Nicht der Ian hat geschrieben:Laufi hat geschrieben:
Gibt es Zeitzeugen, die ein bischen was über die 1976er Konzerte erzählen können? Was ging wie ab, etc. Anyone? Liebe "alten Säcke", erzählt nem Jungspund mal, wie die "glory days" so waren, würde mich brennend interessieren :-).
So was kann man nur höchst unzulänglich beschreiben, so was muß man erlebt haben, dank der Gnade der frühen Geburt.
Geht heute auf ein Ärzte- oder ich weiß nicht was fürn Konzert einer Band, die absolut "in" ist. Die Stimmung wie sie dort ist, war genauso damals (
weil die heutigen Studienräte noch Studenten waren .. :lol: ). Während heute eher der Anspruch auf das konzertante/künstlerische im Vordergrund steht, war es früher rockiger, lebhafter, lauter und die Stimme natürlich kräftiger.
Alta Sack berichtet:
Da Tull 76 nur drei Doitschland Konzerte gemacht haben, musste ich (16 Jahre jung und im Vollbesitz meiner Matte) von meinem ersparten Taschengeld nach Hamburch ins CCH. Wer das CCH kennt weiß, dass dort Konzerte noch nie wie bei einem Konzert der besten Band der Welt (natürlich aus Berlin: Ärzte) waren oder jemals sein werden. Also: es wurde gepflegt im Sessel konsumiert. Ich teile auch nicht die Ansicht von anderen alten Säcken, dass die Konzerte damals von der Publikumseite mehr abgingen. Im Gegemteil, es waren immer bestuhlte Konzerte (auf Ian's Wunsch), meist mit nummerierten Plätzen. Stimmung kam da selten auf, sollte wohl auch nicht. Man sollte andächtig lauschen. Aufstehen strrääängstens untersagt!!!
Was die musikalische und optische Darbietung angeht, feuerten sie damals allerdings wirklich meist aus vollen Rohren.
Zum eigentlichen Event HH 1976:
Ich war natürlich, wie damals immer, begeistert. Doch: Nach der Brick Tour 73 und Warchild Tour 75 fiel das 76er Konzert deutlich ab. Zum ersten empfand ich das Fehlen von Jeffrey als ziemlich schmerzlich. Er war einfach ein optischer Höhepunkt in der verschrobensten Manier. Ich glaube er hatte auch auf die anderen Tulls eine sehr inspirierende Wirkung, wenn auch nicht unbedingt ausschließlich musikalisch. John Glascock wirkte dagegen für mich sehr blass und irgendwie "Mainstream". Wie man sich halt einen normalen Rockmusiker vorstellt. Und genau dieser Vorstellung widersprachen Tull sonst immer, was auch ihre Faszination ausmachte.
Machte einen 1973 die Brick Performance einfach durch die Komplexität und den damals in unseren Breitengraden recht unbekannten Monty
Python-mäßigen Quatsch sprachlos, knallte einem 1975 der wahnsinne Sound, das neue Outfit und die Showeinlagen (Steich Quartet, Jeffreys Zebra Einlagen, Bunny Assistentin Shona, Bomben, Rauch etc.) die Birne weg.
1976 kam Ian (bis auf Lederjacke bei 2old2) im gleichen Outfit wie 75 auf die Bühne, die Songs waren mehr eine normale Abfolge aus alt und neu und nicht so verschroben verschachtelt wie in den Jahren zuvor. Optisch und showmäßig hielt sich das auch sonst in Grenzen. Kleine Gags waren Ian's Gitarre im Kinderwagen und der Wagen mit den Konsumgütern (Staubsauger, TV, etc.), die Ian am Ende von Quizz Kid zertrümmerte (wie im TV Special). Es war also der erste Schritt zurück Back to the Roots.
Ab und zu kam David Palmer als Gastkeyboarder mit auf die Bühne, so z.B. während "Requiem" in Mönchskutte.
Die Setlist in Hamburg war übrigens wie zuvor in Rotterdam (jedoch leider ohne Bad-eyed und Rainbow Blues) und nicht wie später in den bekannteren München und Zürichaufnahmen. Siehe:
http://www.ministry-of-information.co.uk/setlist/76.htm
Rotterdam 05.05.76
Unvergesslich wie Ian damals am Ende die Schlussätze von "Back-door Angels" knieend solo sang: Think I'll sit down and invent some fool...
Da war er wirklich der wissende Hofnarr, als der er später immer wieder von der Presse totgeschrieben wurde. Es hatte absolut nichts mit Mittelalter, Feen und Elfen zu tun, sondern für einen 16-jährigen wie mich, eher mit den zwei Anzugsheinis vom CCH die sich das, im Kontrast zu der Figur auf der Bühne, ungläubig und verständnislos vom Bühnenrand anguckten.
Nach der Show konnte ich mit Ian noch ein paar Sätze wechseln. Das letzte Mal, dass man ihn als "den alten" sehen konnte: sehr lange Haare, ganz in schwarz, mit Bikerjacke und Becks-Pulle in der Hand. Im Laufe des Jahres wurden die Haare kürzer und die Klamotten gediegener. Tja, keiner entgeht dem Ehejoch...smile mit Zwinker (ich mag Smilies nicht sonderlich).
Viele Grüße
Carsten