Zeichens Halbägypter (“Er sagt, er sei Euch eine halbe Nasenlänge voraus.“) und damals an einem Arm vergipst. Auf dem vormals weißen Material prangten dann auch stolz die vier schwarzen Lettern mit den ominösen Runen, die an eine mittlerweile verbotene Organisation aus dem 1000jährigen Reich erinnerten, aber diesen nicht ganz entsprachen. Das Hippiefolk (alles Langhaarige), das an der Kasse um uns herum stand, warf so manchen missbilligenden Blick auf den Gips. Sachen gips. Mein anderer Schulkamerad, dessen Schwester ich den Genuss von A Passion Play verdanke, durfte übrigens nicht mit. Seitdem mag er Tull nicht mehr. Ja, ja, Kinder eben.

Noch während wir sehnsüchtig auf die Öffnung des Kassenschalters warteten, gesellte sich ein anderer Langhaariger mit Trenchcoat und Aluköfferchen zu uns. Da wir nichts Besseres zu tun hatten, beschloss ich, mit diesem Exemplar Belanglosigkeiten auszutauschen. Meine pick-up line lautete: “Bei welcher Zeitung sind Sie denn?“. Der derart Geschmeichelte wies jede Nähe zur Presse sofort von sich und outete sich als Fan, der schon mehrere Konzerte gesehen hatte und aus der Frontstadt stammte. Schwer beeindruckt stellte ich weitere Fragen, an die ich mich aber aufgrund des nicht unerheblichen Zeitablaufes nicht mehr recht entsinnen kann. Nur eine ist mir im Hirnkastl haften geblieben, nämlich die, ob denn auch etwas von A Passion Play gegeben würde. Hier runzelte mein Gegenüber die Stirn und tat so, als müsste er ernsthaft überlegen, um die Frage dann zu verneinen. Wie ich heute weiß, war das nur Show. Um meinen guten Willen zu zeigen, tauschten wir noch unsere Adressen aus, was Folgen hatte.

Das Konzert selbst war sehr schön. Als Herr A. in roter Melone mit Gitarre die Bühne betrat, war ich zunächst verunsichert, ob es sich denn wirklich um das Objekt (oder zumindest ein Teil dessen) meiner Begierde handelte, denn auf den mir bekannten Bildern trug Herr A. noch lang (siehe den wissenschaftlichen Beitrag irgendwo anders auf diesem Forum). Auch das erste Stück, Wond’ring Aloud, kannte ich nicht. Aqualung gehörte noch nicht zu meiner Sammlung (die bestand aus einer geliehenen A Passion Play, einem Fitzelchen Bourée auf Kassette und der Single Too Old...). Aber natürlich erkannte ich schon bald Stimme und Stil und konnte meinem Kumpel Kerim auf den Gips klopfen, um ihn darüber in Kenntnis zu setzen, dass dieses in der Tat “it“ war.

Trotz meiner miserablen Englischkenntnisse (in der Regel 5, manchmal, mit Glück, 4-) verstand ich den Witz mit “Whole Lotta Brick – a great Led Zeppelin Song!“, der sich tief in meine Erinnerung gegraben hat und den ich erst Jahre später auf einem illegalen Tonträger wieder hören sollte. Weiterhin war ich von David P.’s Saxophon bei Too Old schwer beeindruckt. Wie bei diesem Stück überhaupt enorm die Post abging. Zudem war es, wie bereits angedeutet, das einzige Stück des Abends, das ich kannte.

Rundum glücklich verließ ich die Halle mit meinem vergipsten Freund und lieh mir von ihm noch 4 DM für ein Songs From The Wood Poster, das noch heute gerahmt an meiner Wand hängt. Leider ist es mal mitsamt Rahmen von der Wand gefallen und das Glas des Rahmens zersprang in tausend Teile, nicht ohne das geliebte Bild zu beschädigen. Scheiße.

Der Kontakt zu dem langhaarigen Fotografen, der nicht für eine Zeitung arbeitete, blieb erhalten und heute prangen einige seiner Werke, die er an diesem Abend schoss, ebenfalls gerahmt an meinen Wänden. Schon ein Jahr später sahen wir uns wieder, da Hamburg unverzeihlicherweise während der Heavy Horses Tour ausgeschlossen wurde und ich mich gezwungen sah, den Weg durch die Zone in die Mauerstadt anzutreten, um das Konzert meiner Lieblinge in der schönen Deutschlandhalle zu verfolgen. Begeistert fuhr ich danach noch nach Kiel, aber die Geschichte habe ich ja schon erzählt.

Der langhaarige Fotograf hat übrigens immer noch lange Haare, aber nicht mehr so viele. Und Fotograf ist er auch noch. Und manchmal gehen wir sogar noch zusammen zu Tull Konzerten.

Happy Anniversary!

KH

[Carsten]

Was für eine herzergreifende Gschicht! Ja,ja, so hat es damals mit uns angefangen.
Was meinst Du, sollten wir es am Sonntag noch einmal machen, wenn sie unser Lied spielen?
Dann können wir noch mal ganz von vorne anfangen (einer der beliebtesten Sätze in deutschen Fernsehfilmen und Soaps).

War ein nettes Konzertle, gell? Und meine Fotos davon kann man in der Photogalerie von http://laufi.de/tull/d/index.html (Germany 77) begutachten. Wenn dit keen Sir Whizz is.

[Laufi]

Moin:

sehr geile Geschichte, Könich!

Cheers,

Lau'morgen auf Malle'fi

[Jack-a-lynn]

Nun ja, nett erzählt. Aber is doch gar nix aufregendes passiert.

[strange avenue]

Noch während wir sehnsüchtig auf die Öffnung des Kassenschalters warteten, gesellte sich ein anderer Langhaariger mit Trenchcoat und Aluköfferchen zu uns. Da wir nichts Besseres zu tun hatten, beschloss ich, mit diesem Exemplar Belanglosigkeiten auszutauschen. Meine pick-up line lautete: “Bei welcher Zeitung sind Sie denn?“. Der derart Geschmeichelte wies jede Nähe zur Presse sofort von sich

Kommissar Lutz und Assischdend Wagner?

[King Heath]

Nun ja, nett erzählt. Aber is doch gar nix aufregendes passiert.

Danke. Und für mich schon. Sonst würde ich mich nicht 31 Jahre später noch daran erinnern und, was noch viel schlimmer ist, in einem Internetforum geistig Verwirrte betreuen, in dem ich jedwede(s) SPAM sofort in die ewigen Jagdgründe schicke, damit die Forumsinsassen ihre Medikation nicht erhöhen müssen. Also aufregend ist das vielleicht nicht, aber wenn mir das damals jemand erzählt hätte...

KH

[strange avenue]

Wegen Drogen und Mitschnackern

Grosser Vorsitzender, wie jung war man damals eigentlich?

Holiday in Berlin

[King Heath]

Grosser Vorsitzender, wie jung war man damals eigentlich?

Ich muss doch bitten. Damen meines Alters fragt man auch nicht um die Ecke rum.

KH

[strange avenue]

Höhö, sehr geehrte Waltraut Haas, wie war das damals mit Willy Fritsch?

AVE

[King Heath]

wie war das damals mit Willy Fritsch?

Da müsste ich meine Mutter mal fragen. Willy Fritsch hat sie nämlich mal auf den Arm genommen. Literally. Da war se vier oder so.

KH

[Carsten]

...und meine Mutter war in Willy Fritsch verliebt und ein großer Fan als Teenie. Fragen kann ich sie aber leider nicht mehr.