IA in Altusried, 12.08.2006

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Moderator: King Heath

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Whistling Catfish
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IA in Altusried, 12.08.2006

Beitrag von Whistling Catfish »

…..oder wie der kalte Hauch des internationalen Terrors über uns und das allgäuer Idyll hereinbrach!


Hey ho,

ich bin zurück aus dem Allgäu! Und was soll ich sagen…….es war ….ähhhh…zumindest ungewöhnlich!

Aber von Anfang:

Mir wurde ja – nachdem die Steinbach Show abgesagt wurde – schlagartig bewusst, dass man auf zwei Beinen auch eher wackelig steht, weswegen ich mich ja dann entschlossen habe, die Ochsentour bis ins Allgäu doch zu unternehmen! Und es hat sich gelohnt. Ich glaube die geschätzten 1.800 Besucher auf der beeindruckenden „Allgäuer Freilichtbühne“ sind in den Genuss eines „IA plays JT and other music“ Konzertes gekommen, wie es wohl kein zweites geben wird.

Zunächst mal zur Location:

Altusried ist am Arsch der Welt! Kempten (!), als nächste nennenswerte Stadt ist ca. 15 km von Altusried entfernt. Altusried ist ein Dorf! Ich schätze mal max. 3.000 Seelen, aber dennoch leisten sie sich eine überaus aufwendige und tolle Freilichtbühne, die 2500 Leuten Platz bietet. Und auf eben dieser sollte das gewohnte IA Spektakel ablaufen.

Die Freilichtbühne ist idyllisch gelegen zwischen viel Grün und Hügeln auf denen Kühe sonor mit Kuhglocken klingeln! Allgäu wie man es sich vorstellt! Und dennoch hat sich im Nachhinein herausgestellt, dass selbst hier, in einem der womöglich friedlichsten Flecken der Erde, der internationale Terror Einzug gehalten hat.

Zum Gig:

Es war kalt. Saukalt. Max. 10 Grad Celsius. Aber trocken. Immerhin! Ich hatte ein Ticket für die erste Reihe und saß gespannt ob der kommenden Ereignisse! Während ich da gespannt und frierend da saß und auf die verwaiste Bühne sah, fiel mir auf, dass es diesmal nicht das gewohnte Roland Midi Drum Kit gab. Stattdessen stand auf der Bühne ein akustisches Premier Jazz Kit mitsamt „Duschkabine“ wie wir es ja von JT kennen.

Dann ging es los, die Rubbing Elbows Band startete mit „Living in the past“ und Ian liess dann auch nicht mehr lange auf sich warten.

Doch als er auf die Bühne kam war ich dann schon überrascht. Keine Weste, kein Kopftuch…..aber dafür eine Brille! Also in quasi in zivil, ganz in schwarz gewandet. Ich musste an „strange avenues“ denken, der noch mehr Runkelrübenimage möchte, als wir es eh schon haben……lachhhhhh!

Ian erklärte später den Grund. Durch die versuchten Terroranschläge der verf*#ten muslimischen Extremisten sind insgesamt 12 Koffer des „IA plays JT“ Unternehmens nicht befördert worden. U. a. div. Instrumente und sein Bühnenoutfit. Auch Lucia’s Klamotten und Geige sind als verdächtig eingestuft worden und haben den Weg ins Idyll nicht gefunden.

Also stand er da. In seinen Privatklamotten ohne seine (gewohnte…und gut und gerne 5000 Euro teure Pearl) Flöte. Ohne Kopftuch und in der Hand ein billiges Yamaha Student Model für läppische 650 Euro, welches er sich kurz vor dem Gig hat besorgen lassen! (…doch dies ist eine andere, aufregende Geschichte und soll ggf. ein andermal erzählt werden….).

Auch seine kleine, sexy „custom build“ Manson Gitarre hat den Weg nach „mainland europe“ nicht geschafft. Stattdessen musste er mit einer klassischen Gibson Westerngitarre vorlieb nehmen. (“..this fu’*ing thing is bigger than me…” sagte er später).

Also wir halten mal kurz fest:

Es war saukalt und in der Logistik ist alles schiefgegangen, was nur so schief gehen kann! Eigentlich sind das die Eckdaten, für einen beschi#*nen Gig. Doch nicht so heute. Unser Ian wird altersmilde und noch besser als er es sowieso schon immer war!

Ich „kenne“ ihn ja nun auch schon ein paar Jahre und habe so manches erlebt. Aber diesen Abend hat er sich – als oller Perfektionist – wohl dem Fatalismus ergeben und sich selber gesagt „Scheiß egal…..die Leute sind hier! Ich bin hier! Die Umstände passen so gar nicht! Egal….dann lasst uns wenigstens alle einen schönen Abend haben, so gut es eben geht!)

Und genau das tat er! So lustig und sich selbst auf die Schippe nehmend hab ich ihn noch nicht erlebt.

(Zur Erklärung: Sein kabelloses Mikrofonsystem für die Flöte war wohl auch im nicht mehr erlaubten Handgepäck, d. h. er war vor seinem Shure SM 58 den ganzen Abend festgekettet)

Lucia – die ja nun mal integraler Bestandteil der Show ist – war nicht besser dran. Sie musste eine schleunigst besorgte E-Geige in herbstlichen Temperaturen befideln und – even worse – Ihre Kleidchen waren auch nicht da. So musste die gute in einem Pyjamaoutfit auf die Bühne….was ein gefundenes Fressen für unseren – an diesem Abend überaus gutgelaunten – Ian war.

Oooops…ich wollte es doch kurz machen:

Also, Ian und die mir mittlerweile wirklich ans Herz gewachsene „Rubbing Elbows“ Band haben sich aufgrund Ihrer misslichen Lage hervorragend amüsiert. Ich hab’ z. B. Ian auf der Bühne noch nie wirklich von Herzen lachend und scherzend gesehen…..doch gestern abend war das so…..überhaupt die ganze Band hat sich streckenweise scheckig gelacht. Und wir auch!

Das Publikum hat es geliebt. Ich auch…obgleich ich dem „normalen“ Publikum auch einen „normalen“ Gig gewünscht hätte. Obgleich auch ich sagen muss, die Musik hat für sich gesprochen…die Performance der Beteiligten war – in Anbetracht der Umstände – grandios – aber der Witz und die Besonderheit dieser Veranstaltung waren das Ian, Lucia, die Neue Philharmonie und Co. es geschafft haben, trotz, oder vielleicht auch grade wegen, der widrigen Umstände zu unterhalten………..Hut ab, Ian und Konsorten, Hut ab!

So und jetzt noch für die, die immer so wissenschaftlich mit allem umgehen:

Setlist:
Living In The Past
Griminellis Lament
Aurora (Sibelius Violin Concerto) …auf der billigen Geige klingts noch ähhhh…bescheidener
Wondrin’ Aloud
Sefika’s Tango
Life Is A Long Song
Mo’z Art Medley
Cheap Day Return
Mother Goose
Godfather Theme (wurde in letzter Minute für “She’s like the swallow” eingesetzt….warum auch immer …..lach)
Bouree

PAUSE

Thick As A Brick
Kashmir
Pavane
Aqualung (MONSTER)
God Rest Ye Merry Gentlemen
My God

….und natürlich:

Locomotive Breath

Für Euch Kritiker:

In der ersten Hälfte waren Ian’s Vocals so la la! Aber da hat er ja auch nicht viel gesungen! Dafür hat er sich in der zweiten Hälfte fast umgebracht. Aqualung hat er so emotional gesungen wie lange nicht mehr und den Schluß von Budapest und Loco Breath hat er (im positiven Sinne) gebellt.

Klasse!

Bis denne mal,
J.
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Warchild
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Beitrag von Warchild »

Zuletzt geändert von Warchild am Fr Aug 29, 2008 12:21 pm, insgesamt 1-mal geändert.
Nicht der Ian
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Beitrag von Nicht der Ian »

dito; Bilder von dem ungewöhnlichen Outfit?
Whistling Catfish
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Beitrag von Whistling Catfish »

Warchild hat geschrieben:Hört sich zumindestens interessant an ... :D ... Danke für den Bericht!
Interessant ist der richtige Ausdruck.... :lol:
Nicht der Ian hat geschrieben:dito; Bilder von dem ungewöhnlichen Outfit?
Also ich habe keine gemacht (mache ich nie), aber vielleicht tauchen ja von anderer Seite mal welche auf....speziell Lucia sah überaus ..ähhhhh...."interessant" aus... :lol: :lol: :lol:

Viele Grüße,
J.
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Whistling Catfish
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Beitrag von Whistling Catfish »

Hier noch ein Review aus der Allgäuer Zeitung:
08.2006, Allgäuer Zeitung ++
Ian Anderson hat Haare gelassen
Aber seine Querflöten-Soli sind klasse wie eh und je - Ein Wiedersehen in Altusried
Altusried - Hellohoho, Ian,

mit einem „Hellohoho“ hast Du uns am Samstagabend auf der Freilichtbühne in Altusried begrüßt. Deshalb auch an dieser Stelle ein „Hellohoho“. Wir haben uns das letzte Mal vor 33 Jahren gesehen, 1973 in der Münchner Olympiahalle. Das heißt, ich hab Dich auf der Bühne gesehen, Du mich sicher nicht. Ich war einer von den 10 000 faszinierten Zuschauern. Affenheiß wars damals in der Halle. In Altusried dagegen wars affenkalt. Und es waren auch ein paar weniger als 10 000 Menschen. Aber Deine Fangemeinde im Allgäu ist immer noch erstaunlich groß.
Wir haben in den vergangenen drei Jahrzehnten ganz schön Haare gelassen - Du noch mehr als ich. Von der wilden Pracht und dem Rauschebart ist nichts mehr übrig. Aber Deine Musik ist immer noch aktuell, irgendwie zeitlos. Mit „Living in the past“ hast Du uns gleich daran erinnert, dass früher nicht alles ganz schlecht war, nicht nur der Haarwuchs.

Mit der „Kinder-Querflöte“

Was über all die Jahre geblieben ist: Dein sagenhaftes Querflötenspiel. Du hattest zwar diesmal mit einem ziemlichen Handicap zu kämpfen. Denn bei der Anreise Deiner Band hat British Airways zwölf Koffer verschlampt. Drin waren auch einige Instrumente. Und so musstest Du in Altusreid mit einer „Kinder-Querflöte“ spielen, wie Du dieses Arbeitsgerät bezeichnet hast. Aber das machte überhaupt nichts aus. Du bist ja ein Meister der Improvisation. So waren Deine Soli - vor allem das im Stück „My God“ mit reingehauchten und geschwätzten Passagen - allererste Sahne. Das macht Dir auch 38 Jahre nach Gründung Deiner legendären Gruppe Jethro Tull im ganzen Rock-Zirkus immer noch keiner nach.
Die Truppe gibts schon lange nicht mehr, aber ihre Stücke - eigentlich Deine Stücke. Denn Du warst der Kopf von Jethro Tull und hast im Laufe der Zeit an die 25 Bandmitglieder verschlissen. Das hielt andererseits Deine Kompositionen immer frisch. Was hast Du nicht alles ausprobiert. Die Musikkritiker hatten es schwer, Dich in eine Schublade zu stecken: Folk-Rock, Progressive-Rock, Art-Rock, Classic-Rock....
Was bei Deinen Anhängern vor allem im Gedächtnis geblieben ist, sind die Stücke Deiner wohl besten Platten „Aqualung“ und Thick as a brick“. Und so hast Du jetzt in Altusried meistens auch aus diesen beiden Alben zitiert - völlig neu aufgemischt mit denMusikern der Neuen Philharmonie Frankfurt. Manche Stücke waren kaum verändert („Mother Goose“ oder „Life's a long song“ ) - nur mit dem Orchester im Rücken viel voluminöser. Andere Songs dagegen waren kaum wiederzuerkennen (wie „Aqualung“), aber dennoch mitreißend.
Zwei Tage vor Deinem Auftritt in Altusried bist zu 59 Jahre alt geworden. Du hampeltst aber stellenweise immer noch wie ein Junger über die Bühne. Und Dein Markenzeichen „Storch“ - auf einem Bein stehend die Querflöte bearbeitend und mit dem linken Bein in der Luft den Takt schlagend - nötigt Dir immer noch nicht nur motorischen Respekt ab. Bloß Deine Stimme hat in den letzten Jahren etwas gelitten: die ganz hohen Töne schaffst Du nicht mehr so wie früher.
Nach wie vor klasse jedoch, wenn Du die Querflöte mit der Akustik-Gitarre tauscht und schwierige Intros zupfst. Ich hab das die letzten 33 Jahre immer mal wieder anhand Deiner Songbooks probiert. Legen wir den Mantel des Schweigens darüber!
Was in Altusried nicht fehlen durfte: Deine unübertroffene Interpretation von Bachs „Boureé“ und als Zugabe natürlich das wohl bekannteste Stück von Jethro Tull „Lokomotive Breath“ . Leider hast Du uns aber auch in Altusried nicht erklärt, wieso Deine alte Gruppe Jethro Tull hieß. Wir wissen nur, dass Jethro Tull (1674 - 1741) ein englischer Pionier der Landwirtschaft war und die Sämaschine erfunden hat. Und Du züchtest heute Schafe und Lachse ...
Vielleicht erklärst Du uns das, wenn Du möglichst bald wieder nach Altusried kommst. Bring dann aber auch die Geigerin Lucia Micarelli wieder mit, die auf der Freilichtbühne nicht nur bei „Moz-Art“ mit der „kleinen Nachtmusik“ glänzte. Klasse, das Mädel.
In diesem Sinne Griaß' di und pfiat' di (das ist Allgäuerisch und heißt so was Ähnliches wie Hellohoho),
Your's
Stefan Binzer

http://www.all-in.de/redsys/allin/nachr ... n+Anderson


Leider auch keine Bilder! Dafür aber die Information, daß es Jethro Tull schon laaaaange nicht mehr gibt! :lol: :wink:

Viele Grüße,
J.
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Warchild
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Beitrag von Warchild »

Zuletzt geändert von Warchild am Fr Aug 29, 2008 12:20 pm, insgesamt 1-mal geändert.
Whistling Catfish
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Beitrag von Whistling Catfish »

Warchild hat geschrieben:Was`n Holzkopf, der Hr. Binzer! :evil:
Naja,

ganz so krass würde ich das dann auch nicht sehen wollen! Er hat ja eigentlich einen recht netten Artikel geschrieben. Und wer weiss - vielleicht hat er ja hier auf dem Board recheriert.... :wink: ....hier soll es ja Stimmen geben, die behaupten die aktuelle Besetzung wären gar nicht Jethro Tull...... :P :lol:

Aber nochmal kurz zum Konzert selber:

Mein persönlicher Eindruck war, das das akustische Schlagzeug dem Sound alles in allem mehr als gutgetan hat! Da war deutlich mehr Wumms drin, als mit dem elektronischen. Und ich hatte nicht den Eindruck, daß es zuviel war und das Orchester totgekloppt hätte! Wenn Doane drangesessen hätte wärs vielleicht so gewesen, aber Jimbo A. hatte sich da schön im Griff.

Außerdem fand' ich den Sound von Dr. A's Gitarre - sofern er denn alleine spielte - viel schöner und wärmer als den, den er mit seiner kleinen Gitarre so produziert! Im kompletten Arrangement, hat die kleine allerdings deutlich mehr "punch", das stimmt schon.

Bis dahin,
J.
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Carsten
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Beitrag von Carsten »

Whistling Catfish hat geschrieben: Außerdem fand' ich den Sound von Dr. A's Gitarre - sofern er denn alleine spielte - viel schöner und wärmer als den, den er mit seiner kleinen Gitarre so produziert!
Schon seit Jahren mein Reden, aber auf mich hört ja keiner! Diese kleine Gitarre kllingt einfach nicht nach dem, was sie sein soll: eine Gitarre. Klingt eher wie eine Züchtung zwischen Eierschneider und einem Moschendrohtzoon.

Da scheint man ja mal wirklich ein richtig interessantes Konzert verpasst zu haben. Vielen Dank für den schönen Rapport, Herr J. aus I.!

Dankbar
Herr C. aus B.
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