Nicht der Ian hat geschrieben:Jogi hat geschrieben:Ich zähle mal das Jahr 1979 noch zu den 80er dazu. Ich erinnere an "Flying dutchman" vom Stormwatch-Album. Auch so eine musikalische Meisterleistung, die nie richtig zur Geltung kam. Leider!
Northsea-Oil bei dem heutigen Ölpreis! Oder Elegie.
Northsea-Oil währe echt mal wieder was live. Statt Elegie hätte ich aber lieber King Henry's Madrigal oder noch besser Warm Sporran. Aber am albersten wäre Old Ghosts da käme Meister Ian auch gut stimmlich hin.
Generell zum Thema Tull Alben aus 80igern:
Stormwatch ist eines der allerbesten Tull Alben, wenn auch manchmal eine etwas eiszeitliche Stimmung den Tenor der Songs angibt. Aber dies ist im zeitgenössischen Kontext sicherlich gerechtfertigt. (Ölkrise, Sowjeteinmarsch in Afghanistan etc...)
A ist ein kleines (im Sinne von kurzweilig) aber sehr feines, elegantes Intermezzo. Das liegt sicherlich auch daran, dass die LP im Sommer direkt nach der Stormwatch Tour aufgenommen wurde. Das Songmaterial hat im Gegensatz zum kalten Vorgänger, ganz neue, sonnige, swingende & jazzige Klangfarben (Eddie Jobsons elegantes Keyboards & elektrische Violine!). Dabei hat das Album stilistisch aber immer noch den grandiosen Folkeinschlag von Songs From The Wood. Es lässt sich hier andeutungsweise erahnen in welche Richtung das geniale Nachfolger Album Broadsword & The Beast geht. Ein absoluter Tull Klassiker. Kennt jeder – liebt (so gut wie) jeder! Jedenfalls ist diese Album eines meiner top 5 Tull Lieblingsalben. Mir scheint aber, dass manchmal die Keyboardsounds nicht so ganz zum eher akustisch tulltraditionellen (hier Hard-) Folkrock harmonieren. Beispiel Flying Colours ein spitzen Song aber die Synthysounds stören immens.
Nach der letzen Tour mit richtiger Bühneshow gibt’s erst mal eine Auszeit und Jethro Tull nimmt ab Januar 1984 zusammen (das waren noch Zeiten!) in Ian’s neuem Heimstudio in 8-monatiger intensivster Zusammenspiel Under Wraps auf. Ian wendet hier seine ausgereiften Erfahrungen im Umgang mit Synthysound, die er ihm Vorjahr mit Vettese's auf seinem ersten (leider etwas) sterilen Soloalbum Walk Into Light gemacht hat, perfekt und abwechslungsreich an. Man kann sagen was man will, aber Under Wraps ist, denke ich, das gewagteste Tull Album. Deshalb muß man es nicht mögen aber originell ist es auf jeden Fall. Alle anderen Nachfolger Alben waren eher auf der sicheren Seite. Under Wraps wirkt auf den ersten Höhreindruck steril, etwas überproduziert einfach zu dicht, zu komplex, überladen mit progressiven Synthesizersounds und merkwürdigen Geräuschen, die andauernd den Takt wechseln, sich ineinander verschachteln, beschleunigen oder langsamer werden und die Gitarren manchmal gänzlich überlagern. Untermalt von alles in Grund und Boden stampfenden, elektrische Drums. Über all dem dominieren Ian’s Vocals: vielfach, in nahezu allen erdenklich möglichen Stimm- und Gesangslagen eingesetzt, stellenweise gesampelt aber stets am äußersten Limit der Leistungsfähigkeit, manchmal unterbrochen von ein paar Flötenhopsern. Nach mehrmaligen hören entfaltet das Album jedoch eine Fülle ganz neuer, faszinierender brillanter Klangspektren und ist wirklich ein Genuss wenn man mit offene Ohren hinhört und den Subwoofer etwas zurückdreht.
Crest Of A Knave (1987), ist ein solides Tull Album. Für meine Geschmack aber ist Martin Barre’s Gitarre stellenweise viel zu heavy. Der Reiz, der Tull in den 70igern ausmachte: die perfekte zündende Balance von E-Gitarre und akkustischen Instrumenten, wie der Mandoline vermist man hier sehnlichst. So hat z.B. Walkin Edge zwar ein klasse Akustik – Gitarren Intro von über 1:30 Minute aber der Songs selbst, ist nicht sehr überzeugend. Bester Song des Albums ist nach meinem Geschmack Said She Was A Dancer.
Rock Island (1989) ist schon wieder viel besser, wenn auch manchmal etwas kommerziel wirkend. Hier kommt auch die verloren geglaubte Mandoline wider zum Einsatz. Viele gute Songs, leider hat Ian’s Stimme weiter gelitten und dies tritt bei seinen Vocals eindeutig hervor.
Zu Tull in den 90igern:
Catfish Rising (1991) das beste Album der 90iger. Durchwegs spitze! Wie eine Frischzellenkur und auf Tour wohl der sportlichste Ian aller Zeiten.
A little Light Music – Unplugged Live (1992) nettes unplugged Album. Wunderbare Instrumentalversion von Look InTo The Sun.
25th Annyversary Box (1993) exclusive und äußerst feine Live Mitschnitte!!! Die CD mit den Remixes hätte man sich sparen können. Die neuaufgenommene Studio CD bietet geniale Neuinterpretationen von Tull Klassikern. So z. B. die fetzige Country-Verson von Living In The Past, eine jazzige Version von Beggars Farm und vieles andere.
Nightcap Unreleased Masters (1994) Meister Ian holt nie zuvor veröffentlichte Rariritäten aus dem Regal, entstaubt diese, und legt hier und da sehr gelungene Flötenpassagen drüber.
Roots To Branches (1995) Tull plätschert im Meer der Weltmusik. Nicht wirklich herausragend aber auch nicht schlecht. Viele dieser Songs würden es verdienen wieder das eine oder andere mal auf Tour gespielt zu werden.
Dot Com (1999) Spitze Rockalbum, leider soundtechnisch schlecht prodoziert. Viel zu wenig Live seit der Albumtour. Live hätte ich gerne mal (wieder) Awol, Spiral, außerdem El Nino, Far Alaska, The Dog Eared Years sowie das tulltraditionell klingende A Gift Of Roses.
Tull heute
Christmas Album (2003) weder Fisch noch Fleisch. Außdem kein richtiges Tull Album sondern ein Onkel Ian – bastelt – was – zusammen – und – schreibt – dann – jethro – Tull drauf.
Von den vier + eine live Ian Soloalben gefallen mir am besten: Rupi’s Dance (2003) & das stellenweise leider etwas altersschwach klingende Secret Language Of Birds (2000)
Die Live CD “Ian Anderson und Mi(e)tmusiker spielen Jethro Tull Songs - dann und wann sogar mit Orchester!" ist heiter bis wolkig aber immer noch besser als die gleichnamige semiamateurhafte DVD.
Divinieties (1995) wäre ein bombastisch gutes modernes - Klassik Album, wenn man statt Keyboards ein echtes Orchester genommen hätte.
Walk Into Light (1983) war Ian’s erstes Experiment mit Synthesizersound. Highlights sind: Fly By Night: hochatmosphärisches halbinstrumentales Stück mit einer hynotischen Hookline, welches man durchaus als Klassiker in Andersons Repertoire bezeichnen. Weitere Perlen sind Made In England & Walk Into Light. Der Rest fällt deutlich ab.
Meine Meinung.
Cheers,
Stormwatcher