von Marco Laufenberg
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Die Convention 1998 fand in der Gemeinschaftshalle
der Rheinischen Landesklinik in Bedburg-Hau statt, also dort, wo schon
mal eine 'Tull-Fan-Party' stattgefunden hatte. Aber wem erzähle ich
das, die meisten von Euch werden eh dagewesen sein ...
Für diejenigen, die nicht mit von
der Partie waren, hier also ein paar persönliche Eindrücke ...
Albert kam schon einen Tag vor der Convention
zu mir nach Köln. Bei ein paar Bierchen gab es wie immer so einiges
zu erzählen, meine Mitbewohnerin hat -ob unserer für Nichttullies
doch seltsam anmutenden Gesprächsthemen- wahrscheinlich innerlich
ganz schön den Kopf geschüttelt ...
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Samstag mittag ging es dann los, zum
Glück ist Bedburg-Hau von Köln nicht mehr so weit und wir waren
nach 1,5 Stunden Fahrt da. Es standen schon so einige bekannte Gesichter
vor der Halle, zum Glück hatte das Wetter ordentlich mitgespielt und
Bierbrunnen sowie Würstchenstand waren gut frequentiert. Viele bekannte
und unbekannte Gesichter aus halb Europa luden zum Fachsimpeln ein und
-wie immer- die Entschuldigung an die, die ich nicht erkannt oder mal links
liegen gelassen habe ... die Zeit zum quatschen ist irgendwie immer zu
kurz.
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Mit einiger Verspätung gingen
dann die Türen auf und man konnte in die Halle (Tulls Soundcheck hatte
sich durch technische Probleme verzögert). Drinnen gab es die obligatorischen
Stände verschiedenster Art, von Bootlegs bis zu Postern konnte man
alle erdenklichen Sachen erstehen, auch wenn für mich diesmal wirklich
nichts dabei war (mein Kontostand dankt !!) Gut besucht war wohl auch der
'Beggar's Farm'-Stand. Als ich dorthin kam, sah ich von Harry und Sven
jedenfalls nur die Haare (teilweise auch weniger Haare), die beiden gingen
in einem Wust von Besuchern verloren.
Nach der Begrüßung durch die
Veranstalter ging dann die Vorband auf die Bühne. Es handelte sich
dabei um eine Schülerband, die eine halbe Stunde lang Tull Songs spielte.
Vielleicht nicht gerade die beste Idee, die Schüler als Vorband für
Tull zu nehmen, aber immerhin: kann noch was gutes draus werden, wenn die
Jungs und Mädels sich erstmal an eigene Sachen wagen.
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Nach einer kurzen Pause kam für
mich eigentlich schon einer der Höhepunkte des Abends, alle Musiker
von Tull betraten die Bühne und brachten diverse signierte, zum Teil
recht persönliche Sachen mit, um sie zu verlosen. Als Lose dienten
die Abrisse der Tickets, somit hatte also jeder eine Chance, was zu gewinnen.
Es ging los mit Postern und ähnlichem, Martin stiftete den Hut, den
er auf dem 'Light Music' Cover trägt, Doane seine Mütze sowie
Drumsticks und Setlists, außerdem noch mehr Poster und ein 'Heavy
Horses' Spiegel. Dann hielt Ian tatsächlich einen Platin-Award von
'Songs From The Wood' in die Höhe !
Leider trieb die Verlosung seltsame Blüten,
denn nur gut die Hälfte der Sachen wurden verlost, auf die anderen
Nummern meldete sich einfach niemand und das trotz Andys grandioser deutschsprachiger
Übermittlung der Nummern (nach eigenem Bekunden hat er das durch die
nächtliche Sextelefon-Werbung im Fernsehen gelernt) ! Wahrscheinlich
saßen einfach zuviele Leute in den Bars, um sich am Krombacher zu
laben, oder aber, wie Doane vermutete: 'Did you all really BUY your Tickets?'.
Schade jedenfalls, daß selbst auf mein Stoßgebet hin, sich
tatsächlich niemand für den Platin-Award meldete. Wirklich schade,
denn es wäre doch schön gewesen, wenn sich den jemand aus unserer
Mitte -weinend vor Glück, versteht sich- von Ian abgeholt hätte
... wo die Platinplatte jetzt ist, weiß wohl nur der Meister persönlich,
vielleicht im Platinplattenhimmel ? Myteriös !
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Schließlich wurde es den Jungs
wohl auch zu bunt, Andy wollte gerade eine Nummer ziehen, als Ian ein Ding,
das er als 'Claghorn' deklarierte in die Höhe hob und sagte, 'OK,
wer zuerst sagt, bei welchem Song wir das Ding gespielt haben, kriegts!'
Noch bevor ich auch nur irgendwas denken konnte, brüllte mein Sprachorgan
-ganz ohne daß es irgendeinen Befehl dazu bekommen hätte- 'Fat
Man' und ... got it !!! Ich hatte ein Claghorn, was ein ganz schönes
Ungetüm ist (meine derbe Fresse und das Horn hier)
und vor allem höllische Geräusche macht (fragt meine Nachbarn
und meine mittlerweile offen den Kopf schüttelnde Mitbewohnerin).
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Nach der Verlosung stand dann eine
Fragerunde auf dem Programm. Die Band beantwortete von Jürgen Handke
vorgetragene Fragen. Mit Verlaub, wer hat sich wohl diese bescheuerten
Fragen ausgedacht ? Wahrscheinlich habe ich nicht mitbekommen, wo man die
abgeben konnte, aber wichtiger als 'Hast Du, Ian, Probleme, seit Du mit
dem Rauchen aufgehört hast ?', wäre mir die Info über ein
neues Album gewesen oder andere Fragen über musikalische Aktivitäten.
Naja, jetzt weiß ich jedenfalls, daß Doane auch schon mal kocht
und das Andy stinkt, weil er als einziger raucht. Vielleicht gibt’s das
nächste mal ja einen Starschnitt in Lebensgröße, das würde
gut passen.
Anyway, die Jungs haben die Güte
der Fragen durch recht ironische Antworten dann noch ganz gut gemeistert
und zu Tull gehört eben auch dieser britische Humor, selbst wenn man
den provozieren muß ...
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Als nächstes stand 'Jethro Tull
music played by Jürgen Handke' auf dem Programm. Wer Jürgen Handke
noch nicht kennt: das ist sozusagen ein Ein-Mann-Orchester, das organische
Musik teilsynthetisch (mittels Computer, Stimme, Querflöte, Gestik,
etc.) aufführt. Sicherlich nicht jedermanns Sache, aber diverse Stücke
löst Jürgen ganz nett.
Fraglich allerdings, warum auch der 2.
Support-Act für Jethro Tull auschließlich Jethro Tull Musik
spielte. Ich dachte mir, daß man so wenigstens herausfinden würde,
welche Stücke Tull später auf gar keinen Fall spielen würden,
aber selbst das dachte ich nur ...
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Schließlich ging es -endlich-
mit dem Tull-Gig los. In perfekter Yes-Manier startete der Auftritt kurios,
denn jedes Bandmitglied spielte erstmal ein Solo-Set. Ian fing an. Er begleitete
sich selbst mit dem DAT-Recorder und spielte neben 'Someday The Sun Won't
Shine For Anymore', 'Bombay Valentine' und 'Living In The Past' auch ein
neues Stück namens 'Boris Dancing' vom kommenden Soloalbum. Ein wunderschöner
Song mit ein paar netten Akkustikparts. Ein guter Vorgeschmack auf die
neue Platte !
Als nächstes spielten Martin und
Jonathan 'Empty Café' von 'A Trick Of Memory', mehr als nur ein
Vorgeschmack auf Martins Solo-Tour durch deutsche Clubs. Ein wunderschönes
Stück, das Martin ruhig öfters auf der letzten Tull Tour hätte
spielen können.
Nun kam Andys Solo-Spot, er spielte 'Underwraps'
in einer sehr schönen Version. Zwar waren viele Parts vorprogrammiert,
dennoch klang das Stück um einiges homogener als die recht mechanische
Originalversion.
Schließlich durfte auch Jonathan
ran, er spielte ein selbstkomponiertes Bass-Solo-Stück auf seinem
5-String und warnte auch direkt vor, 'I hope not to be boring you'. Naja,
Bass-Solos sind immer so eine Sache, denn meistens hören normale Ohren
sich sowas nicht an. Gerade aus diesem Grunde fand ich den Auftritt sehr
gelungen, denn eine Convention soll außergewöhnliches bieten
und das war außergewöhnlich ! Vielleicht sollte John sowas mal
mit ein paar Musikern und Instrumenten mehr aufnehmen, damit es auch für
ungeübte Ohren interessant klingt.
Der Schluß der Solos war gleichzeitig
auch der Höhepunkt des ganzen Abends, Doane machte ein 'Spot The Tune'.
Mit einem Mini-Drum-Set spielte er die Drum-Parts verschiedener Tull-Songs
an und das Publikum sollte die Titel erraten. Das ist gar nicht so einfach
und führte zu einigen lustigen Ergebnissen. Jaja, ich geb's zu, 'Purple
Rain' ist gar kein Tull-Song, aber ... who cares ? This was good fun !!!
Der Joke des abends war wohl Doanes Drumpart von 'Wond'ring aloud' ...
Doane hat von meinem kleinen großen
Bruder Koen aus Luxemburg (dem 'land of instant beer') und mir später
übrigens den 'John Evans Award' für die 'funniest action on stage'
bekommen. Hat ihm wohl gefallen !
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Nun ging es also richtig los, Jethro
Tull standen komplett auf der Bühne. War ich -ob des gelungenen und
ungewöhnlichen Beginns- voller guter Dinge, einen extraordinairen
Abend zu erleben, mußte ich nach einigen Stücken leider ernüchtert
feststellen, daß Tull 'nur' einen ganz normalen Auftritt spielten,
der sich vom Inhalt her nicht sonderlich von der letzten Tour unterschied.
Ok, Tull sieht man (noch) nicht jeden Tag vor nur 800 Leuten spielen, aber
ein bischen mehr als 'business as usual' hätte ich schon erwartet.
Selbst der nachmittags noch vorhandene
Wortwitz war irgendwie 'flöten' gegangen, keine Jokes, kaum Ansagen,
irgendwie machte sich selbst im Publikum Lethargie breit. Wenigstens ging
Ian irgendwann auch auf die Support-Acts ein: 'den nächsten Song hören
wir jetzt glaube ich zum 3. Mal, Dangerous Veils'. Das war's dann aber
auch schon mit Sprüchen.
Gut, der Auftritt war ordentlich, aber
eine Tull-Convention stellte für mich bis dato immer ein einzigartiges
Konzert -mit wem auch immer- dar, aber das war nicht mehr einzigartig,
sondern nur noch ordentliche Routine.
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Entsprechend war gegen 23.00 Uhr auch
Schluß. Der eine Teil des Publikums verzog sich ins Bett oder in
die Bar für 'ordinäre Menschen', während der andere Teil
der 'After Show Party' für wichtigere, weil dorthin geladene Gäste,
beiwohnte. Ich hatte eine Einladung, aber der Großteil meiner Freunde
nicht, zum Glück sollte das kein großes Problem sein, konnte
man die 'Man In Black' doch ganz gut foppen, indem man einfach mit ein
paar auf der Party eingesammelten Einladungen nach unten verschwand und
seine Kumpels bestückte.
Die restlichen Stunden des Abends waren
doch wieder etwas versöhnlich, sie bestanden aus netten Schwätzchen,
einigem an Alkohol sowie der glücklichen Tatsache, daß Jonathan
Noyce der deutschen Sprache nicht sonderlich mächtig ist ... nicht,
Harry ?
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Irgendwo habe ich vor kurzem gelesen,
daß eine richtige Convention nur eine wirklich 'richtige' ist, wenn
Tull dort auch spielen. Irgendwie sehe ich das wohl anders, sonst wäre
Gravesend 1996 wohl nicht immernoch in mein Herz und Hirn gebrannt, während
Bedburg 1998 wohl eher 'nur' als netter Abend in Erinnerung bleiben wird
... obwohl, betrachte ich das 'Claghorn' vor mir, bleibt vielleicht doch
noch ein bischen mehr.
In jedem Fall gilt mein Dank -sicherlich
im Namen vieler, die in Bedburg-Hau waren- den Veranstaltern und ihren
Helfern, gute Arbeit und ne astreine Organisation, Jungs !
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