Na, dann will ich mich auch mal kurz zu dem Loreley-Gig äußern:
Ulla und Manni kann ich mich anschließen. Es war nicht die Krönung, aber doch sehr unterhaltsam. Und gerade bei den Pannen hat IA wirklich sehr "cool" umschifft, bzw. überbrückt. Das ist wirklich nicht zu unterschätzen.
Auch wenn ich da in die gleiche Scharte schlage, wie einige schon zuvor: James Duncan am Schlagzeug ist echt nicht die Wucht. Ich habe ihn zum ersten Mal in Wattenscheid mit dem Orchester zusammen gehört und war damals schockiert. Am Sonntag war es nun das 3. Mal und fairerweise muß man sagen, daß ich jeweils eine Steigerung feststellen konnte. Entweder hat ihm da einer was gezeigt oder er hat geübt - vielleicht spielt er auch einfacheres Zeug(?). Zusammengefaßt: Es ist OK aber mehr auch nicht. Kein Vergleich mit Doan Perry. (Aber jederzeit verfügbar und vermutlich günstig
John O´Hara an den Keyboards finde ich ich auch nicht den Hammer. Es ist ihm hoch anzurechnen, daß er das überhaupt macht. Die klassisch ausgebildeten Musiker haben ja häufig eine gewisse Distanz zu elektrischen Instrumenten. Sie haben meist keine Ahnung von Sounds, Synthesizern und Midi und wollen diese auch nicht haben. Als ich Butzbach bei dem Orchester-Gig war, hat er ein kleines "Percussion"-Solo gehabt, was echt gut war und auch der Kram am Akkordeon gefällt mir eigentlich ganz gut.
Allerdings halte ich ihn für keinen guten Rock-Keyboarder. Er spielt eher "brav" und mit relativ wenig Power. Zum Teil ist es für meinen Geschmack zu minimalistisch und wenn dann bei ein oder zwei Songs ein freies Solo am Piano kommt, dann wird mir fast übel. Das bekommt man vermutlich nachts aus dem Stehgreif auf´m Klo hin. Das klingt jetzt ein bißchen böse, aber ich wünsche mir Andy Giddings wieder! Er ist ein verdammt guter Keyboarder, hat eine witzige Bühnenpersöhnlichkeit und spielt (trotzdem) extrem "mannschaftstauglich".
David Goodier am Baß gefällt mir echt gut. Auch wenn Jonathan Noyce gut spielt, so fand ich ihn auf der Bühne nie besonders interessant. War es nicht auch David, der bei anderen Gigs auch z.T. Backing-vocals gesungen hat? Eine Sache, die man eigentlich nutzen müßte!
Für meinen Geschmack war es etwas zu laut und ein Pfund im Baß zu viel. Das ist aber geschmackssache. Das gekürzte "Festival-Programm" geht in Ordnung. Bei dem Orchester-Gig in Butzbach war für mich das Highlight "Dun Ringill". Das habe ich hier natürlich ein wenig vermißt.
Übrigens: Das Stück "The Donkey and the Drum" hinterläßt beim ersten Mal hören nicht den Eindruck eines Meisterstückes. Ich hatte eher das Gefühl, daß ich das "Schema" (bzw. ähnliche Licks/Riffs) schon mal auf einer Solo-Platte ghört hätte. OK - hier ist das ganze mit ein paar Breaks und sonstigen Spielereien rockiger gestaltet, ...
Der Teil "America" ist gerade für´n Arsch. Also - es ist schon OK, aber es gibt einfach viel interessanteres Tull-Material, als daß man sich damit abgeben sollte. Und auch wenn es z.T. ganz witzig wirkt, so ist es die Bearbeitung einer Bearbeitung eines (mehrerer) Originals und einfach nicht kreativ genug, um Bestehen zu können. Für mich hat das was von "Onkel Ian spielt uns die schönsten Musical Melodien". Ein ähnliches Problem hat ja das "Motz´Art-Medley". Das war verkaufstechnisch im Mozartjahr sinnvoll, ist aber nicht besonders kreativ. Im kompletten Gegensatz zu Bourée ist es eigentlich nur das Original in einer leicht angeswingten Version. Da könnte fast jede Dorfkappele drauf kommen.
Wie gesagt - ich hatte meinen Spaß und bin jedesmal wieder fasziniert von IA. Dabei meine ich noch nicht einmal die Songs oder sein Flöten-/Gitarrenspiel. Ich finde viel spannender, was dieser Mann auf der Bühne so alles parallel erledigt und dabei recht entspannt wirkt. Beispiel: Er spielt Gitarre, der Song ist zu Ende, die Klampfe kommt weg, er tritt den Effekt weg, macht eine (meist recht unterhaltsame) Ansage, nimmt dabei die Flöte, bringt das Mikro an, zählt ein und beginnt den Song. Ach so - Effekt treten hätte ich jetzt fast vergessen.
Das klingt jetzt vielleicht nicht so schwer, aber wer selbst schon mal auf einer Bühne Musik gemacht hat, weiß, daß diese Kleinigkeiten einem mehr Kopfzerbrechen machen, als das Spielen selbst. Wie schnell übersieht man da etwas.
Und eines darf man auch nicht vergessen. Er steht immer im Mittelpunkt. Es gibt eigentlich (bis vielleicht auf einige MB-Solos) keine Möglichkeit sich auszuruhen. Also was ich meine: Wenn ich Schlagzeuger, Baßist, Gitarrist im Rhythmus-Bereich, etc. bin, dann kann man sich auch mal ein bißchen zurücknehmen oder "verstecken". Als Sänger geht das nicht und wenn er ein Instrument spielt, dann ist es auch immer Präsent und ganz "vorne", so daß nicht an Entspannung zu denken ist. Das soll natürlich die Leistung der anderen nicht schmälern.
Übrigens: Mein Eindruck von dem Sonntag-Konzerten auf der Loreley war, daß Tull von allen 5 Bands den klarsten/transparentesten Sound hatte. (Durchaus auch bzgl. der Stimme.) Und auch wenn die sportlichen "Hoch"-Zeiten des IA rum sind, so nimmt er den größten Raum auf der Bühne ein. Hat also den größten Bewegungsradius.
Ach eines fällt mir auf: Bei den letzten paar Konzerten gab es keine Ballons mehr. Das vermisse ich irgendwie. Das Ende / die Zugaben waren doch fast immer gleich und ich vermisse dieses Ritual geradezu. Hat er eine Latex-Allergie oder sind die zu teuer geworden?
Gruß, Thomas