Ich persönlich finde das schon einigermaßen erstaunlich, dass wir uns hier in diesem Forum noch immer ernsthaft mit diesem Thema auseinander-
setzen (müssen...
) Denn was Du, lieber Dietmar, so wortreich und treffend beschreibst ist sehr richtig.
Ich bin jetzt seit 26 Jahren "dabei" und schon damals hatten wir diese Diskussion. Und ich erinnere die 25th Anniversary Tour noch sehr genau! Und
ich war damals noch jung und überaus enthusiastisch - aber während dieser Tour hatte ich manchen Abend aber doch erhebliche Sorgen ob der nächste
Abend überhaupt noch stattfinden sollte. Damals hab' ich mir das in der Tat schöngeredet! Im wahrsten Sinne des Wortes: Ich wollte einfach nicht wahrhaben, dass dies tatsächlich der Status Quo sein sollte. Allerdings war das im Mittel schon der Fall. Es gab damals immer wieder den einen oder anderen Abend wo er ordentlich fetzte, was dann aber stets dazu führte, dass der nächste oder übernächste Abend schlicht eine Katastrophe war. Damals hat er dieses Manko dann viel durch die schlichte physische Präsenz (Performance und Fitness) wettgemacht. Damals waren Tull noch richtig laut. Sowohl im Auditorium wie auch AUF der Bühne. MB hatte die Amps noch auf 10 und überhaupt war das damalige Set-Up nicht viel anders wie noch zu Zeiten als IA noch
voll bei Stimme war. Die "physische Performance" tat ihm im Übrigen in Bezug auf den Gesang auch nicht gut - denn dieser "Leistungssport" den er damals noch absolvieren konnte, kostete schon ordentlich Puste. Ich erinnere mich an Konzerte, an denen man die Texte wörtlich von den Lippen ablesen musste. Der Gesang war schlicht nicht zu hören. Spaß gemacht hat es trotzdem......
. Aber ich dachte damals schon, dass es nicht mehr lange dauert und Tull ist vorbei.
Mitte der 90er kamen dann die Experimente mit neuer Technik. Das Headset auf der Roots Tour funktionierte mal besser, oft auch nicht so gut, aber ich glaube zu dieser Zeit fingen sie an mit In-Ear Monitoring, was es zumindestens für Ian ein bischen einfacher machte, weil es auf der Bühne nicht mehr so laut war.
Deutlich bessser wurde es dann wenig später, als er ein bissl dicker und weniger beweglich wurde. Seitdem wurde konsequent daran gearbeitet das irreversible Gesangsmanko durch verschiedende Maßnahmen zu kompensieren (die Duschkabine wurde immer größer bis Doane in den letzten Jahren mit Rods anstatt Sticks spielte) und der ganze Vortrag wurde "kammermusikalischer" und verlor in der Tat das rohe Rock'n'Roll - Feeling. Es war und ist seitdem ein Kompromiss, der allerdings im Laufe der Jahre immer ausgefeilter wurde. In den vergangenen Jahren hat das Team (und hier vornehmlich James A. und Mikey D.) einiges getan um Ian hier das Leben ein wenig leichter zu machen und dem Konsumenten eine stabilere und vor allem einen rundum akzeptableren Kompromiss anzubieten (angefangen mit Kleinigkeiten, wie z. B. der Platzierung des DrumKits am Bühnenrand, aber auch etwas elaboriertere, technische Maßnahmen). Und diese Maßnahmen funktionieren m. E. sehr gut. Ich hatte in den letzten Jahren niemals mehr "Angst" wenn ich ins Konzert ging. Das seine Stimme heutzutage (oder sagen wir besser seit 1985....
) relativ dünn ist, ist ja kein Geheimnis. Und auch IA selbst präsentiert sich auf seinen Studioaufnahmen nicht besser als er ist, was technisch ein leichtes wäre. Seit Roots nimmt er sich so auf, wie er eben klingt.
Der Phrasierung und die Art und Weise wie er "singt" ist eben seiner Stimme geschuldet. Ich kann verstehen, dass das jemand nicht mag.....ich mag' es noch immer sehr. Ändern kann er es nicht mehr - und wir auch nicht. Und speziell auf "Homo Erraticus" gibt er im Rahmen seiner Möglichkeiten wirklich alles. Und das ist eben Ian Anderson heute. IA ist kein großartiger Sänger mehr - aber mich berührt diese Stimme noch immer. Und die Tatsache das heute Ryan O'Donnell an Bord ist, ist ebenfalls ein Kompromiss um genau dieses Manko auszugleichen. Ryan - und ob man das nun gut findet, oder nicht - ist sicherlich einen weiteren kontroversen Thread wert. Aber es bleibt festzuhalten, dass die Entscheidung einen weiteren Sänger und Performer ins Boot zu holen, sowie die Art und Weise wie er in Szene gesetzt wird, für einen Menschen, dem in verschiedenen Internetforen Realitätsverlust und ein übergroßes Ego bescheinigt wurden ein recht bemerkenswerter Schritt ist.
Und Du, lieber Dietmar, hast hier in den vergangenen Tagen für mein Empfinden sehr viel Wahres gesagt. Sehr schön fand' ich Deine Aussage, dass man das i. d. T. nicht mehr als Jethro Tull bezeichnen kann vor dem Hintergrund des Ryan O'Donnell. Sehr schön.........und sehr richtig, da bin ich in dieser Form selber wirklich nicht drauf gekommen, aber das macht ausgesprochen Sinn.
Das Ian grundsätzlich FALSCH singt, ist mir ehrlich gesagt so auch nie aufgefallen. Er singt "speziell". Er ist nicht mehr der Sänger der mit Leichtigkeit die Töne "TRIFFT".....er schraubt sich in die Höhen. Hat er übrigens nie anders gemacht, btw. Nur früher hatte er eine wunderschöne und verhältnismäßig voluminöse Stimme - die ist halt kaputt, seit gut 30 Jahren. Die "Schönheit" ist unwiderbringlich weg. Aber grundsätzlich "falsch" und "schief" und außerhalb der Harmonie....neee, ist mir auch nie aufgefallen. Er ist halt Ian Anderson und er ist und bleibt mein
"Lieblingssänger"! Punkt. Da für den "Fan" mehr drin als Pitch auf den Punkt und "Treffsicherheit" im Sinne der Playstation RockBand-Spiele...
! Charismatisch ist das Stimmchen auf jeden Fall!
Wenn die Tatsache das man das noch mag, von mangelndem Sachverstand zeugen sollte, so sei es. Dann haben ich und Du und viele andere eben keine Ahnung. Aber wir befinden uns in guter Gesellschaft mit Bob Dylan, Lindenberg, Tom Waits und Motörhead Liebhabern....
So - viel zu viele Worte zu einen Thema, welches für mich gar keines mehr ist...
. Ich hab' mir mal die Liverpool Videos angeschaut: Und damit ich auch mal was zu "meckern" hab, muss ich sagen, dass ich die Glatze und die Brille ok finde. Aber ich find es schade, dass er wieder die langweilige Buchse und die doofen Rentnerhalbschuhe trägt (immernoch besser als Sandalen hihihihi). Ich fand' nämlich das IA während der TAAB Shows mit dieser Pumphose und den (offenen) Stiefeln endlich mal wieder wie der Ian Anderson aussah, den ich am liebsten hab......
. Aber das war ja schon immer so....irgendwas ist immer...
Hauser (mit besonderen Grüßen an Kienzle)
I wish I was a Catfish, swimmin' in the deep blue sea....