is' mittlerweile 'ne ganze Weile her, seit ich mich hier zum letzten Male etwas ausführlicher ausgelassen habe, aber ich war in den letzten anderthalb Wochen viel unterwegs.......lach!
Wie auch immer, ich bin bis jetzt noch gar nicht dazu gekommen alle aufgelaufenen Topics zu lesen - aber ich denke über die Konzerte selber ist eigentlich genug gesagt, daher möchte ich hier über ein für mich persönlich wirklich einschneidendes und wirklich besonderes Erlebnis vom 12.06. in Trier berichten. Nach dem gewohnt überaus guten Konzert der Band traf ich mich am Bierwagen noch mit Dave Rees und dessen Bruder Jamie. Wir sprachen noch so über dies und das als Martin Webb (der dritte im Bunde aus den "New Day Towers") dazukam und meinte wir sollten doch jetzt Backstage gehen um Ian einen Guten Abend zu wünschen. Da die drei Engländer alle einen Backstagepass besaßen und ich nicht, habe ich gedacht ok, wir sehen uns später. Dave Rees meinte zu Martin dann jedoch, es wäre aber auch doof, mich jetzt einfach stehen zu lassen, und Martin sagte nur: "Wieso, der kommt doch mit!"
Gesagt getan, also stiefelten wir hinter die Bühne, Dave sagte zu den Aufpassern ich gehörte dazu und so lies man uns passieren. Direkt hinter der Bühne trafen wir Martin Barre, der uns noch einmal in allen Einzelheiten seinen Käsebrötchenunfall schilderte und uns glaubhaft schildern konnte, das er teilweise noch immer wahnsinnige Schmerzen beim Spielen habe. Wer sich schonmal böse den Finger geschnitten hat, weiss, daß er da wohl recht hat - auch wenn man nicht jeden Abend zwei Stunden Gitarre spielen muss.
Er führte uns ein paar Treppen hinauf in den Catering und Garderobenbereich der Band. Die vielen "Tull only" Schilder machten schon einen Wahnsinnseindruck auf mich. Oben begrüßte uns sofort Jonathan - und es dauerte nicht sehr lange bis er uns allen ein schön kühles Becksbier, aus der mit Eiswasser gekühlten Wäschebox kredenzte.
Also ich muss sagen, daß Jonathan ein richtig cooler Typ ist. Er erzählte völlig entspannt von seinen Londoner Lokalbands und darüber, daß er z. Zt. leider nicht mehr mit diesen Bands spielt. Ich machte dann den Einwand, daß er dafür z. Zt. wahrscheinlich auch keine Zeit habe, aber er meinte daß das eigentlich nicht das Problem wäre, er sozusagen z. Zt. nur nicht den Hintern dafür hochkriegen würde.
Wie auch immer, ein total netter und unkomplizierter Typ.
Doane saß in der Ecke und verschlang in affenartiger Geschwindigkeit sein Abendessen aus einer "Thermobox" wie man sie von "Take-away" Chinesen kennt, ließ es sich nach dem letzten Happen jedoch nicht nehmen uns alle persönlich zu begrüßen, ein paar Worte zu wechseln, bevor er die Halle dann verließ.
Danach ging die Garderobentür hinter uns auf und Mr. A. kam bepackt mit einer "Jutetasche" und Flötenetui aus seiner Garderobe. Ich geb' zu, in diesem Moment wagte ich nicht zu atmen.....lach!
Alex stand bereit um ihn ins Auto oder sonstwohin zu verfrachten, aber er gesellte sich noch zu uns, um dies und das zu erzählen.
So erzählte er z. B. das ihn diese ganzen "LAUTER, LAUTER" Rufe aus dem Auditorium ein wenig auf den Wecker gehen.
"Some people in the audience seem to be braindead" war sein Kommentar! Er erklärte in wirklich freundlicher Art und Weise seine Ansicht zum Thema Volumen.
So sagte er z. B., daß eine hohe Lautstärke immer auf Kosten der Klarheit und der Identifizierbarkeit der einzelnen Instrumente geht. Ich nahm dann allen Mut zusammen und bestätigte ihm, daß Tull in diesem Jahr allerdings zum ersten Mal langen allerdings eine nahezu perfekte Balance zwischen "Volume" und "Clarity" fanden und das der alte "Stage Sound Engineer" der beste "Front of house-Engineer" ist, den sie seit Jahren, wenn nicht gar jemals hatten. Mehr zu fragen oder zu sagen habe ich mich allerdings nicht getraut.
War aber auch nicht nötig, den Ian erzählte wie ein Buch! So schwadronierte er bestimmt 10 Minuten über irgendeinen Kriminalroman, den ihm seine Frau mal empfohlen hatte, den er überaus unterhaltsam fand obwohl er gar nicht so sehr auf Krimis stehen würde bla bla bla.
Ich habe leider den Titel und den Autor des Buches nicht so wirklich mitbekommen, wollte aber auch nicht nachfragen. Ich hoffe man sieht mir das nach in Anbetracht der Situation. Die anderen und ich waren uns hinterher einig, daß uns diese Krimikritik eigentlich nicht wirklich interessiert hat, aber wer will schon den Meister unterbrechen, wenn er uns schon anspricht und bereitwillig von sich aus erzählt.
Außerdem ließ er sich ausführlich über das geplante Release der "Aqualung" Re-recordings aus. Es ist geplant die Erlöse hierfür für Charity Zwecke zu verwenden. Und zwar für Obdachlose (macht ja Sinn bei dem Album). Aber Ian ist sich noch nicht ganz sicher wie man das vernünftig steuern könne, da ihm sehr viel daran liegt, möglichst global zu helfen und Obdachlosigkeit sehr wohl ein globales Problem sei, die Hilforganisationen jedoch überaus lokal sind.
Wörtlich (mehr oder weniger): "It makes no sense to spend the money to a - let's say - London organisation - because they have the same problem in Frankfurt, New York or Cologne. Homeless people are indeed a global problem but the charities are very very local. I am still trying to work out a good solution for all!"
Wow, was für ein Typ. Und das merkwürdigste an ihm ist, das seine "Off-stage-persona" im krassen Gegensatz zu seiner Bühnenperson ist. Ich mein' das ist mir nicht wirklich neu, aber so krass wie an diesem Abend hab ich das noch nicht erlebt.
Ein ruhiger und wahnsinnig eloquenter Brillenträger Ende 50, dem ich eine Profession als Politiker, Wissenschafter oder auch Manager jederzeit mehr abnehmen würde als den genialen Rockmusiker wenn ich ihn nicht besser kennen würde!
Nach ca. 30 Minuten (es war mittlerweile ungefähr 11.45) sagte er nur: "Anyway, I have to go now. I will be flying back home tomorrow - to do some laundy and stuff....hahaha" Sagte es, lächelte, winkte und zog mit Alex ab. Ich wäre fast zusammengebrochen. Tom Lynch brachte nochmal Bier für Jamie und wir gingen in den Raum nebenan, in dem James Duncan und die Techniker zusammen mit zwei von Ullas Schülerinnen befanden. Es war alles jugendfrei Ulla, insofern mach' Dir keine Sorgen....lach.
Kurze Zeit später verabschiedeten wir uns freundlich und verließen die Halle um Punkt Mitternacht über den Bühnenausgang. Ich kann Euch nicht beschreiben was in mir vorging. Ich hatte das bis dahin noch gar nicht alles realisiert - das ist mir erst im Laufe des heutigen Tages geglückt

Wir vier sind danach noch in mein Hotel gefahren um festzustellen, daß die Bar schon geschlossen war. Da ich jedoch direkt im Zentrum gewohnt habe, war es nicht schwer noch eine geöffnete Keipe zu finden wo wir noch ein bis vier Bierchen gezischt und über dies und das in Sachen Tull und auch über andere Dinge zu sprechen. Bei dieser Gelegenheit habe ich den Jungs von meinen New York Plänen erzählt und Dave, Martin und Jamie haben am Tisch beschlossen, daß sie auch die Reise über den Teich antreten wollen. Ich freu' mich jetzt schon riesig und hoffe, daß das alles klappt.
So, sorry das es etwas lang wurde, aber das war für mich ein Erlebnis der besonderen Art - EINMALIG! Wie die Band und ihre Musik.
Wir sehen uns gleich in Köln!
Bis dahin,
J.