Bob Dylan in Hamburg
Verfasst: So Jul 07, 2019 1:21 pm
Moinsen! What a simple twist of fate... Aufgrund meiner Recherche nach einem wunderbaren Mastertape von der Krest of a Knave Tour aus Den Haag habe ich einen guten "alten" Freund, mit dem ich während meiner Stundentenjahre in Münster viel zusammen gehockt habe (Musik hören, vor allem aber gemeinsame Konzertbesuche) wiedergetroffen, und es hat Zoom gemacht. CK überraschte mich bei seinem Besuch nicht nur mit den Tull-Cassetten, sondern hat mir gleich noch ein Ticket für Bob Dylan in Hamburg geschenkt, da er selbst durch eine Neil Young Show am selben Abend in Mannheim verhindert war. Ich Ignorant wollte erst gar nicht, habe dann aber nach einer kurzen Bedenkzeit doch zugesagt. Was schert mich mein dummes Geschwätz von gestern. Also ging's letzten Freitag nach HH in die riesige Barclaycard Arena im Volkspark. Für mich das erste Mal seit vielen Jahren, dass ich einem sog. Arena Gig beiwohnen würde. Da die Barclaycard Arena auf ihrer Homepage darauf hinweist, dass Einlasskontrollen u.a. mittels Metaldetektoren durchgeführt werden, blieb mein guter alter Tascam zuhause. Leider, denn ich wurde gar nicht bodygecheckt. Die Menschen strömten, erst spärlich, dann immer zahlreicher durch die Schleusen und lt. Hamburger Abendblatt waren dann so etwa 7000 Besucher zugegen, als das Konzert pünktlich um 20:00 Uhr anfing. Ich hatte Bob Dylan zuvor lediglich zweimal gesehen, 1987 auf der Temples in Flames Tour in Dortmund mit Tom Petty und 1996 als Support für Neil Young in Hamburg auf der Trabrennbahn. Ich bin mit dem, was er in den letzten 30 Jahren gemacht hat, überhaupt nicht vertraut und habe nur in den Medien die teils recht kontroversen Kritiken speziell über seine Konzerte verfolgt. Auch bei Bob Dylan gibt es ja eine Stimm-Diskussion, die uns nur allzu vertraut ist.
Die Bühne war mit einem halbrunden konkaven Vorhang dekoriert, ca. 10 riesige Kino- oder Industriescheinwerfer hingen von der Decke, an Lichtfarben gab es nur weiss in all seinen Variationen, mal klar, mal gelblich. Sehr minimalistisch und damit auch sehr wirkungsvoll. Das Konzert ging los mit Things have Changed, It ain't me, Babe, wo zum ersten Mal die Wirkung der statischen Beleuchtung voll zum Tragen kam, Highway 61 Revisited und Simple Twist of Fate. Die Stücke waren generell Neuschöpfungen mit völlig veränderten Arrangements und Melodiebögen. Viele werfen Dylan vor, dass er hinter seinem Klavier nicht wiederzuerkennen sei, aber das ist das Geheimnis seiner Kunst. Ich habe mich schon anno 87 in Dortmund gewundert, dass nichts so wie auf Platte gespielt wurde. Das ist m.E. immer die Essenz eines Bob Dylan gewesen. Ich möchte jetzt nicht die Sellist runterbeten,
http://www.bobdylan.com/date/2019-07-05 ... g-germany/
sondern meinen Gesamteindruck des Konzerts schildern. Für mich war Dylan immer eher ein Lebensgefühl denn ein Musiker. Mir reichten früher Stücke wie Hurricane als Statement gegen ein gottverlassenes rassistisches Land oder Senor in seiner unglaublichen (textlichen) Vielschichtigkeit, was ich bis heute für eines der größten Stücke von Dylan halte. Er war in meinen Augen und Ohren auch nie ein "richtiger" Sänger, wohl aber ein Meister der Phrasierung. Und natürlich ein Meister der Poesie, eines Walt Whitman würdig, der mit unterbewußt einen Sinn für Metaphern und die archaische Schönheit des amerikanischen Englisch beigebracht hat. Und daran hat sich bis heute nichts geändert. Dylans Stimme ist brüchig, aber erstaunlich durchsetzungsstark. Kein Vergleich mit IA. Bob Dylan ist wie eh und je in der Lage, mit seinem näselnden und knurrenden "Gesang" alle Emotionen von Wut über Melancholie, Trauer und gehöriger Ironie zu transportieren. Deshalb ist er für mich immer noch ein ganz Grosser und ich gebe gerne zu, dass ich so manches Mal eine Gänsehaut bekommen habe. Herausragend unter allen niveauvollen Darbietungen vielleich Scarlet Town. Die Band war klasse, routiniert, aber nicht gelangweilt, was auch schlecht wäre. Es bedarf schon absoluter Aufmerksamkeit, um Dylans Rekonstruktionen zu begeiten. Selbst der Sound war -ich saß recht weit vorne- mehr als OK. Long talk short sense: Hörens- und sehenswert, definitiv nicht aus nostalgischen Gründen oder "nur", um einen Nobelpreisträger livehaftig zu sehen. Señor als eine Art Selbstbildnis:
Señor, señor, let’s disconnect these cables
Overturn these tables
This place don’t make sense to me no more
Can you tell me what we’re waiting for, señor?
Die Bühne war mit einem halbrunden konkaven Vorhang dekoriert, ca. 10 riesige Kino- oder Industriescheinwerfer hingen von der Decke, an Lichtfarben gab es nur weiss in all seinen Variationen, mal klar, mal gelblich. Sehr minimalistisch und damit auch sehr wirkungsvoll. Das Konzert ging los mit Things have Changed, It ain't me, Babe, wo zum ersten Mal die Wirkung der statischen Beleuchtung voll zum Tragen kam, Highway 61 Revisited und Simple Twist of Fate. Die Stücke waren generell Neuschöpfungen mit völlig veränderten Arrangements und Melodiebögen. Viele werfen Dylan vor, dass er hinter seinem Klavier nicht wiederzuerkennen sei, aber das ist das Geheimnis seiner Kunst. Ich habe mich schon anno 87 in Dortmund gewundert, dass nichts so wie auf Platte gespielt wurde. Das ist m.E. immer die Essenz eines Bob Dylan gewesen. Ich möchte jetzt nicht die Sellist runterbeten,
http://www.bobdylan.com/date/2019-07-05 ... g-germany/
sondern meinen Gesamteindruck des Konzerts schildern. Für mich war Dylan immer eher ein Lebensgefühl denn ein Musiker. Mir reichten früher Stücke wie Hurricane als Statement gegen ein gottverlassenes rassistisches Land oder Senor in seiner unglaublichen (textlichen) Vielschichtigkeit, was ich bis heute für eines der größten Stücke von Dylan halte. Er war in meinen Augen und Ohren auch nie ein "richtiger" Sänger, wohl aber ein Meister der Phrasierung. Und natürlich ein Meister der Poesie, eines Walt Whitman würdig, der mit unterbewußt einen Sinn für Metaphern und die archaische Schönheit des amerikanischen Englisch beigebracht hat. Und daran hat sich bis heute nichts geändert. Dylans Stimme ist brüchig, aber erstaunlich durchsetzungsstark. Kein Vergleich mit IA. Bob Dylan ist wie eh und je in der Lage, mit seinem näselnden und knurrenden "Gesang" alle Emotionen von Wut über Melancholie, Trauer und gehöriger Ironie zu transportieren. Deshalb ist er für mich immer noch ein ganz Grosser und ich gebe gerne zu, dass ich so manches Mal eine Gänsehaut bekommen habe. Herausragend unter allen niveauvollen Darbietungen vielleich Scarlet Town. Die Band war klasse, routiniert, aber nicht gelangweilt, was auch schlecht wäre. Es bedarf schon absoluter Aufmerksamkeit, um Dylans Rekonstruktionen zu begeiten. Selbst der Sound war -ich saß recht weit vorne- mehr als OK. Long talk short sense: Hörens- und sehenswert, definitiv nicht aus nostalgischen Gründen oder "nur", um einen Nobelpreisträger livehaftig zu sehen. Señor als eine Art Selbstbildnis:
Señor, señor, let’s disconnect these cables
Overturn these tables
This place don’t make sense to me no more
Can you tell me what we’re waiting for, señor?