Wow, hier ist ja mal richtig was los, Mensch. Die Community funktioniert also doch......
Da kann ich mich natürlich auch nicht zurückhalten.....
Laufi hat geschrieben:
Außerdem haben Tull in ihrer Karriere schon so viele Musikstile vermengt und tun das bis heute, wie alle die oben genannten Künstler nie im Leben erreichen werden.
welche oben genannten? Du meinst Bowie? Hör dich bitte mal durch den Bowie Katalog durch (der halbe reicht schon) und dann reden wir nochmal.
Also, ich denke da vergleichst Du aber Äpfel mit Birnen.
Ich möchte die beschworene Community nicht hören, wenn Ian auf einmal das Popchamäleon á la Bowie raushängen lassen würde und auf jeden x-beliebigen Wagon des Zeitgeistexpress' aufspringen würde.
Bowie und Anderson, das kann und darf man einfach nicht vergleichen und ich muss da dem Captain wirklich recht geben! Jethro Tull machen Jethro Tull Musik. Period. Jedoch haben sie es über die Jahre meisterhaft verstanden innerhalb dieser gesetzten stilistischen Grenzen alle Nuancen der Rockmusik zu streifen und sich stets neu zu erfinden, OHNE jemals ihre stilistische Identität zu verraten. Und das, lieber Laufi, ist meiner Meinung nach der Grund warum die Band noch da ist, und wir hier so trefflich darüber diskutieren können. Jethro Tull steht für mich - und ich denke auch für viele andere - für ähhhm...was weiss ich wie man das ausdrücken will: progressive Tradition oder wie auch immer.
Auf die Frage was denn so weltbewegend Neues die Musik von JT beeinflusst hat - und da geb' ich Dir recht, muss man antworten:"Für den Nichtkenner - gar nichts!" ABER....für den Kenner, oder sagen wir besser für den gemeinen Fan und den Kenner der die Geschichte der Band und Ihres Schaffens beobachtet hat bleibt doch allerhand festzustellen. So hat sich doch der Sound der Band komplett geändert. Am signifikantesten sogar das Markenzeichen JT's, der Flötensound. Als der Ian dann 1995 doch irgendwann mal einen ordentlichen fingering chart in die Hände bekam und seinen Stil danach komplett neu erfunden hat!!!!
Auch die in den vergangen 15 Jahren erschienen Alben sind derartig verschieden und andersartig, daß sie den Vergleich zu anderen Bands überhaupt nicht zu scheuen brauchen. Nehmen wir Crest Of A Knave und Catfish Rising. Zwei Alben die stilistisch soviel gemeinsam haben wie z. B. Aqualung und Too old to Rock'n'Roll. Oder das grandiose Roots To Branches. Was hat Roots mit Dot Com oder allen anderen Alben gemein?
Richtig, es ist ein Jethro Tull Album.
Mit den typischen Tull Songs, im typischen Tull Sound! So ist es doch, oder???? ABER WAS IST EIN TYPISCHER TULL SONG UND WIE IST DER TYPISCHE TULL SOUND????
Ich hab' keine Ahnung, Du vielleicht? Ich könnte auf die Frage nur antworten:"Irgendwie....ähhm GEIL halt!"
Und das ist eben das geniale an Tull - sie sind typisch und auch irgendwie altmodisch aber doch immer wieder neu und untypisch!
(....da haben wir wieder das Dilemma, ich hab einfach keine Ahnung wie ich Tull für mich definieren soll und warum mich das Werk dieser Band derart beeindruckt!)
Außerdem ist die Progression Tulls nicht ausschließlich an der formellen Ausprägung festzumachen. Völlig unbehandelt bisher blieben die Inhalte der Alben. Für mich ist Andersons Lyrik immer ein essentieller Bestandteil aller Alben und Songs! Und auch hier ist in den letzten Jahren alles mögliche gestreift und behandelt worden. Surrealistische Meisterwerke wie "Thinking Round Corners" trafen auf meisterhafte Umsetzungen ökologischer Themen in "Wounded, Old And Treacherous", Religionen in "Roots" oder Tod "Jasemin Corridor" und, und, und. Ich könnte ewig hier weitermachen. (...ich finde übrigens, das Ian seine besten Texte von 1984 bis heute geschrieben hat - and there's more to follow......lol)
.....aber ich bin irgendwie vom Thema abgekommen, sorry!
Wo waren wir noch, ach ja, Bowie, Santana und musikalische Entwicklung und warum Santana in Stadien spielt und Jethro Tull nicht.
Gut, ok, da muss ich sagen - und ich glaube auch das hat Captain Falcon schon geschrieben - Tull sind Underground. Schon immer gewesen. Tull und Anderson scheren sich einen Dreck um Zeitgeist und Mode. Und das ist gut so und so soll es auch bleiben!
Ich glaube ich würde JT boykottieren wenn IA jetzt auch so eine Ich-kriech-dem-Zeitgeist-in-den-Arsch-Platte-wie-Supernatural machen würde. Ich mein was soll das? Songs die Ricky Martin gut zu Gesicht stehen würden, mit dem immer gleichen Santana Lick zu verzieren und noch jedem Song einen anderen (gerade angesagten) Sound zu verpassen, daß das ganze wirkt wie ein "The best of current Latino Pop featuring X Y Z". Im Endeffekt klingt es doch nur noch nach Remix. Gut, es kommt an, im Fernsehen im Radio, aber da kommt auch DJ Ötzi und die Superstars gut an. Ok, ok, auch in den Stadien konnte es aufgeführt werden, klar.....aber Wolfgang Petry musste auch nur die Tür zum Dixie-Klo im Müngersdorfer Stadion aufmachen und die Fans kamen mit den Fliegen. Also im Stadion spielen ist kein Qualitätsmerkmal. Und schon gar kein Kreativitäts- und Innovationsmerkmal - im Gegenteil, denkt mal an Pink Floyd! Ich hab' auch schonmal in einer stillen Minute drüber nachgedacht, ob es cool wäre, wenn JT mal einen externen Produzenten wie seinerzeit bei Broadsword mit in Boot nehmen sollte, daß würde evtl. eine soundseitige Frischzellenkur mit sich bringen - aber wer sollte es machen??? William Orbit vielleicht??? lach!
Nee, mal im Ernst, ich glaube das könnte was ausmachen, nur auf der anderen Seite will ich das auch nicht so wirklich! Ich, und ich glaube die meisten anderen hier auch, wollen mit einem JT-Album ein Jethro Tull Produkt kaufen. Und das heisst: "It should be the way Ian planned it!"
Schließlich haben Mozart und Beethoven zu Lebzeiten ihre Werke auch selbst dirigiert!
Wirft man aber einen Blick in Metalmagazine, sei es online oder in Printform, dann werden Tull immer über den Klee gelobt und als Legende dargestellt, die nichts von ihrer Magie eingebüßt haben.
Das stimmt! Und hier liegt auch das größte Potenzial. Denn den Metal Fan kümmert der Zeitgeist und die Mode schon aus Attitüde nicht. Dem geht es um die Authenzität und bei manchen sogar um die Qualität! Ich würde soweit gehen, daß viele Metal-Fans sogar "sachverständig" sind!
sagen die denn "das Christmas Album hat uns so unwahrscheinlich beeinflußt" oder sagen die nicht eher "Cross-Eyed Mary"
Sorry Laufi, aber das polemischer Kappes! Im übrigen ist das Christmas Album rein handwerklich, künstlerisch allererste Sahne, ja selbst in der Hinsicht progressiv, das es m. E. den Rockkontext komplett verlässt und ebensogut als Folk, Jazz oder Pop-Klassik Album geführt werden könnte. Und somit wieder in der Tradition vieler anderer Tull Alben steht!
Anderson hat in Fidenza 2001 auf der italienischen Convention mit den "Souldrivers" gespielt. Die haben als (relativ amtliche) alternative Band JT Songs mit eigenem Sound reproduziert und Anderson war dann auf einmal auf der Bühne und hat sozusagen seine eigenen Songs gecovert. So stelle ich mir das vor - nur bitte nicht die alten Kamellen, sondern neues Material!
Oder, wenn schon olle Kamellen, dann in neuem Gewand, wie jetzt kürzlich auf der Orchestertour. Da geb' ich Dir recht Marco. Aus meiner Sicht als "Altgefahrener".
Aber auf der anderen Seite kann ich nicht einschätzen was die Durchschnittlich vielleicht anderen 2499 Besucher eine Tull Konzertes erwarten! Tull hat ein gewaltiges Erbe zu verwalten. Und auch die nostalgischen Erwartungen eines Großteils ihres Publikums zu erfüllen.
Wie ihr wisst wünsche auch ich mir nichts sehnlicher als neues Material und wieder etwas mehr Mut bei den Arrangement der Klassiker. Und ich - voreingenommen wie ich bin - bin nach wie vor davon überzeugt, daß die Energie der Orchestertour das Jethro Tull Lager für diesen Sommer nachhaltig beeinflussen wird und selbst wir wieder richtig beeindruckt werden. AMEN.
Und neues Material dann im Herbst - so lange können wir auch noch abwarten.
Jethro Tull macht Jethro Tull Musik. Und das ist gut so. Der Kreis schließt sich!
Puh, jetzt hab ich mich aber richtig in Rage geschrieben. Ich hoffe, mal wieder, daß es halbwegs Sinn macht.
Wir sehen uns,
J.
ROCK'N'ROLL
I wish I was a Catfish, swimmin' in the deep blue sea....