Na gut, hier meine Kurzkritik nach zwei Durchläufen:
Fangen wir mal mit dem Fazit an:
ein durchaus nettes Alterswerk!
Und gehen dann ans eingemachte: ich habe mir die Deluxe Box gegönnt, die beinhaltet 3 (weiße) Vinyl LPs, 2CDs und eine Bluray. Dazu eine Slipmat und einen handnummerierten Art Print (#832/5000 ist meines). Dazu habe ich noch die (auf 1000 Exemplare limitierte, nicht nummerierte blaue Doppel LP+CD) bestellt. Bleiben wir bei der Box: ich bleib dabei, das Cover ist schrecklich. Nicht nur, dass mir persönlich das Motiv einfach nicht gefällt, ich finde -subjektiv, das können die Fachmenschen sicher besser beurteilen- das Foto auch technisch nicht gut. Es säuft nach rechts komplett ins dunkle ab. Aber: der Rest des Artworks gefällt mir dann tatsächlich ganz gut! Schönes dickes Buch (mit viel Text) mit vielen -natürlich thematisch passend, Kirchen, etc.- schicken und auch technisch ganz guten Fotos. Da fallen mir mehrere auf, die ich viel ansprechender als Cover gefunden hätte (z.B. IA im "Studio" flötend, wenn er denn schon alleine auf dem Sleeve sein muss). Auch inhaltlich wird da einiges geboten: ein Vorwort, Track Notes, die Texte, ein Interview mit Tim Bowness (hab's nur überflogen), der ja die zweite Hälfte von No-Man, Steven Wilsons erstem Projekt, ist und den ich sowohl dort, als auch als Solokünstler (IA hat da auch nen Gastauftritt) sehr schätze. Desweiteren die Bibel Referenzen, etc. (werde ich wohl nicht weiter verfolgen, ich bin da inhaltlich bzgl. der Texte eher raus, denke ich). Die LPs kommen ohne gefütterte Innenhüllen, was ich nicht verstehe (in der blauen LP Version sind sie vorhanden), aber gut: sowas habe ich hier liegen. Schön, dass der LP Version eine CD beiliegt (wobei ich einen Hi-Res Download mittlerweile tatsächlich passender fände).
Zum wesentlichen, der Musik: in der Box gibt es das Album auf CD und 2LPs, dazu eine CD mit Demos ("Rough Demos" und "Initial Ideas"- ich sehe da ein "initial Demo" eines Songs, der scheinbar nicht auf dem Album ist ("She Smells So Sweet"). Ich hab das alles noch nicht gehört, aber ich finde sowas generell spannend und sehe -zumindest für einen die-hard Fan- den Mehrwert, danke! 7 der "Rough Demos" sind dann auf der dritten LP.
Mein erster Durchlauf war die Bluray. Da sind mehrere Tonspuren drauf: 48/24 Stereo LPCM, DTS-HD Master Audio 5.1, 48/24 5.1 LPCM. Ich habe -wie bei den Anniversary Boxen- mit dem Surround Mix angefangen, hier die PCM 5.1. Spur. Ich hab ein sauber eingemessenes System in einem kleinen, trockenen Raum. Meine 50+ Jahre alten Ohren sind halbwegs passabel Intakt. Nun ja, es ging also los mit "Mrs. Tibbets" und ich dachte nach wenigen Takten ..... "hab ich die Demo CD eingelegt"? Ich mag ja Surroundmixe generell sehr gerne, zumindest wenn die jemand macht, der weiß, was er da tut. Hier wird vom ersten Moment an offengelegt, wo die Schwächen liegen: der Gesang kommt trocken aus der Mitte (eine Direktheit, die ich bei den ganzen alten Sachen tw. echt geil finde!), was schonungslos offenlegt, woran es hapert. Ich will gar nicht die zillionste Diskussion über Stimme/Gesang aufbrechen, aber: man sollte halt das beste draus machen und eben das passiert hier nicht. Da spricht einer brüchig und trocken aus dem Center Speaker, das war's. Die Vocals haben für mein Empfinden überhaupt keinen "Sound". Dazu spielt die Band irgendwie drumherum. es kommt aus allen Lautsprechern was raus, aber: wo ist der Druck? Das klingt irgendwie wie ein Demo nach dem Motto, "was können wir aus den Songs machen?" wo jeder in seinem Heimstudio was dazu gespielt hat. So ging das quasi jeden Track, es dudelte was, aber ein "kick" kam da nicht und ich war erstmal reichlich konsterniert - obwohl ich die Ideen der "Demos" oft echt gut fand! Ein Negativbeispiel: bei "Barren Beth, Wild Desert John" singt IA nach jeder Zeile eine "Repeatzeile", tw. oktaviert, das klingt so dermaßen dünn, als würde der Komponist dem Sänger mit der Aufnahme nur vorschlagen wollen, was er im Studio zu singen hat. Ein Demo halt.
Ich habe direkt danach den zweiten Durchlauf gestartet und zwar die Stereospur (von der Bluray) und -siehe da!- das geht ja durchaus auch mit etwas Druck! Plötzlich haben die Vocals tatsächlich einen
Sound, etwas Hall und eine Bühne! Da spricht keiner aus der Mitte, sondern der Sprechgesang baut sich -halbwegs- in eine Band ein. Das kann man sich schon wesentlich besser anhören! Es klingt immer noch nicht
geil, aber nach wesentlich mehr als einem "Demo".
Für mich wird da schon deutlich, wie sehr Sound, Mix und Musik zusammenhängen. Musikalisch ist das soweit (auf Basis des mittlerweile dritten Durchgangs) alles ganz in Ordnung, oftmals recht fein -ich ertappte mich durchaus bereits im ersten Durchgang, dass ich einzelne Themen mitsummte- auch wenn einige Dinge vorhersehbar sind und IA sich sicherlich nicht neu erfindet. Da finde ich die ganzen Vergleiche mit SFTW, MITG und was ich noch alles gehört habe, recht vermessen. Bis jetzt ist das ganz sicher kein Meisterwerk, es ist für meine Ohren noch nicht einmal ein Jethro Tull Album, aber es ist ein gutes Album, keine Frage. Würde ich irgendwo hinter Rupi's Dance (das ich sehr mag) einordnen und wahrscheinlich vor HE (das an mir recht vorbeigegangen ist).
(Kleines) Fazit (kann sich alles noch ändern): der Surroundmix ist Grütze, ich weiß nicht, was Jakko sich dabei gedacht hat. Und ich will niemandem zu nahe treten, aber wenn SW tatsächlich keine weiteren Boxen mehr remixen mag, sollte man mal den Markt weiter sondieren. Mit dem Stereomix komme ich soweit klar, sogar sehr gut. Das wird nicht mein Lieblings "JT" Album werden und den Artprint werde ich bestimmt wieder in der Hülle verschwinden lassen und nicht an die Wand hängen, aber sonst: schönes Ding! Und tatsächlich ein feines Alterswerk. Dynamikvergleiche zwischen BD, CD und Vinyl habe ich noch nicht gemacht.
Allerdings: ich will tatsächlich nicht sehen, bzw. hören, wie IA versucht, die Songs live zu "singen". Ich kann mir nicht vorstellen, dass er das hinbekommt.
Soweit meine ersten Eindrücke, das kann sich alles noch ändern
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