Mother Europe

[Nightcap]

Was mich wundert: Ian Anderson äußert sich doch rund um die Uhr zu allen nur denkbaren Themen. Ein Statement zum Brexit scheint es aber nicht gegeben zu haben. Oder?

Hatte ich mich auch schon gefragt.
Und stimmt, zum Schottland-Referendum gab es durchaus ein paar Ansichten von ihm zu lesen.

Hier gibt`s ein Interview, in dem er sich (sehr) kurz zum Brexit äußert:
http://www.schwarzwaelder-bote.de/inhal ... d810b.html

[King Heath]

doch, zum Schottland-Referendum z.B.

Ach was. Der ist an mir vorbei gegangen. Wann und wo hat er denn was gesagt? Das würde mich doch interessieren, schon weil IA eine Nähe zur SNP nachsagt wird.

Hier gibt`s ein Interview, in dem er sich (sehr) kurz zum Brexit äußert: ...

Ich möchte jetzt kein feines Haar spalten, zumal meines auch immer Dünner wird und das Spalten ein absehbares Ende hat, aber hier wird IA konkret gefragt und sagt eigentlich nichts. Er kommentiert das Ergebnis, aber seine eigene Meinung, ob er für oder gegen den Verbleib in der EU war bzw. ob er überhaupt an der Abstimmung teilgenommen hat, sagt er nicht.

[...] Und was ich denke? Ich denke, die meisten Briten wollen Teil von Europa sein, aber nicht notwendigerweise Teil der EU.[...]

Das soll kein Vorwurf sein sondern unterstreicht meinen Eindruck, dass er sich mit Äußerungen zum politischen Tagesgeschehen zurückhält. Eine politische Meinungsäußerung ist das nur im Allgemeinen, nicht inhaltlich.

Wo finde ich denn die Äußerungen zum Schottland-Referendum? Wie gesagt, das interessiert mich sehr.

KH

[Nightcap]

Wo finde ich denn die Äußerungen zum Schottland-Referendum? Wie gesagt, das interessiert mich sehr.

KH

Bitte sehr:
http://www.welt.de/kultur/pop/article13 ... ieren.html

Da nimmt er ausführlich Stellung. Und sagt einige Dinge, die ich sofort unterschreibe.
Und eine Nähe zur SNP lese ich hier nicht raus, im Gegenteil.

Schon interessant, dass man von ihm zum Brexit (zumindest in dem kurzen aktuellen Interview) nur Allgemeinplätze hört.
Eine Meinung dazu hat er ja sicher.
Mag sein, dass es dran liegt, dass die Abstimmung ja mittlerweile gelaufen ist und er das als demokratische Entscheidung akzeptiert, egal ob es ihm gefällt oder nicht.

Exegeten und Zwischen-den-Zeilen-Leser vor!

[King Heath]

Bitte sehr:
http://www.welt.de/kultur/pop/article13 ... ieren.html

Da nimmt er ausführlich Stellung. Und sagt einige Dinge, die ich sofort unterschreibe.
Und eine Nähe zur SNP lese ich hier nicht raus, im Gegenteil.

Vielen Dank.

Die Nähe zur SNP hat sich offensichtlich erledigt, aber in den späten 1970er und frühen 1980er Jahren hat es diese Nähe gegeben. Wenn ich mich recht erinnere, war es ein SNP Abgeordneter, der ihm zu Investitionen in Schottland geraten hatte, um die Zahl der "Absentee Landlords" zu senken, die das Land schlicht haben brach liegen lassen (nachdem sie es in den vergangenen Jahrhunderten erst entholzt, dann entmenscht und schließlich mit Schafen besiedelt hatten). Diese Nähe hat ihm in der deutschen Presse (der Stern hat sich hier hervorgetan) geschadet, weil die meisten Journalisten wohl keine Ahnung hatten, dass es sich bei der SNP um einer eher linke, sozialistische Partei handelt, die vor allem an einem sozial verträglichen wirtschaftlichen Aufschwung Schottlands interessiert war und ist. Aber der Stern kennt sich mit Nationalisten natürlich aus, insbesondere deren Tagebüchern. Gott sei Schtonk.

Aus den Bemerkungen zum Schottland-Referendum lese ich vor allem eine Abneigung gegen derartige "Volksabstimmungen" ab, die sich auch auf den Brexit beziehen dürfte. Du wirst wohl Recht haben damit, dass er die Entscheidung akzeptiert, ob zähneknirschend oder freudig wissen wir nicht, aber als nicht unerfolgreicher Unternehmer wird er den Brexit vermutlich kritisch sehen. Vieles von dem, was IA zum Schottland-Referendum sagt, wird er sicherlich auch zum Brexit gesagt haben und leider geben ihm die jüngsten Ereignisse, insbesondere zum Thema Nationalismus, recht.

KH

[Nightcap]

Hier gibt es ein Interview, da liest sich das mit dem Brexit doch anders als bisher gedacht:
http://www.siegener-zeitung.de/vorlande ... c06612b-ds
Es scheint so, als ob es auch bei ihm eine deutliche EU-Müdigkeit gibt.

[King Heath]

Es scheint so, als ob es auch bei ihm eine deutliche EU-Müdigkeit gibt.

Das mag so sein, aber was bedeutet "EU-Müdigkeit"?

Die ganze Brexit-Geschichte ist voll von diesem Begriff, aber erklärt wird er in den seltensten Fällen. Meine "EU-Müdigkeit" hat was mit Bürokraten, Lobbyisten (wieder eine US-amerikanische Gepflogenheit, die man an den europäischen Grenzen hätte abweisen sollen) und einer Selbstbedienungsmentalität von mir unbekannten Leuten zu tun, die über die Europäische Kommission Bestimmungen erlassen, die von demokratisch nicht autorisierten Bürokraten erlassen werden, um die Interessen derjenigen zu befriedigen, die dafür zahlen können. Ich erspare es Euch und mir jetzt den Katalog der entsprechenden Konzerne herunter zu beten.

Nicht müde geworden bin ich eines Europas (oder einer EU), in der ich von Hamburg bis Hoek van Holland fahren kann, ohne auch nur einmal anhalten zu müssen - es sei denn, ich muss mal; eine EU, die es mir ermöglicht hat, meine Wohnung aufzulösen, mich in mein Auto zu setzen und nach Großbritannien zu reisen, um mir dort einen Job und ein Haus zu suchen und ein paar glückliche Jahre auf der Insel zu verbringen - und der NHS hat mir einen nie ausgewachsenen Zahn aus dem oberen Wangenbereich operiert, ohne dass ich auch nur einmal eine Krankenkassenkarte vorzeigen geschweige denn eine Selbstbeteiligung leisten musste. Das ist für mich die EU und der werde ich nicht müde. Und dass es Menschen gibt, die sich aus bitterster Armut und gesellschaftlicher Ächtung heraus der Reisefreiheit bedienen, um sich einen Vorteil für ihr Leben zu verschaffen, kann ich reicher deutscher Sack kaum verurteilen.

Es sind Vereinfachungen wie "EU-Müdigkeit", an der Europa bzw. die EU scheitern wird. Und das war schon immer so:

The Honourable James Hacker, MP, Minister for Administrative Affairs:
"I'm not like you, Humphrey. I'm pro-Europe, just anti-Brussels. I sometimes think you're anti-Europe and pro-Brussels."

Sir Humphrey Appleby, Secretary of the DAA, the Civil Service Head of the Department of Administrative Affairs:
"Oh, Minister, I'm neither pro- nor anti- anything. I'm merely a humble vessel into which ministers pour the fruits of their deliberations. But it could well be argued that given the absurdity of the whole European idea, that Brussels intends to doing its best to defend the indefensible and make the unworkable work."

Hacker: "That is simply not true, Humphrey! Without sounding pompous but the European ideals are the best hope of avoiding narrow national self-intereset."

Appleby: "It doesn't sound pompous, Minister..."

Hacker: "Good."

Appleby: "... merely inaccurate."

Hacker: "Listen, humble vessel, Europe is a community of nations dedicated towards one goal."

Appleby: "(laughs)"

Hacker: "May we share the joke?"

Appleby: "Oh, Minister, let's look at this objectively. It is a game played for national interests and always was. Why do you suppose we went into it?"

Hacker: "To strengthen the brotherhood of the free Western nations."

Appleby: "Oh really. We went into it to screw the French by splitting them off from the Germans."

Hacker: "Why did the French go in?"

Appleby: "To protect their inefficent farmers from commercial competition."

Hacker: "That certainly didn't apply to the Germans."

Appleby: "No, they went into it to cleanse themselves of genocide and apply for re-admission to the human race."

Yes Minister, Series Two, "The Devil You Know", March 1981

Ziemlich lustig, ziemlich zynisch und genau die Einstellung, die heute vorrangig vorgebracht wird, wenn es um die EU bzw. ein vereinigtes Europa geht. Und durchaus nicht unberechtigt, denn Brüssel hat sich nicht zum Guten verändert, eher im Gegenteil. Das Ideal und die damit verbundenen Vorteile bleiben aber bestehen.

Damals war die EU natürlich noch die EWG (noch nicht einmal die EG) und relativ klein. Und obwohl sie ihre Probleme damals schon nicht lösen konnte, wollte sie unbedingt die EU-Erweiterung aus geostrategischen und wirtschaftlichen Gründen. Ein großer Fehler. Meine Meinung war schon immer die, dass nur Länder mit einer soliden und funktionierenden Zivilgesellschaft in die EU aufgenommen werden sollten. Dass man Beitrittskandidaten in dieser Beziehung jede Hilfe zukommen lassen sollte, versteht sich von selbst. Die Europäische Kommission hat im Sinne ihrer Markterweiterung darauf geschissen und nun haben wir den Salat. In Polen kämpft die Zivilgesellschaft gegen den Restkartoffelzwilling ums Überleben, Tschechien gefällt sich als "Heile Welt", Ungarn ist eine Diktatur und Rumänien und Bulgarien scheinen korrupter als zu Sowjetzeiten.

Und nachdem ich den Dialog von Hacker und Humpy von meiner DVD abgehört und aufgeschrieben habe, fällt mir nun die moderne Welt wieder ein. Bollocks! Geht ungefähr bei 2:00 los.

https://www.youtube.com/watch?v=Tg2gEvtr480

KH

[Whistling Catfish]

And so it begins.... http://www.independent.co.uk/news/uk/po ... 45271.html

GBP dropped to 1,1 Euro today......das sind gut 22% im Vergleich zu dem Mittelwert von 1,4 mit dem ich sonst immer gerechnet habe! Shopping time......

[King Heath]

Es beginnt etwas viel schlimmeres: offener Nationalismus im Parlament. Da ist die Rede von britischen Arbeitsplätzen für britische Arbeiter und ein konservativer Brexit-Befürworter hat erklärt, er hätte nicht für den Brexit gestimmt, "um die Tyrannei des EU-Rates gegen die Tyrannei des Parlaments auszutauschen".

Die Tyrannei des Parlaments! Davon hat der Österreicher mit der Popelbremse auch gefaselt, bevor er Mensch und Welt anzündete.

Mir ist schlecht.

KH

[Whistling Catfish]

(...) und ein konservativer Brexit-Befürworter hat erklärt, er hätte nicht für den Brexit gestimmt, "um die Tyrannei des EU-Rates gegen die Tyrannei des Parlaments auszutauschen".

Die Tyrannei des Parlaments! Davon hat der Österreicher mit der Popelbremse auch gefaselt, bevor er Mensch und Welt anzündete.

Ich glaube, dass ist nicht ganz richtig. Wenn Du Tory MP Stephen Phillips meinst, so hat der m. W. genau das Gegenteil gesagt!

Stephen Phillips, who voted to leave in the referendum, said the government appeared intent on negotiating “without any regard to the House of Commons” in a way that was “fundamentally undemocratic, unconstitutional and cuts across the rights and privileges of the legislature”.

Phillips said: “I and many others did not exercise our vote in the referendum so as to restore the sovereignty of this parliament only to see what we regarded as the tyranny of the European Union replaced by that of a government that apparently wishes to ignore the views of the house on the most important issue facing the nation.”

Und ich bin geneigt ihm hier recht zu geben. Ich habe mir neulich mal Maggie May's Rede auf dem Tory Parteitag angehört....ohje.

A

[King Heath]

Ich glaube, dass ist nicht ganz richtig. Wenn Du Tory MP Stephen Phillips meinst, so hat der m. W. genau das Gegenteil gesagt!

Das habe ich dann tatsächlich entweder falsch verstanden oder es wurde im Deutschlandfunk falsch berichtet bzw. übersetzt. Wäre nicht das erste Mal. Leider faseln die ja immer über den Originalton drüber. Werde ich nochmal eruieren. Vielen Dank für den Hinweis.

KH

[King Heath]

Da habe ich tatsächlich baked beans in den Ohren gehabt. Ich habe den Artikel nachgelesen und Du hast völlig recht. Da fallen mir aber mehrere Rolling Stones vom Herzen. Ich habe wirklich einen Schrecken bekommen. Aber so hat der Mann natürlich hundertprozentig recht. Leider ist damit noch lange nicht alles super-prima-extra-gut auf der Insel, sondern ganz im Gegenteil.

KH