Hallo
Nun bin ich doch noch dazu gekommen, ein paar Worte über Cropredy 2013 zu berichten. Wie schön ist es doch, in Erinnerungen zu schwelgen…
Den ersten schönen Festival- Moment erlebte ich auch dieses Jahr noch vor dem eigentlichen Eintreffen auf dem Feld, nämlich in Banbury beim Verlassen der Railway Station. Es war Freitag Vormittag als ich ankam und ich steuerte definitiv nicht als Einziger mit (Ruck-) Sack und Pack auf den extra für dieses Wochenende organisierten Cropredy- Bus zu, welcher am Display jeweils gross mit „Fairport Convention“ beschriftet ist. So lernte ich bereits im Bus viele nette und vorfreudige Festivalbesucher kennen, welche bereits zum x-ten Mal teilnehmen. „How many times have you been to Cropredy?“ oder „Is this your first time?“ bekommt man immer mal wieder gestellt. Bei mir ist es, ich kann es gerade noch an einer Hand abzählen, das fünfte Mal, hintereinander und überhaupt. Im Bus lernte ich dann auch bereits meinen künftigen Camping- Nachbarn kennen, Martin, ein netter Kerl aus Brighton. Dieses Jahr konnten Frau und Kinder nicht mit, also ist er alleine angereist und hat sich entschlossen, mit mir das Backpackers- Field auszuprobieren. Praktisch, da unweit von Bühne, Dusche, Dorf, Pub und Bushaltestelle. Bei unseren anderen, schon gestern angereisten Nachbarn auf dem Camp- Feld haben wir uns natürlich unmittelbar nach Aufstellen des Zeltes auch gleich vorgestellt. Schliesslich handelte es sich um eine Handvoll netter Ladies mit ihren erwachsenen Töchtern.
Da ich dieses Jahr im Süden Englands am Wandern war (der wunderschönen Jurassic Coast entlang, später im New Forest Nationalpark) und in London noch etwas zu erledigen hatte, reiste ich erst am Freitag ans Festival. Der Donnerstag Abend hat mich auch nicht sonderlich gereizt, zumal ich mit der Musik von Alice Cooper nur mässig vertraut bin. Das bereute ich aber im Nachhinein fast ein wenig, denn jeder, ich mein wirklich jede und jeder, den ich am Festival getroffen habe, schwärmte von der absolut grandiosen Performance Alice Coopers. Jene, die ihn schon öfters live gesehen hatten, meinten gar, sie hätten noch nie eine bessere Alice Cooper Show gesehen.
Gegen Freitag Nachmittag machte ich mich gemütlich auf den Weg zum Stage Field und zur Bar, wo ich mich sehr über das Wiedersehen mit bekannten Gesichtern gefreut habe!! Schliesslich wächst einem doch die Cropredy- Gemeinde ans Herz, und wenn man lange unterwegs war und dann endlich an der Bar das erste Bier (Cider für Gewisse von uns) gezapft kriegt und mit der fröhlichen Schar anstossen darf, ist das schon ein spezieller Moment.
Hinzu kommen die netten Gespräche über Gott und die Welt, über Grossbritannien und seine Vorzüge, über Folklore und Geschichte und vor allem über Musik, von Tull über Fairport bis zu altem Blues und Rock. Allein das macht den Besuch des Festivals schon zu einem Highlight.
Das ganze Wochenende über herrschte perfektes Festivalwetter. Sonne und Wolken wechselten sich ab, so dass es nie lange zu heiss und nie zu kalt oder nass war. Ideale Bedingungen also, um die von Peggy & Co. erlesene Auswahl an Musik zu geniessen. Danny & The Champions of the World haben mir gut gefallen, die süffige Mischung aus Rock und Country kam gut an. Moulettes ist eine Britische Folk- Band, welche den Nachmittag mit abwechslungsreicher und talentierter Spielweise erheiterte. Lunasa ist ebenfalls eine nette Folk- Band, jedoch eher im traditionellen Bereich. Für Fans von Irish Folk ein guter Tipp.
Um 18.30 Uhr war es dann endlich soweit. Auf den Auftritt von Martin Barre habe ich mich schon seit der Veröffentlichung des Line-up gefreut. Als er dann die Bühne betrat war das für mich als grosser Tull- Fan schon ein spezieller Moment. Seit dem Weggang bei Jethro Tull habe ich ihn nicht mehr gesehen, also wohl über zwei Jahre. Davor mindestens zwei Mal jährlich. Da stand er also endlich, etwas nervös aber sichtlich erfreut. Vor so viel Publikum zu spielen scheint ihm gut zu gefallen. Man merkt schon, dass er kein erfahrener Band- Leader ist. Am Schluss wurde er schon fast von der Bühne geholt, weil er die Zeit überzogen hat. Das war ärgerlich da er noch einen Song spielen wollte, aber es macht ihn auch sympathisch und überaus authentisch. Man sah im die Spielfreude und den Spass wahrlich an. Was er spielte hat nicht viel mit seinem neuen Album, das ja hauptsächlich akustisch ist, zu tun. Er erwähnte öfters, dass er die alten Tull Songs mag, aber eben so richtig „heavy“. Und so spielte er die eine oder andere Perle und liess es so richtig krachen. Es brezelte, schrammte und er spielte seine Solos mit seinem unverkennbaren rotzigen Sound als ob es kein Morgen gäbe. So gut habe ich ihn noch nie gesehen! Und ich hätte es nach den miserablen Youtube- Videos auch nicht erwartet. Man kann das nie und nimmer mit der Digicam einfangen, das dient lediglich zum Andenken. Ich freute mich, ihn in seiner alten Stärke zu erleben. Die Band fand ich auch ganz gut, je länger das Konzert dauerte desto besser. Der Bassist musste Jonathan Noyce kurzfristig ersetzen und hatte nur drei Tage Zeit, sich die Songs einzustudieren; angemerkt hat man ihm das nicht.
Ich kann das Genörgel an diesem Auftritt überhaupt nicht verstehen. Im Talk Awhile Forum liest man, sein Gig sei nur durchschnittlich gewesen, „too much noodling“ und solche Dinge. Wem der bekannte Tull- Gitarrensound, der nun mal von Martin geprägt ist, gefällt, sollte ihn unbedingt live sehen. Und von wegen „noodling“, genau das macht es doch aus. Martin hat seine Gitarre bearbeitet wie ein Arbeitstier, geschrummt und hin und her mit Zwischensoli und so weiter wie zu seinen besten Zeiten. Nicht ganz salonfähig und für den reinen Folkie schwer nachzuvollziehen, das Rockerherz hingegen mag das wunderbar zu begeistern.
Dass Martin neben dem CD- Tent um 20.15 für Autogramme bereitsteht wusste ich zwar, ich wollte mir die Ansteherei aber nicht antun. Als ich so gegen 21 Uhr mal in die Richtung spazierte, traute ich meinen Augen kaum. Die Schlange war bis auf zwei oder drei Fans zusammengeschrumpft. Ich konnte ihn also ohne langes Anstehen kurz begrüssen und mir ein Autogramm holen. Ein sehr sympathischer und zurückhaltender Kerl muss ich sagen.
Das musste ich natürlich dem King Heath erzählen, dass da unten praktisch gar keine Schlange mehr ist neben dem CD- Tent. Seine Gedanken durch die drückende Blase getrübt rannte er in einer Eile runter. Ich dachte noch, wow so hab ich ihn gar nicht eingeschätzt, dass ihm das so wichtig ist. Es ging dann wohl eine Weile bis er (erleichtert) zurückkam. Am nächsten Tag fragte er mich, welche Toilette ich den meine wo man nicht anstehen müsse, da unten war ja eine Schlange wie selten zuvor.
Jaja, so redet man aneinander vorbei. Schlussendlich hatten wir aber wohl beide was wir wollten.
Am Samstag war das Fringe Festival im Cropredy Village in vollem Gange. Im Brasenose spielten am Nachmittag Willie and the Bandits knallharten Bluesrock. Die sind echt richtig gut. Mein Zeltnachbar und ich sind aber eigentlich wegen Leatherat hingegangen, die hab ich nämlich vorletztes Jahr verpasst. Die Mischung aus hartem Rock und Folk brachte ganz schön Stimmung; der Hinterhof des Brasenose war bis auf die letzte Ecke gefüllt. Mir persönlich gefiel allerdings nur so die erste Halbzeit von Leatherat, die einzelnen Stücke ähneln sich dann doch recht stark.
Um im Brasenose bei dieser Stimmung ein Bier zu bekommen, muss man sich in eine von drei parallel verlaufenden Queues einreihen, das ist dann quasi eine „Fliessbandbar“. Es gibt aber eine schöne Auswahl an Bieren und Cider. Sehr empfehlen kann ich die kleinen Kartoffeln, welche draussen im Brasenose mit verschiedenen Zutaten quasi als Eintopf angeboten werden. Die schmecken fantastisch und sind vergleichsweise günstig.
Während des Cropredy Festivals läuft so viel, man müsste sich mindestens dreiteilen können, so dass man gleichzeitig vor der Bühne, an der Bar und im Village sein kann.
Da dies nicht möglich ist, habe ich Brooks Williams leider verpasst, den Blues- Gitarristen hätte ich zu gerne gesehen. Die Dunwells hab ich dafür teilweise mitgekriegt, fand ich aber nicht so berauschend. Peatbog Faeries ist eine Band von der Isle of Skye, das allein klingt für mich schon interessant. Ihre Musik bezeichnen sie als „celtic dance music“, was ungefähr hinkommt. Es handelt sich um eine seltsame Mischung aus schottisch geprägtem Folk, verpackt in oftmals ausufernde Tanzrhythmen. Wirklich toll!
Am Abend spielten dann Fairport Convention ihren dreistündigen Gig. Wie üblich ein Highlight des Festivals, mir hats gut gefallen. Special Guests waren James Wood (Excalibur) und Martin Barre. Zusammen gaben sie ein paar Songs vom Excalibur Musical zum Besten, und Martin Barre spielte ein unglaubliches Gitarrensolo.
Nach ein paar Bier und Gesprächen mit italienischen Vertretern der Tull- Fanschaft wars dann schon wieder vorüber, wie immer viel zu schnell und mit vielen bleibenden Eindrücken.
Ich freue mich auf ein nächstes Mal und grüsse euch recht herzlich!
Als Andenken für jene die da waren oder gerne da gewesen wären, hier noch ein paar Eindrücke vom Festival.
http://chris-j.piranho.de/crop13/9013_Cropredy.jpg
http://chris-j.piranho.de/crop13/9024_C ... Lunasa.JPG
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http://chris-j.piranho.de/crop13/9029_C ... nBarre.JPG
http://chris-j.piranho.de/crop13/9036_C ... nBarre.JPG
http://chris-j.piranho.de/crop13/9040_C ... nBarre.JPG
http://chris-j.piranho.de/crop13/9041_C ... nBarre.JPG
http://chris-j.piranho.de/crop13/9071_C ... andits.JPG
http://chris-j.piranho.de/crop13/9077_Cropredy.JPG
http://chris-j.piranho.de/crop13/9094_C ... ention.JPG
http://chris-j.piranho.de/crop13/9113_C ... reWood.JPG
http://chris-j.piranho.de/crop13/9116_C ... ention.JPG
Martin Barre – Away with Words:
http://www.youtube.com/watch?v=OH7kEqq6 ... ZS6dUuNjLw
Martin Barre – Watch Your Step:
http://www.youtube.com/watch?v=ZbJu8MIa ... ZS6dUuNjLw
Martin Barre – Song for Jeffrey:
http://www.youtube.com/watch?v=Ia-p2Yq6 ... ZS6dUuNjLw
Fairport Convention – Hiring Fair:
http://youtu.be/pyWZmNuMW18
Viele Grüsse
Chris