A raft of penguins.....

Allgemeine Diskussion über Jethro Tull, Neuveröffentlichungen, etc. / General discussion about Jethro Tull, releases, etc.

Moderator: King Heath

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Whistling Catfish
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A raft of penguins.....

Beitrag von Whistling Catfish »

Mahlzeit,

hab' ich gerade eben auf einer schon ewig nicht mehr besuchten Website der "Deutschen Gesellschaft für Flöte e. V." gefunden. Ein Interview mit der charmanten Flötistin der "Neuen Philharmonie Frankfurt" über ihre Erfahrungen mit "you-know-who". Von wegen unausstehlich...... :lol:
Flöte aktuell
die offizielle Zeitschrift der Deutschen Gesellschaft für Flöte e.V.

Kathrin Troester (K.T.), Flötistin der NPF, beantwortete Fragen von Sibylle Wähnert (S.W.)


S.W.: Kathrin, Du hast gerade im letzten Sommer Dein Aufbaustudium der Historischen Aufführungspraxis in Frankfurt bei Karl Kaiser beendet, hilfst viel in Sinfonieorchestern aus und stehst plötzlich für das Solo "Griminellis Lament" mit Ian Anderson, einem Rockmusiker der alten Schule, zusammen auf der Bühne. Wie fühlt man sich da, geht das alles zusammen?

K.T.: Das ging ganz wunderbar zusammen! "Griminellis Lament" ist ein Stück für 2 Flöten mit Orchesterbegleitung, in der der Orchesterflötist / Flötistin die 1. (höhere) Stimme spielt, während Ian diese Stimme umspielt. Als ich Ian Anderson vor der ersten Probe begrüßte, sprach er mich gleich auf dieses Solo an. Er meinte, wenn es mir nichts ausmache, hätte er mich dabei gerne vorne auf der Bühne. Wenn einer so charmant fragt... Und so haben wir in 8 Konzerten auf der Deutschlandtournee (inklusive einer DVD-Aufzeichnung) zusammen geflötet, und es hat mir von mal zu mal mehr Spaß gemacht. Auch wenn ich immer anzüglicher werdende Kommentare in seiner Anmoderation über mich ergehen lassen musste.

S.W.: Warum?

K.T.: Die Story zu Griminelli's Lament ist folgende: Andrea Griminelli, ein gutaussehender Flötist und Herzensbrecher, war gerade von einer Frau verlassen worden und daraufhin sehr depressiv. Ian hat dieses Lied dann für seinen Freund zur Aufmunterung komponiert. Leider sei es das traurigste Musikstück geworden, das er je geschrieben habe. Das alles erzählt Ian mit einem Augenzwinkern, und er konnte es nicht lassen, laut darüber nachzudenken, ob Griminelli nicht schneller zu trösten wäre, wenn er ihm meine Telefonnumer gäbe...

S.W.: Fühltest Du Dich vorbereitet auf das, was kam oder war es sehr ungewohnt? Gab es Improvisationsstrecken oder war alles auskomponiert?

K.T.: Ich hatte vorher die Noten und hatte mir auch schon im Internet das Stück angehört. Außerdem ist in "Griminellis Lament" alles auskomponiert. In seinen Umspielungen improvisiert Ian auch nicht. Er hat mir nur freigestellt, Verzierungen einzubauen, und da kam mir meine Barockmusik-Ausbildung sehr zupass! Ganz ehrlich - die Musik von Jethro Tull basiert ja oftmals auf keltischen Motiven und Rhythmus-Mustern. Und gerade diese Musik hat mit den Barocktänzen viel gemein!

S.W.: Wie hast Du persönlich Ian Anderson als Kollegen erlebt?

K.T.: Sehr nett, sehr umgänglich, sehr interessiert, sehr respektvoll gegenüber klassisch ausgebildeten Musikern, sehr rücksichtsvoll (wenn man beispielsweise Rock'n Roll Rhythmen nicht gleich kapiert oder Einsätze unklar sind) und vollkommen ohne Starallüren. Die MUSIK und die genaue Umsetzung seiner musikalischen Vortsellung sind ihm wichtig, und so arbeitet er auch. Die Anspielproben (Soundchecks) wurden oft genutzt, um einzelne Stellen zu verbessern, am Zusammenspiel und an Intonation zu arbeiten oder Übergänge nochmal genau unter die Lupe zu nehmen. Er nahm das Orchester (Neue Philharmonie Frankfurt) sehr ernst, und es hat ihm im Laufe der Konzerte sichtlich Spaß gemacht MIT uns zu musizieren. Es ist ja sowieso spannend, wenn "Klassiker" und "Rocker" zusammen auf einer Bühne stehen und in die jeweils andere Welt eintauchen. Wir können so viel voneinander lernen und mitnehmen! Dazu muss man sich aber erst einmal von jeglichem Schubladendenken frei machen, was uns jüngeren Musikern leicht gelingt, den meisten Musikkritikern und Musikmachern in Deutschland leider sehr schwer fällt. Deswegen haben oftmals Konzerte die den Un-Titel "crossover" tragen leider schon verloren, bevor überhaupt richtig hingehört wird. Man braucht einen offenen und völlig vorurteilsfreien Geist und den hat Ian Anderson in allerhöchstem Maße.

S.W.: Und als Flötisten?

K.T.: Ja, das war lustig! Bei einer Anspielprobe sagte ich ihm, dass mir das Konzert am Vorabend klanglich besonders gut gefallen hatte, da erzählte er mir, dass er gerade eine neue Flöte ausprobiere. Dann bat er mich auch mal zu probieren, ob ich die Unterschiede zwischen den beiden Instrumenten genauso spüren würde wie er. Wir haben dann lange über Flöten, Klangfarben und die verschiedenen Flötisten gefachsimpelt. Ich durfte auch seine irischen Flöten ausprobieren und er versuchte sich dann an meiner einklappigen Traversflöte. Das klang allerdings eher witzig...

S.W.: Er ist ja flötistischer Autodidakt, hat selber moderne Spieltechniken entwickelt. Inwiefern spielt er anders als klassisch ausgebildete Flötisten?

K.T.: Zuerst spielt Ian seine ganze Musik auswendig. Er kann bestimmt Noten lesen, aber nicht nach Noten spielen. Wenn er in Proben nach einer Stelle sucht, spult er in seinem Kopf das Stück im Schnellvorlauf durch und singt einem dann die Stelle vor, bei der er nochmal anfangen möchte. Spiel- und tontechnisch steht er einem "studierten" Flötisten in nichts nach. Keine Lage scheint für ihn schwierig zu sein und er hat eine beachtlich dynamische und klangliche Bandbreite. Anders als vielleicht so mancher Jazz-Saxofonist, für den die Flöte ein lästiges Muss ist, hat er sich sehr viel mit dem Instrument beschäftigt und bewegt sich mit ungeheurer Leichtigkeit auf SEINEM Instrument. Kaum ein anderer kann mit einer solchen Natürlichkeit Stimme und Flöte miteinander kombinieren: flöten, sprechen, Flatterzunge, stöhnen, jaulen und juchzen alles gleichzeitig - ähnlich virtuos wie Bobby McFerrin, der allerdings nicht noch zusätzlich an einem Instrument hängt! Und natürlich nutzt er die technischen Möglichkeiten der Verstärkung (zum Beispiel Echos und Hall), sodass in seinen berühmten Improvisationssolos der ganze musikmachende Mensch, Stimme und Flöte. eine Einheit wird. Das war für mich als "reproduzierende" Musikerin sehr beeindruckend und inspirierend.
Interessant, oder? Da solltet Ihr mal checken ob Ihr das nicht in Eurem Fan-Club Magazin abdrucken dürft - ich kann ja nicht fragen, ich bin ja nicht drin..... :oops:

Viele Grüße,
J.
I wish I was a Catfish, swimmin' in the deep blue sea....
Warchild
Beiträge: 535
Registriert: Di Jan 18, 2005 1:33 pm

Beitrag von Warchild »

Yo ... das ist wirklich mal interessant! Danke für den tollen Artikel! :)
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