Anderson, der "alte Knauser"?

Allgemeine Diskussion über Jethro Tull, Neuveröffentlichungen, etc. / General discussion about Jethro Tull, releases, etc.

Moderator: King Heath

Jack Green
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Re: Anderson, der "alte Knauser"?

Beitrag von Jack Green »

Es ist dann halt doch ein Problem, wenn man Musik und alles drumherum zu einer Wissenschaft macht. Und zwar vor allem für die, die das alles noch nie wissenschaftlich gesehen haben. Ich bin selber kein besonders großer Freund von allzu genauen Analysen, wobei ich auf der anderen Seite für deren Ergebnisse in der Regel sehr dankbar bin, da ich dann für etwaige Diskussionen ("Ist Ian nun geizig oder nicht?) eine gute Basis serviert bekomme. So kann ich mich zu dem Thema im Moment nicht wirklich äußern, vielleicht mit ein oder zwei Allgemeinplätzen wie "Er ist Schotte, was soll man da sagen?" oder einem einzelnen Fall von vor soundsovielen Jahren, der mit bekannt ist ("...Glascocks Gage war wie ich mal gelesen habe recht dürftig, und Barrie war sauer auf Ian, weil er zum Begräbnis nix beigesteuert hat oder so..."). Und wenn die Diskussion hier weitergeht (ohne dass ich mich beteilige, ich kenn mich ja nix aus), hat man vielleicht guten Stoff zu dem Thema und nicht nur Gerüchte.
Unisono
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Re: Anderson, der "alte Knauser"?

Beitrag von Unisono »

Wotan hat geschrieben:Oder so:

http://www.youtube.com/watch?v=ghbj6iNPfCU
Die Szene von Loriot richtet sich gegen nebulöse, bedeutungswabernde, "moderne" Lyrik und gegen die Ehrfurcht, mit der das Publikum darauf reagiert. Nicht gegen ausufernde Abhandlungen oder gegen (pseudo)wissenschaftliche Detailverliebtheit.

Der Link trägt also zur hier ablaufenden Diskussion absolut nichts bei. Wenn schon gestänkert werden muss, dann bitte wenigstens stimmig. :wink:
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Birgit
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Re: Anderson, der "alte Knauser"?

Beitrag von Birgit »

Dann mach ich einfach mal weiter vorne weiter ;-)
Unisono hat geschrieben:
Birgit hat geschrieben:Das hatte, meine ich, mit dem jahrelangen Betttuch-Bühnenbild, dem Zugfahren 2. Klasse und dem Ausleihen eines Instruments zu tun
hatte damit zu tun, ja. Aber das sind doch keine Belege. Die sind sogar widerlegbar:
1. Ich erinnere mich an Interviews, in denen Ian Anderson davon sprach, dass er bei der DB 1. Klasse fährt (ist ja bei jemandem, der die Masse so scheut, auch naheliegend).
2. Wenn man sich entscheidet, an die 200 Konzerte im Jahr zu spielen, ist einfach nichts mehr mit aufwändigem Bühnenbild. Das geht vom Auf- und Abbau her nicht, geschweige denn von den Transportkosten. Zudem scheint mir der zunehmende Minimalismus auf der Bühne ein ästhetisches Prinzip: Die Beschränkung auf das Wesentliche.
3. Ich halte die Geschichte mit dem Akkordeon nach wie vor in erster Linie für einen Mediengag. (Belegen kann ich das nun allerdings auch nicht.)
Zumindest die andern Bandmitglieder mussten zeitweise 2. Klasse fahren, wie doch sogar ein Forumsmitglied mal mitbekommen hatte, der im selben Zug saß.
Zwischen Bettlaken-Deko und aufwändigem Bühnenbild gäbe es gewiss noch Zwischenstufen.
Was für ein Gag sollte denn das sein bei der Sache mit dem Instrument und den Frachtkosten?
Unisono hat geschrieben: Das ist eben das Gefährliche an der Selbstironie: sie wird oft nicht bemerkt und die Aussagen werden für bare Münze genommen.

Wäre es für Dich so schlimm, wenn Ian ein Knauser wäre? Er ist wahrscheinlich einfach in manchen Dingen ein Knauser (die man als "Beobachter" dann nicht unbedingt nachvollziehen kann bzw. von einen Multimillionär nicht erwarten würde - "aber von nix kütt nix").
Unisono
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Re: Anderson, der "alte Knauser"?

Beitrag von Unisono »

Birgit hat geschrieben:Zumindest die andern Bandmitglieder mussten zeitweise 2. Klasse fahren, wie doch sogar ein Forumsmitglied mal mitbekommen hatte, der im selben Zug saß.
Zwischen Bettlaken-Deko und aufwändigem Bühnenbild gäbe es gewiss noch Zwischenstufen.
Was für ein Gag sollte denn das sein bei der Sache mit dem Instrument und den Frachtkosten?
OK, Birgit, Du hast die besseren Quellen! Das mit dem Zug erinnert mich an eine Situation, als ich mal versehentlich backstage geriet (das war bei einem Konzert in Hof und ich war auf der Suche nach der Toilette) und plötzlich vor den Garderoben stand: Eine für Ian Anderson alleine und eine gemeinsame für die vier anderen Herren ...
Das hat weniger mit Knausrigkeit zu tun als mit sagen wir mal Standesdünkel, Starallüren oder wie auch immer. Nach dem Prinzip: Ich bin der Chef und reise damit automatisch eine Klasse besser und habe ein besseres Zimmer etc.

Die Sache mit dem Akkordeon schien mir einfach so ein PR-Gag. Wenn man sich vor Ort wirklich ein Akkordeon ausleihen will, dann würde man das doch über einen Instrumentenhändler und nicht von privat machen, zumindest wenn man Wert darauf legt, dass es zuverlässig funktioniert (und dieses Ziel unterstelle ich mal). Ich glaube die Geschichte genauso wenig wie den Aufruf vor einigen Jahren, als IA über die Tull-Homepage eine Freundin für seinen Sohn zu suchen vorgab.
Birgit hat geschrieben:Wäre es für Dich so schlimm, wenn Ian ein Knauser wäre?
Mir persönlich ist es durchaus egal, ob er ein Knauser ist oder nicht. Er hat alles Recht der Welt dazu, das ist seine Privatsache. Der (unterstellte oder tatsächliche) Geiz scheint aber manche Board-Mitglieder durchaus zu stören. Man nimmt dem Knauser die Knausrigkeit übel. Und da frage ich mich, warum man diesen Maßstab überhaupt anlegt. Ist es, weil es nicht zum Klischeebild von einem Rockmusiker passt, dass er vorsichtig mit Geld umgeht, dass er autoritär und kapitalistisch denkt?

Was mich zum zweiten stört, ist, dass das Attribut "knasurig" oft so unreflektiert weitergereicht wird. Deswegen habe ich mal die Sache mit den Spenden etc. zu bedenken gegeben, die ebenfalls zum Gesamtbild des Menschen und Künstlers IA gehören, zu seinem Lebensplan, den er ja durchaus in Interviews an die Öffentlichkeit trägt.

Ich habe mich in den letzten Jahren mit mit solchen Fragen - Selbstdarstellung von Musikern, vor allem Komponisten früherer Zeit, "inszenierte Biographie" etc. - auch in meiner regulären Arbeit viel befasst, deswegen interessiert es mich auch hier. Aber um die Selbstinszenierung (zu der im Falle Ian Andersons auch das selbstironische Kokettieren mit dem "schottischen Geiz" gehört) als solche zu erkennen, muss man klar zwischen Fakten und Klischeevorstellungen trennen.

Herzlichen Gruß aus Köln rheinaufwärts
Armin
King Heath
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Re: Anderson, der "alte Knauser"?

Beitrag von King Heath »

Unisono hat geschrieben:Das hat weniger mit Knausrigkeit zu tun als mit sagen wir mal Standesdünkel, Starallüren oder wie auch immer. Nach dem Prinzip: Ich bin der Chef und reise damit automatisch eine Klasse besser und habe ein besseres Zimmer etc.
Nur ungern kratze ich an Deinem schönen Weltbild von der Gleichheit, Brüderlichkeit und Freizeit, aber mein Chef hat ein Büro für sich mit eigenem Klo, während ich mir mein Büro mit zwei Kolleginnen teilen muss und für den gesamten Rest der Belegschaft auch nur ein Klo zur Verfügung steht. Und mein Chef ist weit davon entfernt, Standesdünkel oder gar Starallüren an den Tag zu legen. Kurz gesagt: das ist die Welt in der wir leben.

Kürzlich habe ich wieder mal eine Doku über Black Sabbath und eine weitere über Ozzy gesehen. Zugegeben, die waren meistens zugeballert, aber das entschuldigt niemanden davon, sich um seine ureigensten Interessen nicht selbst zu kümmern, möchte man später nicht mit leeren Händen dastehen. Das mussten Black Sabbath und auch Ozzy aber erleben. Die Jungs hatten große Häuser auf dem Land und stellten plötzlich fest, dass ihnen diese gar nicht gehörten. Und auch das Konto war merklich zusammen geschrumpft, ohne dass Kalle Wirsch seine Finger im Spiel gehabt hätte. IA hat das damals miterlebt, wie er in mehreren Interviews erzählte, und sich dazu entschlossen, seine Finanzen selbst in die Hand zu nehmen bzw. seiner werten Gattin in die Hand zu drücken. Damit ist er gut gefahren.

Ich bin mir einigermaßen sicher, dass er seine angestellten Musiker ordentlich entlohnt. Wenn die also eine eigene Garderobe möchten, können sie sich bestimmt ein "Upgrade" leisten. Warum sollte der Chef das bezahlen? Immerhin haben wir es hier nicht mit einem Riesenunternehmen und einem entsprechenden Spesentopf (tax deductable) zu tun, auch wenn IA seine Aktivitäten auf mehrere Gesellschaften (mit beschränkter Haftung) verteilt. Das ist eine kaufmännische Notwendigkeit, wenn man als Einzelunternehmer nicht ständig das gesamte Unternehmen aufs Spiel setzen möchte. Für mich hat das alles nichts mit Geiz zu tun. Und so groß ist der Unterschied zwischen der ersten und der zweiten Klasse bei der Deutschen Bahn nun wirklich nicht.
Unisono hat geschrieben:"knasurig"
Ist das nicht ein masurischer Volkstanz?

KH
Unisono
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Re: Anderson, der "alte Knauser"?

Beitrag von Unisono »

King Heath hat geschrieben:Für mich hat das alles nichts mit Geiz zu tun.
bin erfreut, dein Beitrag ist absolut in meinem Sinne!

P.S: Bei uns gehen alle aufs selbe Clo. Scheint in der Pseudo-Wissenschaft so üblich.

P.P.S. Den masurischen Tippfehler bitte ich zu entschuldigen. Da habe ich mit der Zeit fürs Korrekturlesen gegeizt.
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Birgit
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Re: Anderson, der "alte Knauser"?

Beitrag von Birgit »

King Heath hat geschrieben:
Unisono hat geschrieben:Das hat weniger mit Knausrigkeit zu tun als mit sagen wir mal Standesdünkel, Starallüren oder wie auch immer. Nach dem Prinzip: Ich bin der Chef und reise damit automatisch eine Klasse besser und habe ein besseres Zimmer etc.
Nur ungern kratze ich an Deinem schönen Weltbild von der Gleichheit, Brüderlichkeit und Freizeit, aber mein Chef hat ein Büro für sich mit eigenem Klo, während ich mir mein Büro mit zwei Kolleginnen teilen muss und für den gesamten Rest der Belegschaft auch nur ein Klo zur Verfügung steht.
Wow! In keiner Firma, wo ich je arbeitete, hatte der Chef ein eigenes Klo.
King Heath hat geschrieben: Kürzlich habe ich wieder mal eine Doku über Black Sabbath und eine weitere über Ozzy gesehen. Zugegeben, die waren meistens zugeballert, aber das entschuldigt niemanden davon, sich um seine ureigensten Interessen nicht selbst zu kümmern, möchte man später nicht mit leeren Händen dastehen. Das mussten Black Sabbath und auch Ozzy aber erleben. Die Jungs hatten große Häuser auf dem Land und stellten plötzlich fest, dass ihnen diese gar nicht gehörten. Und auch das Konto war merklich zusammen geschrumpft, ohne dass Kalle Wirsch seine Finger im Spiel gehabt hätte. IA hat das damals miterlebt, wie er in mehreren Interviews erzählte, und sich dazu entschlossen, seine Finanzen selbst in die Hand zu nehmen bzw. seiner werten Gattin in die Hand zu drücken. Damit ist er gut gefahren.
Na, dann hat er ja einen guten Grund für seine Knausrigkeit!
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