Jethro Tull in Münster 1980
Verfasst: So Sep 02, 2018 8:57 pm
Ich werde hier einmal die lokale Presse -in nicht chronologischer Reihenfolge- über die Tull-Konzerte in Münster sprechen lassen, evtl. mit ein paar Anmerkungen meinerseits. Los geht's mit dem Stormwatch-Konzert am 20.03.1980.
Am 15.03. meldete die lokale Tageszeitung (WN):
Donnerstag, 20. März:
Jethro Tull" gastieren in der Halle Münsterland.
Ian Anderson und seine famose Truppe wieder einmal in Münster.
Achtung: Nach letzten Informationen ist das Konzert restlos ausverkauft. Nichts geht mehr.
Am 19. dann diese Anzeige:
Wer verk. Jethro Tull-Karte? Tel. xxxxxx
Und am 22.03. dann diese euphorische Kritik, die voll und ganz meiner Erinnerung an dieses denkwürdige Konzert entspricht:
Jethro Tull machte Halle zum Tollhaus
Die sechs Mann von der englischen Rockformation Jethro Tull sollten sich einen neuen Namen zulegen: vielleicht Jethro Tollhaus. Denn in ein solches verwandelten sie die Halle Münsterland am Donnerstagabend. Die die Halle bis unters Dach füllende Zuhörerschaft hatte während des Konzertes schon jedem Titel begeistert applaudiert. Als dann die beiden Zugaben angestimmt wurden, stürmte alles nach vorne, stand auf den Stühlen, tanzte und hüpfte herum.
Jethro Tull, schon 1968 gegründet, ist wohl diejenige Gruppe der alten Garde, die das meiste an Ausdruckskraft und Intensität in die 80er Jahre herübergerettet hat. Denn das Konzert besaß alles, was ein erstklassiger Rock-Act besitzen sollte. Kraft, Dynamik, Farbe, Gags, ein wenig Comedy-Show, gut aufgelegte Musiker und vor allem Rock und nochmals Rock, abwechslungsreich und voller Intensität wie eh und je. An der Musik stimmte einfach alles. Diese Mischung aus hartem rhythmisch vertracktem Rock und balladesken Stücken, akustischen und elektrischen Passagen, mitreißend gespielt in einem überzeugenden, homogenen Gruppensound, besitzt immer
noch ihren eigentümlichen Reiz. Auch Ian Anderson ist der alte geblieben. Der wie immer mittelalterlich gekleidete, unumstrittene Mittelpunkt der Band sprang wie ein Derwisch über die Bühne. Er zog alle Register seiner Kunst. Die verrückte Mimik, die dauernd nervös gestikulierenden Hände, der Gesang, unverkennbar, unnachahmlich in seiner Art, seine Songs, sein meisterhaftes Flötenspiel, ebenso das auf der Akustik-Gitarre, kurz gesagt: es beindruckte.
Die fünf Musiker um ihn herum waren keinesfalls nur seine Begleiter. Sie lieferten nicht nur den perfekten Background, sondern stellten auch ihre eigenen Fähigkeiten unter Beweis. Martin Barres harte Gitarrensoli überzeugten. Dave Pegg am Baß, erst seit vorigem Jahr dabei, konnte seine Folkrock-Vergangenheit nicht leug-nen. Einige folkige Instrumentals gingen auf sein Konto. Barrimore Barlow demonstrierte während eines ausgiebigen Schlagzeugsolos Präzision und Virtuosität. Und die beiden Tasteninstrumentalisten David Palmer, der ruhende Pol, auch am Saxofon zu hören, und John Evans, Komödiant und Grimassenschneider, umrahmten das Ganze.
Die Gruppe schöpfte aus dem Vollen ihres umfangreichen Repertoires. Sie spielte vornehmlich Stücke aus den letzten Jahren, dabei sehr lustig dargeboten „Stormwatch", der Titel-song der letzten LP. Besonders gefeiert aber wurden Songs wie „Aqualung", „Thick as a Brick", oder „Locomotive Breath"; alte Stücke, die heutefast anachronistisch anmuten. Zuletzt griff Ian Anderson nochmals zur Gi-tarre,' er sang eine Zeile, grinste hämisch, plötzlich ein Schuß aus der Konfetti-Kanone und das Parkett ver-sank in einem wahren Konfettiregen.
Auch wenn dieses Konzert die letzten Zweifler überzeugte, hier eine der bedeutendsten Rockbands aller Zeiten gesehen zu haben, sollte man sich über eines nicht hinwegtäuschen. Eine musikalische Weiter- oder Andersentwicklung findet bei der Rocklegende Jethro Tull nicht mehr statt. Der höchste Perfektionsgrad der Musik ist erreicht. Und im Hinblick auf ihr Konzert im Mai 78, viel Neues haben sie sich nicht nicht einfallen lassen. GG.
Am 15.03. meldete die lokale Tageszeitung (WN):
Donnerstag, 20. März:
Jethro Tull" gastieren in der Halle Münsterland.
Ian Anderson und seine famose Truppe wieder einmal in Münster.
Achtung: Nach letzten Informationen ist das Konzert restlos ausverkauft. Nichts geht mehr.
Am 19. dann diese Anzeige:
Wer verk. Jethro Tull-Karte? Tel. xxxxxx
Und am 22.03. dann diese euphorische Kritik, die voll und ganz meiner Erinnerung an dieses denkwürdige Konzert entspricht:
Jethro Tull machte Halle zum Tollhaus
Die sechs Mann von der englischen Rockformation Jethro Tull sollten sich einen neuen Namen zulegen: vielleicht Jethro Tollhaus. Denn in ein solches verwandelten sie die Halle Münsterland am Donnerstagabend. Die die Halle bis unters Dach füllende Zuhörerschaft hatte während des Konzertes schon jedem Titel begeistert applaudiert. Als dann die beiden Zugaben angestimmt wurden, stürmte alles nach vorne, stand auf den Stühlen, tanzte und hüpfte herum.
Jethro Tull, schon 1968 gegründet, ist wohl diejenige Gruppe der alten Garde, die das meiste an Ausdruckskraft und Intensität in die 80er Jahre herübergerettet hat. Denn das Konzert besaß alles, was ein erstklassiger Rock-Act besitzen sollte. Kraft, Dynamik, Farbe, Gags, ein wenig Comedy-Show, gut aufgelegte Musiker und vor allem Rock und nochmals Rock, abwechslungsreich und voller Intensität wie eh und je. An der Musik stimmte einfach alles. Diese Mischung aus hartem rhythmisch vertracktem Rock und balladesken Stücken, akustischen und elektrischen Passagen, mitreißend gespielt in einem überzeugenden, homogenen Gruppensound, besitzt immer
noch ihren eigentümlichen Reiz. Auch Ian Anderson ist der alte geblieben. Der wie immer mittelalterlich gekleidete, unumstrittene Mittelpunkt der Band sprang wie ein Derwisch über die Bühne. Er zog alle Register seiner Kunst. Die verrückte Mimik, die dauernd nervös gestikulierenden Hände, der Gesang, unverkennbar, unnachahmlich in seiner Art, seine Songs, sein meisterhaftes Flötenspiel, ebenso das auf der Akustik-Gitarre, kurz gesagt: es beindruckte.
Die fünf Musiker um ihn herum waren keinesfalls nur seine Begleiter. Sie lieferten nicht nur den perfekten Background, sondern stellten auch ihre eigenen Fähigkeiten unter Beweis. Martin Barres harte Gitarrensoli überzeugten. Dave Pegg am Baß, erst seit vorigem Jahr dabei, konnte seine Folkrock-Vergangenheit nicht leug-nen. Einige folkige Instrumentals gingen auf sein Konto. Barrimore Barlow demonstrierte während eines ausgiebigen Schlagzeugsolos Präzision und Virtuosität. Und die beiden Tasteninstrumentalisten David Palmer, der ruhende Pol, auch am Saxofon zu hören, und John Evans, Komödiant und Grimassenschneider, umrahmten das Ganze.
Die Gruppe schöpfte aus dem Vollen ihres umfangreichen Repertoires. Sie spielte vornehmlich Stücke aus den letzten Jahren, dabei sehr lustig dargeboten „Stormwatch", der Titel-song der letzten LP. Besonders gefeiert aber wurden Songs wie „Aqualung", „Thick as a Brick", oder „Locomotive Breath"; alte Stücke, die heutefast anachronistisch anmuten. Zuletzt griff Ian Anderson nochmals zur Gi-tarre,' er sang eine Zeile, grinste hämisch, plötzlich ein Schuß aus der Konfetti-Kanone und das Parkett ver-sank in einem wahren Konfettiregen.
Auch wenn dieses Konzert die letzten Zweifler überzeugte, hier eine der bedeutendsten Rockbands aller Zeiten gesehen zu haben, sollte man sich über eines nicht hinwegtäuschen. Eine musikalische Weiter- oder Andersentwicklung findet bei der Rocklegende Jethro Tull nicht mehr statt. Der höchste Perfektionsgrad der Musik ist erreicht. Und im Hinblick auf ihr Konzert im Mai 78, viel Neues haben sie sich nicht nicht einfallen lassen. GG.