nachdem ja zumindest Dietmar hier gefordert hat, daß Ulla und ich berichten, mache ich das jetzt ... nur ein paar Stunden danach!
Damit der geneigte Leser überhaupt weiß, worum es geht und daß das alles auch noch ein wenig mit Jethro Tull zu tun hat, fange ich mal was weiter vorne an:
Als Jethro Tull Fan und als Musikliebhaber überhaupt, ist es für mich selbstverständlich, daß ich mir auch die Vorbands anschaue, wenn ich ein Jethro Tull (oder ein anderes) Konzert besuche - und habe das somit im Laufe meiner Live-Konzert Karriere also immer getan. Im Falle der Jethro Tull Support Bands habe ich in den neunziger Jahren sicherlich viele eher bescheidene Vorbands gesehen, bis ich dann irgendwann 1997 in Gießen mit Mark Gillespie konfrontiert wurde. Da stand also (im Hof eines wunderschönen Klosters) dieser Typ auf der Bühne, der zweifelsohne ein fantastischer Sänger und unglaublicher Entertainer war und sang improvisierend im Nieselregen, daß "er hoffe, daß der Regen aufhört, wenn Jethro Tull gleich spielen, damit die Jethro Tull Fans nicht mehr naß werden". Ich war baff, da stand einer auf der Bühne, machte ne einfache aber mitreißende Show, ganz allein mit seinem Charme und einer tollen Band im Hintergrund - ohne sich ausschließlich in den Mittelpunkt zu stellen, ganz im Gegenteil, er freute sich genauso auf den Tull Gig, wie wir Fans vor der Bühne. Nebenbei vernahm ich wunderschöne selbstgeschriebene Pop-Musik und es entwickelte sich noch ein running-gag ... meinen damaligen Konzertbericht kann man auf dieser Site noch irgendwo nachlesen.
Damals als Student noch permanent knapp bei Kasse, verpaßte ich es leider, mir die Mark Gillespie CD zuzulegen. Insofern dauerte es noch ein wenig, bis mich der "Virus richtig infizierte" ...
1999 sollten beim Tull Konzert in Bonn die "Brandos" spielen, als ich an der Museumsmeile ankam, erblickte ich jedoch am Merchandising Stand bereits das riesige Banner mit "www.gillespie.de" drauf ... da war doch was gewesen ... die Erinnerung an das Konzert in Gießen kam sofort wieder hoch und auch diesmal wurde es ein mitreißender Support-Act der Mark Gillespie Band. 5000 Zuschauer gingen richtig mit, forderten sogar Zugaben und ich dachte noch "ja, ne Zugabe wäre echt ok, aber sowas geht ja leider nicht als Support", bis ... die Band auf einmal ne Zugabe spielte! Fritz Rau, der Gottvater aller Konzertveranstalter, hatte die Jungs nochmal rausgeschickt, Ian Anderson und Kenny Wylie gaben sofort ihr ok und das Publikum dankte es ihnen!
Mittlerweile waren doch recht viele Jethro Tull Fans ganz begeistert von diesem smarten Engländer, der es schaffte, genau die richtige Mischung aus Selbstdarstellung und Respekt vor dem Hauptact in seiner Show rüberzubringen.
Im Herbst spielten Jethro Tull nochmal eine kleine Deutschland Tour und die Mark Gillespie Band wurde für die komplette Tour als Support eingeladen. Ulla und ich (und viele andere Tullies) freuten sich richtig diebisch auf unsere mittlerweile "Lieblings JT-Support-Band" und da wir eh recht viele Konzerte dieser Tour mitmachten, wurde es langsam Zeit, die Jungs mal kennenzulernen. Das war der Beginn einer tiefen Freundschaft und dieser Tour sollten noch viele Reisen zu Mark Gillespie Konzerten und mehr folgen ... nie werde ich übrigens vergessen, als in Düsseldorf (in der damals voll gefüllten Philipshalle) zum Ende des Gillespie Auftritts das Saallicht anging und die Band staunend und mit offenen Mündern realisierte, daß die Halle voll war - Jethro Tull Fans sind halt Musikliebhaber und dazu gehört, das man sich einen guten Support-Act respektvoll anschaut ... und mehr als das! Wenige Minuten später stand ich im Foyer am Merchandising Stand und die Mark Gillespie Band CDs, die man für die komplette Tour mitgenommen hatte, waren ausverkauft - nach dem zweiten Konzert!
In den darauffolgenden Jahren waren Ulla und ich also immer öfters bei Gillespie Konzerten anwesend, genossen es, aber wir fragten uns auch, warum diese phantastische Band eigentlich nicht langsam mal einen größeren Status bekommt, nämlich den, den sie verdient: Airplay im Radio, fette Konzerte, Fernsehauftritte, etc. Ich habe über die Jahre so vielen Leuten die Mark Gillespie Band vorgespielt und es gab wirklich niemanden, der damit überhaupt nichts anfangen konnte - aber so viele Leute haben gefragt, warum die Jungs eigentlich noch keine Popstars sind. Es ist wirklich schwer, heutzutage ohne eine große Firma oder eine Lobby und ohne die richtige Frisur was weiter nach oben zu kommen - das auch noch, wenn man damit über die Runden kommen muß, denn die Mark Gillespie Band Musiker leben von der Musik. Wir glauben aber zumindest daran, daß man auch mit kleinen Mitteln etwas erreichen kann, wenn man an etwas glaubt. Und wenn wir (im nicht-religiösen Sinne) an etwas glauben, dann ist es diese Band.
Ulla kennt ja nun wirklich unglaublich viele Menschen im Musikgeschäft, sie hat (und macht das immernoch) jahrelang das Tourmanagement für viele englische Bands (z.B. Fairport Convention, Anna Ryder, etc. pp) gemacht und ich kenne auch ein paar Leute - und fortan wurde also jeder mit unserer kleinen Lieblingskapelle konfrontiert. Da ließen sich schon ein paar Früchte ernten, der ein oder andere Gig aufgrund unseres Engagements folgte.
Ich hatte mittlerweile angefangen, mich ernsthaft mit Filmerei und Videoschnitt zu beschäftigen, arbeitete bereits beim Fernsehen (wenn auch mit was ganz anderem, aber ich lernte und hielt und halte meine Augen immer offen, was da so passiert), traf meinen mittlerweile Partner und Freund Ingo und wir hatten Bock, Bands zu filmen und denen Konzertmitschnitte auf DVD zu machen. Es war also naheliegend, der Mark Gillespie Band mal ein Video zu machen.
Ich hatte die Band schon öfters im ganz kleinen Rahmen gefilmt, 2002 haben wir dann zu einem größeren Gig ein paar Kameras mehr mitgenommen und daraus ein Live-Demo Video geschnitten. Ich glaube, in der Band hat niemand so ganz wirklich dran geglaubt, daß das was bringt, aber das Ergebnis konnte man sich doch schon ganz gut anschauen und -was viel wichtiger war- es gefiel den Menschen, die es sahen! Konzertveranstalter, die vorher CDs bekommen und sich nie mehr gemeldet hatten, bekamen die DVD und buchten die Band tags darauf. Wir brachten die Band nach Cropredy auf unser Lieblingsfestival von Fairport Convention - und selbst wenn Dave Pegg die Jungs bestimmt auch buchte, weil Ulla & ich ihn über Monate diskret (und manchmal auch indiskret) darum baten (wir hatten und haben schon das ein oder andere bei ihm gut), er stand vor der Bühne und hatte zum Schluß Tränen in den Augen, das ist kein Scherz!
Nun soll sich nach der Einleitung so langsam der Bogen zum gestrigen Abend schließen: Ingo und ich waren der festen Überzeugung, daß wir es schaffen könnten, die Magie eines Gillespie Livekonzertes so auf Video zu bannen, daß man es auf eine DVD pressen und den Menschen reinen Gewissens zum Kauf anbieten könne. Und so langsam glaubte die Band das wohl auch ... zumal die Gillespie Fans schon länger ein "best of Live-Album" forderten.
Am 9. Juni 2004 war es soweit, wir buchten das "Kino Traumstern", ein wunderschönes Kino in Lich, in der Nähe von Gießen, der Heimat der Gillespie Band. Wir hatten kein wirkliches Budget, ich brachte ein paar Kameras mit und ein paar Leute, die die professionell bedienen können (und Musikliebhaber genug sind, das sie das für ein paar Biere und CDs getan haben - Danke!). Mark hat sein Konto geplündert, um eine feine Ton- und Lichtanlage sowie den 32-Spur Digital-Tonmitschnitt bezahlen zu können. Viele liebe Menschen haben (unentgeltlich) geholfen, wo sie nur konnten und die Band samt sensationeller Gastmusiker (fast hätten wir noch Dave Pegg dabeigehabt) spielte und unterhielt 2 Stunden und 38 Minuten lang wie sie das in ihrer Geschichte vermutlich noch nie getan hatte ....
40 Videobänder und ein halbes Jahr später, das mir vorkommt, als hätte es zwei Jahre gedauert, hatten wir dann etwas voeliegen, das wir tatsächlich ins Preßwerk geben konnten.
Ich habe in diesem halben Jahr viel gelernt, ich war in einigen Momenten der Verzweifelung nahe, ich hatte Glücksgefühle ... ich habe wirklich unglaubliches mitgemacht, eine Wahnsinnslast auf meinen Schultern gespürt, filmreife Situationen mit Kurierfahrten, nächtlichen Telefonkonferenzen und mehr erlebt und wußte auch manchmal nicht, ob de 500 Gigabyte Daten auf meinen Rechnern nun Schrott oder Kunst sind, bis ....
... gestern der große Tag kam! An dem Ort, an dem wir das alles aufgezeichnet haben, fand die Premiere unseres Filmes und die Release-Party der "Supersonic Wednesday" Live CD/DVD statt.
Wir hatten es gewagt, Pressemenschen einzuladen (von denen auch richtig viele kamen) und der Laden war richtig voll mit Zuschauern! Da lagen sie nun auf dem Tisch, unsere DVDs. 3000 Stück haben wir gemacht und ich war kurz davor, jede einzeln mal anzufassen. Ich hatte Hummeln im Hintern, der Laden wurde immer voller. Ein paar Menschen hatten die DVD schon gesehen (sie kam gottlob nicht nur pünktlich, sondern schon einen Tag vorher aus dem Preßwerk) und deuteten Begeisterung an. Die Band spielte einen unplugged Gig in zwei Teilen (Mark: "das ist kein Konzert, das ist ne Party" - und das war es auch!), der sowas von emotional war - ich wurde irgendwann auf die Bühne gerufen und da versammelten sich dann alle Leute, die an dem Projekt beteiligt waren und die Band spielte und die Fans jubelten uns aus dankbaren Gesichtern zu. Ich weiß nicht mehr ganz genau, was ich dachte, aber es war irgendetwas wie "ihr habt den Film doch noch gar nicht gesehen".
Ich war irgendwie schon auf Wolke sieben, es war ein super Abend und einfach ein tolles Fest, aber mein persönlicher Höhepunkt sollte noch kommen.
Wir wollten nach dem Konzert den Film noch im Kino zeigen. Die lieben Menschen vom Kino Traumstern hatten tatsächlich einen richtig guten Videoprojektor parat, der das Bild in Mordsqualität auf diese riesige Kinoleinwand projezieren konnte, aber ich konnte mir irgendwie nicht vorstellen, daß die Leute sich unseren Film nach dem Konzert noch anschauen würden. Ich hatte den Film auf miniDV Cassetten (also im Originalformat wegen der bestmöglichsten Qualität) vorbereitet und noch die Outtakes sowie die zwei "Easter Eggs" (zwei komplette Songs, die auf der DVD versteckt sind) draufgespielt. Wir bauten die Technik auf, öffneten die Türen und ... das Kino war voll!
"Die schauen ein bischen und hauen dann ab", dachte ich noch, als ich mich aufgeregt zwischen die Musiker in die erste Reihe setzte. Pustekuchen! Die Menschen schauten sich den Film an, es gab Szenenapplaus (wirklich!), die Zuschauer, die beim Konzert dabei waren, freuten sich, wenn sie sich selbst auf der Leinwand sahen und ein paar tanzten sogar! Was das für ein komisches Gefühl ist, wenn Du Schiß hast, das den Leuten Dein Film nicht gefällt und auf einmal siehst Du welche, die tanzen! Fast zwei Stunden saßen die Leute also im Kino, schauten, groovten und freuten sich. Nach dem letzten Bonus Track ... Blende ins schwarz ... das war es nun ... und die Leute bleiben sitzen! Da hab ich mich umgedreht und gesagt: "auf der DVD gibt es noch ne halbe Stunde Dokumentation, mit Interviews und Live-Ausschnitten aus alten Konzerten, das habe ich aber ich aber für die Vorführung nicht vorbereitet, sorry!" Applaus, strahlende Gesichter. Das war der Moment, in dem ich realisierte, daß wir etwas wirklich gutes geschaffen haben und daß sich die ganze Mühe gelohnt hat.
Ich denke, man merkt meinem "kleinen" Bericht an, daß ich noch immer unter Strom stehe - ich war um halb sechs zuhause und ich war nicht wirklich nüchtern (hab ich mir verdient!), trozdem hab ich nur drei Stunden geschlafen, das mußte jetzt alles raus
Seid so lieb: unterstützt diese Jungs! Entweder weil es einfach ne tolle Band ist, oder weil es unsere oder Eure Lieblings-JT-Support-Band ist oder weil Ihr merkt, daß Ihr Jethro Tull Fans mit offenem Blick für gute Musik auch ohne Querflöte damit einen großen Gefallen tut! Und denkt daran, daß Ihr ganz viele Freunde, Verwandte, Freunde und Arbeitskollegen habt, die ihr alle noch beschenken müßt: zu Weihnachten, Ostern, Namenstag, Hochzeit ... und die haben auch alle noch Geburtstag!
Die Mark Gillespie "Supersonic Wednesday" DVD hat eine Laufzeit von 85 Minuten Konzert (16 Tracks) plus 30 Minuten Dokumentation (Interviews, alte Konzertauschnitte) plus 10 Minuten Outtakes (improvisationen und lustige Dinge zwischen den Songs) plus 12 Minuten Easter Eggs (zwei Songs). Die CD hat eine Laufzeit von 70 Minuten (11 Tracks - incl. 2 Songs, die nicht auf der DVD sind).
CD und DVD kosten jeweils 15.- Euro plus Porto (25.- Euro für beides zusammen), es gibt sie direkt bei mir (einfach ne e-mail schicken) oder auf www.gillespie.de oder auf einem Mark Gillespie Konzert Eurer Wahl!
cheers,
Laufi
