Einen schönen guten Morgen aus dem Land wo die religious nutter blühen.
Dank dieser religiösen Nutter habe ich den Donnerstag nicht in Cropredy sondern zuhause verbracht. Alle Flüge nach Heathrow waren gestrichen worden. Ich habe mich aber gleich auf den ersten Freitagsflug umbuchen lassen und bin um 10.15 Uhr in Banbury aus dem Zug gefallen. Nicht so schlecht. Gerade mal 6 Stunden von Tür zu Tür, und das in Zeiten, in denen man damit rechnen muss, dass einem geistig verwirrte Mullahs eine Shampooflasche überziehen.
Zu ernsteren Themen: Nach einem sehr heissen Sommer in Germanien waren und sind die Temperaturen in England gewöhnungsbedürftig. Meine erste Frage, wie denn der Donnerstag gewesen sei, wurde mit mehr oder weniger Schulterzucken beantwortet. Nicht sehr aufregend, aber kalt. Selbst Steeleye Span (“Live at Last“ ist eine meiner Lieblingsplatten) sollen es nicht wirklich gerissen haben und Maddy Prior hatte Probleme mit ihrer Stimme. Ist ja auch nicht mehr die Jüngste. Feast of Fiddles waren wohl o.k., aber auch nicht wirklich hervorragend. Ob Mattacks nun am Schlagzeug sitzt oder in Brasilien fällt ne Bassdrum um. Aber das ist nur Hörensagen. Der Eindruck, der mir vermittelt wurde war der, dass es insgesamt etwas zu folky abging.
Der Freitag begann mit einem Glas Cider, dem sehr schnell ein zweites und ein drittes Glas folgten. Dann ging es auch schon auf’s Feld, wo die drei Gläser Cider Bekanntschaft mit einem Glas/Plastikbecher 6X machten. Die Qualität des 6X war dieses Jahr aussergewöhnlich gut und ich erschlage gleich jemanden mit einer Shampooflasche, wenn ich noch mehr Umlaute per Einf[gen einf[gen muss.
Dann habe ich einen ex-Kollegen am Cricket Pavillion getroffen und wir haben dem Old Hooky zugesprochen. Ein halbes Glas ging allerdings fuer eine Wespe drauf, die mich erwischte. Die Heileigenschaften von Old Hooky sind erstaunlich und der Stachel blieb auch nicht stecken.
Musik gab es uebrigens auch. Shameless Quo waren exakt was der Name sagt. Wer’s mag. Bei mir hoeren Quo ca. genau 1977 auf, irgendwann im August so gegen halb zwoelf. Will sagen Blue for You war die letzte hoerbare Platte bevor der Schunkelboogie Einzug hielt. Habe damals Wild Side Of Life ungehoert als Single gekauft und war schwer enttäuscht.
Die naechsten Bands habe ich gehoert, aber auch selbst viel gequatscht. Cropredy ist doch mehr ein social event mit Musikbegleitung. Bei Deborah Bonham war ich dann unten vor der Buehne. Phantastisch. Kraftvolle, phantastische Stimme, phantastischer Sound. Dann hatte ich erst einmal eine Auszeit. War immerhin seit viertel nach drei englischer Zeit auf den Beinen und 10CC wollte ich auf keinen Fall verpassen.
Vor 10CC gab sich John Martyn die Ehre. Heissa. Den Mann habe ich 1987 schon mal in Cropredy gesehen und freute mich doch sehr. Leider, leider war vom Gesang nicht mehr als Muemmeln uebrig geblieben und ich muss gestehen, dass der ganze Auftritt meine Aufnahme- und Vorstellungskraft etwas sprengte. Anderen ging es aehnlich. Hier nur ein Zitat: “It’s official now. He’s lost the plot!“. Reicht das?
Dann kamen endlich 10CC und es war ein sehr, sehr guter Gig. 10CC spielten nicht nur ihre Hits sondern auch die, die Gouldman fuer andere geschrieben hat, angefangen bei den Hollies und Herman’s Hermits (mir faellt gerade nur “No Milk Today“ ein) ueber die Yardbirds zu ahem jetzt faellt mir gerade keine Band mehr ein. Grosse, grosse Freude. Es ist unglaublich, wie viele Top Ten Hits Graham Gouldman geschrieben hat, die heute noch im Radio gespielt oder von anderen Bands gecovert werden.
Der Samstag begann, wie nun schon seit ein paar Jahren, mit Richard Digance. Und das bringt mich zu einer Frage, die mir schon seit Jahren auf der Zunge liegt und die nicht in diese Rubrik gehoert, die ich aber in Zeiten von dementen Mullahs mit Shampooflaschen dennoch stelle: hat jemand eine qualitativ vernuenftige Version von Tull in der Richard Digance Show von 1980? Tull haben damals gewissermassen unplugged erfunden. Ich habe nur eine Mittelwellen Version. Aber zurueck zu Digance. Unterhaltsam wie immer. Das Feld war trotz des fruehen Zeitpunkts schon gut gefuellt und es wurde wieder von allen ein Morris dance aufgefuehrt zu den Liedern Doing the Lambeth Walk und Bohemian Rhapsody (im Wechsel). Da es als politisch nicht korrekt gilt, Land of Hope and Glory, Jerusalem und Rule Britannia zu spielen, wurden diese Klassiker aus dem Programm fuer die Last Night of the Proms genommen. Das sagte Richard Digance jedenfalls. Also schlug er vor, die Last Night doch diesmal in Cropredy zu spielen, mit allem drum und dran. Sehr unterhaltsam.
Sam Holmes ist einfach nicht mein Ding. Texte, die von nichts handeln und auch dort enden, sind mir ein Greuel. Fahrstuhlmucke fuer Folkies. Sorry.
Grosse Freude kam auf als Dave Swarbrick ohne Hilfe anderer die Buehne betrat. Begleitet von Kevin Dempsey und Teilzeittuller Martin Maaaaaaart Allcock unter dem Namen Swarb’s Lazarus fiedelte sich Swarb durch seine Musikgeschichte. Martin Maaaaaaart Allcock bewies einmal mehr, dass er ein phantastischer Instrumentalist ist, aber bitte, bitte nicht singen sollte.
Danach gab’s Racknrall vom Feinsten: King Pleasure & The Biscuit Boys machten genau das. Racknrall. King Pleasure hatte stimmliche Probleme aber wer’s mag.
Dann wieder wat folkieges. Eine irische Band namens Derwish. Phan-tas-tisch! Statt fiepender Tin Whistle spielte deren Eien Endersen eine irische Querfloete mit wunderschoenem, tiefem und warmem Sound. Herrlich.
Glenn Tilbrook war bestimmt gut, wenn man seine Sachen kennt. Bis auf ein bis drei Titel kannte ich die Sachen aber gar nicht und auch Squeeze ist nicht wirklich eine Band auf meinem Radar.
Und Bumms! da kamen auch schon Fairport auf die Buehne. Ziemlich spaet, wenn mich meine getruebte Erinnerung nicht truegt. Am Freitag bekam die Band eine goldene Schallplatte fuer Liege & Lief. Und es waren auch alle da, ausser Sandy Denny. Das roch gefaehrlich nach einer Reunion am Samstag. Und auf die warteten nicht Wenige, doch nichts geschah. Das Fairport Konzert war gut und ich habe mich gut amuesiert, aber war doch auch ein bisschen enttaeuscht, dass weder DM noch Swarbrick noch Richard Thompson noch Ashley Hutchings auf die Buehne kamen. Vielleicht kann ja Ulla ein bisschen Licht ins Dunkel schleudern.
Ach ja, waehrend der letzten Stuecke von Fairport fing es an zu troepfeln. Nach dem Auftritt oeffneten sich wieder einmal die Pforten des Himmels. Scheisswetter. Und ich hab’ mir ne Erkaeltung eingefangen.
Und hier noch einer in Sachen The Mill und unseren kleinen Disput:
http://www.fairportconvention.com/news917
Alles in Allem ein nettes wenn auch verkuerztes Wochenende. Shampoo Flaschen, my arse. Drueckt mir die Daumen, dass mein Flug nicht wieder gestrichen wird.
KH