Ja, das ist eine sehr traurige Nachricht. Ich habe mir gestern die Augen aus dem Kopf geheult und dabei das "Benefit" Album gehört und den Bass besonders laut gedreht.
Dabei erinnerte ich mich an meine erste Begegnung mit Glenn, die wirklich dramatisch war. Vielleicht habe ich sie schon mal erzählt, aber heute ist ein Tag, an dem man sie wiederholen kann.
Es war einen Tag vor dem Cropredy-Festival 1996 und ich war bei Clive. Wir warteten auf meine Freundin Simone, die aus London mit dem Zug kommen wollte und bereiteten einen Grillabend vor. Ich schnippelte gerade Kartoffeln für einen Salat, als Clive sagte: "Mach ein bisschen mehr, Glenn Cornick kommt ebenfalls und will morgen mit dir nach Cropredy fahren." "Wow", dachte ich, "damit lerne ich endlich auch den letzten Mann des ersten Line Up kennen."
Um kurz nach 17 Uhr ging das Telefon, Glenn war dran.
Clive: "Hallo, bist du am Bahnhof? Ich bin in 5 Minuten bei dir."
Glenn: " Nein, es gab ein Zugunglück und der Wagen, in dem ich bin, liegt auf der Seite. Wir warten auf die Feuerwehr, dass die uns hier rausholt. Ich rufe wieder an."
Schock, Horror!!!
Wir schalteten den Fernseher ein und sahen erste Bilder vom Unglücksort. Sah nicht gut aus. Und Simone war nicht zu erreichen. War sie im gleichen Zug gewesen?
Ich starrte auf den Bildschirm, um irgendwo ihre roten Haare zu sehen.
Dann rief Glenn an. Er war im Krankenhaus, wo seine Schnittwunden versorgt wurden. Clive fuhr hin mit meinem Auftrag, nach Simone zu suchen. Es gab eine Hotline für Angehörige, die aber permanent besetzt war. Ich ließ einen Freund aus London dort ständig anrufen, um Clives Telefon frei zu halten, falls Simone sich melden würde. Währenddessen rannte ich zwischen Küchenfenster und Fernseher hin und her und betete laut Rosenkränze.
Dann rief Clive an. Er hatte Glenn im nächsten Pub gefunden, von Simone keine Spur.
Abends um 21 Uhr hielt plötzlich ein Taxi vor der Tür und ------ Simone stieg aus. Sie war im nächsten Zug gewesen, der auf offener Strecke hielt und sie wurden dann mit Bussen weitertransportiert.
Kaum hatte ich mir die Freudentränen aus den Augen gewischt, ging wieder das Telefon. Ich erwartete Clives Anruf und brüllte sofort in den Hörer: "Sie lebt!!! Simone ist da!" Eine unbekannte Stimme meinte: "Interessant. Erzählen Sie!" Und in meiner grenzenlosen Freude erzählte ich die Geschichte. Irgendwann fragte ich aber dann doch: "Mit wem spreche ich eigentlich?" Der Mann stellte sich als Reporter der SUN vor und fragte: "Spreche ich mit dem Anschluss von Clive Bunker und hat eben ein gewisser Glenn Cornick aus dem verunglückten Zug diese Nummer gewählt?" Ich war sprachlos. Er wollte sofort vorbeikommen, aber ich untersagte es ihm, weil ich ja noch nicht wusste, wie es Glenn überhaupt ging.
Und dann kam er. Und stank erbärmlich nach Sojasoße. Denn ein Mitreisender hatte eine riesige Flasche von dem Zeug ins Gepäcknetz gelegt und bei dem Crash war diese auf Glenn zerschellt. Daher die Schnittwunden. Seine Klamotten landeten sofort in der Waschmaschine und wir begannen eine Überlebt-Party. Glenn war unheimlich gut drauf, lachte sich kaputt über das Schild in der Krankenhausambulanz "Walking Wounded" und fragte sich, ob er das Bahnticket erstattet bekommen würde, da er ja nur bis Watford Junction gekommen war.
Dann begann das Telefon zu klingeln und hörte nicht mehr auf. Alle riefen an: The Sun, The Times, Daily Mail, Independent,....
Irgendwann fragte ich Glenn, woher die alle Clives Geheimnummer hätten. Es stellte sich heraus, dass eine Krankenschwester Jethro Tull Fan war, Glenn erkannt hatte und die Nummer, unter der er zu erreichen war und die er im Krankenhaus hinterlassen musste, für teuer Geld verkauft hatte. Netter Fan
Am nächsten Morgen fuhr ich früh los und kaufte alle Zeitungen. Glenn hatte es auf mehrere Titelseiten geschafft. Aber als der die Fotos sah, da kam doch der Schock durch.
Einige Wochen später hatte er einen Herzanfall und eine Bypassoperation. Typisch Amerikaner, der er inzwischen geworden war, verklagte er die Bahn mit der Begründung, dass der Unfall der Auslöser seiner Herzprobleme gewesen sei. Er hat den Prozess gewonnen. Und auch das haben wir wieder ordentlich gefeiert.
Hier die Details:
http://en.wikipedia.org/wiki/Watford_rail_crash
Wir haben viele unvergessliche Momente miteinander erlebt: die 2. Convention, wo er am Abend vorher in meinem Heimatdorf in der Kneipe versackte; Frikadellenessen bei Clive (Glenn verputzte 6 Frikadellen); die Tour mit Wild Turkey und vor allem die Tage in Wales; die Conventions in Italien; die Partys in London;...
Ich werde diesen unglaublich sympathischen und stets gut gelaunten Mann wahnsinnig vermissen.