Carrousel

[Marengo]

Ich hatte bereits bei anderer Gelegenheit einmal gepostet, dass neben meiner Leidenschaft für laute Gitarren in meiner Brust auch ein grosses Herz für "klassische" Pop-Musik schlummert. So hatte ich irgendwann vor knapp zwei Jahren auf youtube einen Song namens "J'avais rendez vous" einer gewissen Band aus der Schweiz namens Carrousel entdeckt. Das war Pop pur und von daher auch im nationalen ESC-Wettbewerb der Schweiz gewesen, wo es den zweiten Platz belegt hat. Das Stück gefiel mir spontan, und so war es für mich nur konsequent, die Band oder das Duo oder was auch immer mich erwarten sollte in Münster anzuschauen. Ich war völlig unbedarft und wußte lediglich, dass die Stimmen, die mich spontan faszinierten, Sophie Burande aus Frankreich und Léonard Gogniat aus der Romandie gehörten. Der Legende nach haben die beiden sich zufällig in Frankreich beim Musizieren auf der Straße getroffen und sind seitdem beruflich und privat ein Paar. Wenn es nicht stimmt, ist es zumindest gut erfunden.

An jenem Abend sah ich im Hot Jazz Club eine Band in Vierer-Besetzung, wie ich sie selten erlebt habe. Erste Überraschung: Eine hochschwangere Sophie Burande tanzte und wirbelte über die Bühne! Zweite Überraschung: Besagter Hit war nicht die Ausnahme, sondern nahezu jedes Stück ging sofort ins Ohr und in die Beine. Ich kannte rien und war von dieser Mischung aus Pop, Chanson Nouvelle und was sonst noch dennoch spontan gefangen. Die Musik war heftig tanzbar und sehr eklektisch, was man schon an der Instrumentierung merkte. Das ging von Gitarre, Keyboards, Schlagzeug über Quetschkommode, Ukulele, Glockenspiel, alle Arten von großen und kleinen Spieldosen usw.. Sophie und Léonard harmonierten gesanglich blind. Der Gesang folgte immer einem Muster (sie, er, beide) und wirkte daher zwar etwas berechenbar, aber perfekt. Die Stimmen sind für mich das Herz von Carrousel. Natürlich hörte man die romanischen Wurzeln deutlich heraus und beide sangen (und singen) auch ausschließlich auf Französisch. Das störte mich aber nicht, im Gegenteil. Ich finde immer noch, dass "Ella elle l'a" von France Gall (RIP) einer der größten Pop-Songs aller Zeiten ist. Wunderbar. Man braucht auch bei Carrousel eigentlich nicht unbedingt zu verstehen, worum es in den Texten geht, wenn man einfach der Musik lauscht. Dummer Spruch, aber Musik ist eine universale und zeitlose Sprache.

Zuhause brannte ich mir den Mitschnitt für's Auto, da ich in den letzten Jahren eine eher kreative Beziehung zu Musik entwickelt habe und eigentlich nur auf längeren Autofahrten etwas zu Unterhaltungszwecken höre. So wurde ich zum absoluten Carrousel-Fan. Ich weiß wirklich nicht, wie oft ich dieses Münster-Konzert gehört habe. Im Radio hörte ich dann letztes Jahr im Spätsommer oder Herbst ein Stück, dessen Namen ich nicht kannte, das aber zweifelsfrei von Carrousel sein mußte. Ich brachte in Erfahrung, dass es eine neue LP/CD namens "Filigrane" gab und besagtes Stück "Plus de Couleurs" heißt. Gute-Laune-Musik, gemeint ist, dass man mehr Farben in sein graues Leben bringen soll. Also Tourdaten checken und nach Hameln fahren, erneut, ohne die CD, die ich mir dann vor Ort gekauft habe, zu kennen. Konnte das ein zweites Mal gutgehen? Und ob. Los ging's mit einer Fünfer-Besetzung (Bassist an Bord), einem richtigen Intro und einer sogar recht laut daherkommenden starken uptempo-Nummer, von der ich nach dem Konzert erfahren sollte, dass sie "Ç'est la Vie" heißt. Ging natürlich sofort ins Ohr. Incroyable! Dazu eine diesmal nicht schwangere Sophie, die über die Bühne tanzte und wirbelte. Ich war wieder geflasht. Die neuen Sachen waren (fast) alle stark und absolut modern arrangiert. Das hatte gar nichts mehr von Chanson. Die alten Sachen, die ich in den eher traditionellen Arrangements kennen- und liebengelernt hatte, waren zum Teil auch radikal verjüngt. Eine bewußte Entscheidung weg vom von manchen Menschen als verstaubt angesehenen chansonesquem Einschlag hin zu moderner Popmusik und modernen Grooves, nehme ich an. "Filigrane" ist im wesentlichen exzellent gemachter Pop, wobei einige Stücke doch noch etwas an die alten Zeiten anknüpfen, z.B. teilweise die Ballade "Papier buvard", die aber ganz und gar nicht balladesk endet. Carrousel anno 2017 hatte nichts von der Spielfreude und dem Zauber verloren: Stimme, Stimme, Stimme plus Melodie, Melodie, Melodie plus musikalisches Können plus Charisma plus französischer Charme (Guten Abend Ameln):-) Und -für eine "kleine Band"- eine fette Produktion mit einem Geflecht aus Reflexionsstreifen im Hintergrund und einer primär in Dunkelblau gehaltenen, wenn sie denn an war, Beleuchtung mit weißem Gassenlicht. Fuck Cameras. Wollte sagen Merde... Sah aber in der Halle wirklich gut aus. Richtige Tiefe, Schattenspiele, mehr ahnen als sehen und bei Plus de Couleurs dann einmal Farben.

Die Band ist zur Zeit auf Tour in Deutschland, die aber schon fast wieder vorbei ist. Ein paar Shows im Süden kommen noch. Ich habe sie in Bochum und Cloppenburg gesehen. Sophie und Léonard wollen den deutschen Markt aufrollen. Hoffen wir, dass es funktionniert. Die beiden sind grundsympathische liebe und liebenswürdige Menschen mit einer richtig "künstlerischen" Ader und massivem Pop-Appeal. Merci beaucoup pour votre générosité. Vive la France! Vive la Suisse! Vive la musique!

https://www.youtube.com/watch?v=zpbLqn8FRRI

[Whistling Catfish]

Witzig, das Du das ausgerechnet jetzt postest. Habe ich doch zufälligerweise in den letzten Tagen just einige wirklich sehr schöne Live-Mitschnitte dieser Combo in meinem Auto auf den Weg von und zur Arbeit gehört! Sachen gibts! Ich find die auch gut - vor allem sehr angenehm am Ohr! Und Frauen die in Zungen singen und sprechen die ich nicht verstehe fand ich schon immer sehr charmant! Und am Ende verstehe ich die auch besser....

[Marengo]

Bonjour Monsieur le Kotzefiche!

Je suis très heureux que vous aimez cette musique. Ç'est vraiment incroyable. Vive la France! Vive la Suisse! Vive Carrousel! Vive Sophie! Vive Léonard! Vive l'Empereur! Vivent tous les groupes musiquales avec des chanteuses que vous ne comprenez pas! Vivent les femmes! La musique est une langue universelle. Et le français est la langue de la poesie et de l'amour:-) Et en anglais je parle avec mes chevaux (Bonmot de Henry Viii). Malheureusement mon français et un peu...merde.-)

Votre Marengo