Sollte es woanders schon gepostet sein, dann darf der Admin es selbstverständlich löschen. Ansonsten gefunden bei http://www.sz-online.de/nachrichten/art ... ?id=869497
Auf einem Bein gespielt
Von Peter Dänhardt
Der Mann mit der Flöte ist wieder da: Jethro Tull zu Gast in Dresden.
Lange muss am Sonntag warten, wer die Helden von Jethro Tull erleben will. Lieber nix riskieren, dachten sich die Folkrocker um Kultflötisten und Sänger Ian Anderson und verlegten ihr Konzert kurzerhand von der Freilichtbühne Junge Garde in den Alten Schlachthof Dresden. Um allen die Chance zu geben, das Konzert in voller Länge mitzuerleben, beginnt die Show ein paar Minuten später. Derweil wird im Saal über unnötige Wartezeiten an der Biertheke und den Nutzen des plexi-glasumhüllten Schlagzeugs auf der Bühne diskutiert. Ersteres gehört einfach dazu, Letzteres dient dem besseren Klang. Und der ist an diesem Abend für Schlachthofverhältnisse überraschend gut. Wie einst der Rattenfänger von Hameln, zieht Anderson seit den sechziger Jahren die Massen mit seinem einzigartigen Flötenspiel an. Sein Markenzeichen ist das Spiel auf einem Bein. Das sieht zwar nicht mehr so gelenkig aus wie damals, funktioniert aber immer noch ganz gut.
Der Chef gibt den Ton vor
Der Schlachthof ist bis in die letzte Reihe gefüllt. In der Halle regieren Bierbauch und schütteres Haupthaar, das allgemeine Rauchverbot wird mit Applaus aufgenommen. Sex, Drugs und Rock ‘n‘ Roll geht irgendwie anders. Aber man wird eben nicht jünger.
Auf der Bühne schwingt Anderson das Zepter bzw. die Querflöte. Mal rockt es ordentlich, dann wird es akustisch-verträumt. Im Mittelpunkt stehen die Songs der Siebziger, besonders die von „Aqualung“, dem wohl erfolgreichsten Album der Band, dazu gibt es doch „Aqualung“-T-Shirts am Souvenirstand zu kaufen. Der Schotte hat Geschäftssinn – und Humor. Er kokettiert mit seinem Alter, referiert über russische Präsidenten und kastrierte Katzen. Dann jagt der Mann mit dem Piratenkopftuch und dem manischen Blick derwischgleich über die Bühne und fasziniert mit seinem Flötenspiel. Allerdings, das Publikum muss erst warm werden. Zumindest das Mitklatschen klappt irgendwann dann besser. Vielleicht verharrt es aber auch nur voller Ehrfurcht, staunt über die Klangkaskaden, die Keyboard und Gitarre erzeugen und in die Andersons Flötenspiel gekonnt hineinspielt, um mittelalterliches und fernöstliches Flair zu versprühen. Da wird sie wieder lebendig, die Zeit, in der es noch um handgemachte und vor allem originelle Musik ging. Fast möchte man wehmütig werden.
Nach zwei Stunden gibt es mit „Locomotive Breath“ den Jethro-Tull-Hit schlechthin – und dann ist Schluss. Mehr vertragen die müden Knochen einfach nicht.
Tull-Konzert in Dresden 05.06.05
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