Nightcap hat geschrieben:Ich denke auch, dass der CT gut auf das Album gepasst hätte, wobei ich eindeutig zu denen gehöre, die es immer für ein schwächeres Album gehalten haben, gerade im Vergleich mit den "Über-Alben" MITG, SFTW und HH.
Weiß nicht, woran es liegt, vermutlich waren mir dann doch irgendwann zu viele Orchestermusiker am Werk.
Kein richtig rundes Album, mit dem langweiligsten Titelsong ever.
Es liegt vermutlich daran, dass es nicht so sanft ins Ohr geht. Too Old ist sperrig, gerade wegen der hier und da etwas süsslich-orchestralen Klänge. In der Zeit, in der es entstand, galt es als wenig gelungenem, vielleicht zu gewolltem, Nachfolger von Minstrel. Aber mit der Rockmusik ist das auch immer eine Generationensache, und die Generationen lagen in den 70ern eng beianander. Wenn man, wie ich, den Sprung von A Passion Play direkt zu Too Old To Rock'n'Roll (Single Version - B-Side Rainbow Blues) gemacht hat, eröffnete sich zwischen den drei Polen eine unglaublich musikalische Brandbeite, die es dann noch zu füllen galt. Songs und Repeat waren zwar meine nächsten Alben - wenn mich die Erinnerung nicht trügt -, aber dann kam schon Too Old und hat mich gleich richtig weg geblasen. Kleiner Einwurf: Too Old war die erste LP von Tull die ich auf einer Geburtstagsfeier am 5. Januar 1977 in den Händen hielt und vom Cover schwer angetan war. Ich hab' sie auch gleich aufgelegt. Sie wurde noch während Quizz Kid vom Plattenteller gerissen und vermutlich durch "Lady in Black" ersetzt. Soviel zur Popularität.
Warum Too Old auch heute bei Afficionados so unbeliebt ist, erklärt sich mir überhaupt nicht. Sowohl musikalisch als auch textlich ist die Platte ein Hammer. Das Too Old Intro zu Quizz Kid ist großartig. Quizz Kid selbst ist John Glascocks offizieller Auftritt auf der Tull-Bühne und das Beste, was ein Bassist bei Tull bis dahin zu bieten gehabt hat - und die Produzenten geben ihm Raum. Selten bei Tull (außer auf Stormwatch, als IA selbst die vier Saiten gezupft hat - wonder of wonders). Der Text von Quizz Kid gehört zum Besten, was IA jemals produziert und zu Musik gesetzt hat. Auf Songs findet sich textlich nichts gleichwertiges, außer vielleicht Hunting Girl. Bei Heavy Horses fallen mir schon drei ein, Mouse Police (personal favourite), No Lullaby und Journey Man (personal favourite).
Auf Too Old geht's weiter mit Crazed Institutions, einem der besten Zeitkommentare zu den 70ern. Vor allem textlich, aber auch musikalisch (wieder dieser geniale Brittledick Bass). Salamander ist in meinen Ohren eine Weiterführung von Cold Wind To Valhalla. Und Taxi Grab habe ich - sehr zum Missfallen meiner Tochter - vor mich hinzitiert (nicht gesungen!), als ich in diesem Sommer mit ihr durch London gelaufen bin. In meinem Kopf aber brannte die Musik. Was für ein Rocker! War für ein Riff! Inklusive Slide-Guitar.
Mit From a Dead Beat habe ich vor 20 Jahren schon alte Punker von der Qualität der Musik überzeugen können. Ob das für diesen herrlich schmalzigen Song spricht? Vermutlich schon. Das Geheimnis liegt im Titel.
Bad-eyed and Loveless ist eine der feinsten (und kürzesten) Beobachtungen über Frauen, die es nicht Wert sind. Sorry girls, aber der Song ist eine Warnung für Männer, die gerne mit dem Schwanz denken.
In diesem Sommer habe ich ein paar Tage in Brighton verbracht und obwohl sich das Stück auf Blackpool bezieht, weht in Brighton noch immer (erstaunlicherweise) der gleiche Geist um die Ecken, der in Big Dipper besungen wird. O.K., die alten Säcke sitzen nur noch rum und würden vermutlich auch nur gegen Bezahlung den Big Dipper besteigen, aber sie sind noch da. Und auch die eine oder andere Triumph Bonneville steht im Schatten vom Brighton Pier. Musikalisch ist Big Dipper nun wirklich einer der feinsten Tull Rocker aller Zeiten. Was da alles abgeht. Und der Gesang. Göttlich. Elvo pur!
Und schon sind wir beim Titelsong. Ich finde den auch kitschig, aber "tongue in cheek", wie der Engländer sacht. Das ist feine Ironie, in Text und Musik - 'nough said. Außer vielleicht, dass es mich als dreizehnjährigen echt angefixt hat. Und ich habe deutschen Schlager gehasst, inklusive Pussycat aus den Niederlanden.
Mit Pied Piper hat der presbyritanisch erzogene Rockstar bestimmt versucht, textlich und musikalisch ein bisschen seine Jugend nachzuholen. Seit mehr als dreissig Jahren versuche ich - immer auf der Flucht vor meiner eigenen Midlife Crisis - den Song nachzuspielen. Ist mir bislang nie richtig gelungen. Entweder bin ich so schlecht (nicht auszuschließen) oder der Song ist so gut (sehr wahrscheinlich).
Chequered Flag kann ich spielen und liebe Text und Musik. Ich kann verstehen, wenn man hier an seine Kitschgrenze stößt, aber wie oben erwähnt, sieht man auch hier ein Funkeln im Auge des Sängers, den nur Idioten als Reflektion einer künstlichen Träne im Auge des Studioscheinwerfers sehen - und ich rede ausdrücklich nicht vom Weekend Special.
Vermutlich bin ich zu sehr mit dem Album in seiner ursprüngliche Form verhaftet, aber ich kann den Commercial Traveller hier nicht - und ich benutze jetzt ein Wort, das ich zutiefst verabscheue - verorten. Wo soll er reinpassen? Ist er der Mann von Salamander? Wohl kaum. Die ist nicht mit einem Handelsvertreter verheiratet oder auch nur bekannt ("...wonder what are Charles and Rodney doing tonight?").
Musikalisch bläst mich das Stück weg, aber konzeptionell passt es nicht zu Too Old.
Kommercial Heath