Made in England ...
The Sixth U.K. Jethro Tull Convention 30th November 1996 * Gravesend
Kent * Woodville Halls
von Dietmar Müller
Um es gleich vorweg zu nehmen: Das Wochenende in der Nähe von
London war einfach ... GENIAL! Alle BEGGAR'S FARMER, die nicht dort sein
wollten oder konnten, haben wirklich etwas verpaßt und können
sich allenfalls damit trösten, daß die 2. German Tull Convention
am 22. März in Betzdorf ein ähnlich großes Ereignis zu
werden verspricht. Auf einer Skala von 1 bis 10 haben die drei Tage in
Gravesend mindestens den „Spaßfaktor 8" verdient! Abzüge gibt's
zum einen aufgrund einiger kleiner Mängel bei der Organisation des
Festivals; zum anderen, um Ulla bei ihren Vorbereitungen für den März
nicht zu „entmutigen"... Im Stil des Bedburg-Hau-Artikels der letzten Ausgabe
habe ich wieder einen „kleinen" Reisebericht zusammengestellt, der Euch
hoffentlich ein paar Impressionen von meinem ersten (!) Englandbesuch vermittelt.
Der viertägige Trip begann ...
Donnerstag, 28.11.96
Aufgrund beruflicher Verpflichtungen konnte ich mir an diesem Tag leider
nicht frei nehmen, so daß bereits die erste Etappe mit reichlich
Streß verbunden war. Andererseits war ich froh, überhaupt fahren
zu können, da ich mich bis zwei Tage zuvor noch reichlich mit meinen
beiden Nebenhöhlen herum geärgert hatte. Egal - arbeiten, einkaufen,
Wohnung aufräumen (man weiß ja nie, ob man wiederkommt und was
sollen dann die Verwandten von einem denken!) und ab auf die Autobahn in
Richtung Hürth (bei Köln) zu Marco.
Gegen 21.00 Uhr in Hürth angekommen, habe ich doch tatsächlich
recht schnell Marcos neue Wohnung gefunden - was eigentlich unglaublich
ist, da seine telefonische Wegbeschreibung locker einen DIN-A-4-Zettel
füllte und die Stadt anscheinend mehr Bahnübergänge als
Fußgängerampeln besitzt... (da fällt mir ein, daß
ich in diesem Artikel besonders nett zu ihm sein muß, da er sonst
- auch in Anbetracht der Bekanntgabe seines Alters im Bedburg-Hau-Bericht
- als „Rache" ein Foto meines Zahnputzbechers veröffentlichen will
... und das wäre in der Tat ein bitterer Anblick!). Michael aus Oschersleben
(bei Magdeburg), der komplett die Organisation (Tickets, Pension und Überfahrt)
übernommen hatte, war bereits einige Stunden vor mir angekommen und
zu dritt fachsimpelten wir nun über das bevorstehende Wochenende -
und zwar vorrangig über die Frage: kommt „er", oder kommt „er" nicht...
Freitag, 29.11.96
Nachdem Marco die Betzdorf-Flyer fotokopiert hatte, wir beide uns noch
englische Pfund bei der örtlichen Spaßkasse besorgt hatten und
Michael den Wagen vollgetankt hatte, waren wir gegen 10.00 Uhr endlich
auf der Autobahn in Richtung Calais. Das Wetter war sch...ade, in Holland
war Stau und das Ende vom Lied war, daß Michael in Belgien seinen
Rover mit 180 über die Piste bügelte, damit wir doch noch rechtzeitig
die Fähre um 14.45 Uhr erwischen würden (der Tunnel war ja trotz
Aufhebung des allgemeinen Rauchverbots leider nicht zu benutzen).
In Calais angekommen, stand beim einchecken neben uns ein englischer
Wagen, in dem Marco zufällig eine Tull-Kassette entdeckte. Als er
dem Fahrer anschließend einen Flyer für Betzdorf in die Hand
drückte, ernteten wir drei aber eher ein mitleidvolles Lächeln
(ein Gesichtsausdruck, den wir ja alle kennen...). Die anschließenden
1 ½ Stunden auf der Fähre gehörten dann nicht gerade zu
den absoluten Highlights des Wochenendes. Immerhin, es gab auch dort ein
in Deutschland nicht ganz unbekanntes Fast-Food-Restaurant. Blieb nur abzuwarten,
wovon einem eher schlecht werden würde - vom Seegang oder vom Essen...
Von Dover nach Gravesend lernte Michael dann schnell die Geheimnisse
des Linksverkehrs kennen und die (für mich) überraschende Tatsache,
daß die Insulaner noch besch...eidener autofahren als wir. Irgendwann
gegen 17.30 Uhr sind wir dann in unserer Pension eingetrudelt. Unterkunft
und Preis waren als eher schlicht zu bezeichnen und Ms. Bridy, die Inhaberin,
traktierte uns sofort mit der Frage „What's going on in Woodville Halls?",
da sie mehrere Gäste erwartete, die dort hin wollten. Nachdem wir
sie halbwegs über unser Leiden aufgeklärt hatten und anschließend
die entspannende Snooker-Übertragung im Fernsehen genießen wollten
(wir waren alle drei doch reichlich „angeknockt"), ging die Zimmertür
auf: Melitta & Harald, sowie Gesa & Sven kamen aus ihrer Pension
zu uns herüber und zusammen haben wir uns dann erstmal auf die Suche
nach etwas Eßbarem gemacht.
Essen gehen in England - die einzige echte Erfahrung über die
„Sitten anderer Länder", die ich an diesem Wochenende gemacht habe.
Das Essen selbst beim Inder war ja o.k., aber die Bedienung ... na ja!
Mit einem dezenten „Have you finished?" wurde jedem von uns sofort der
Teller „entrissen", sobald der letzte Bissen im Mund war; der Ober stand
permanent neben oder hinter uns und die Rechnung kam auch fast Zeitgleich
in dem Moment, als Sven den letzten Hähnchenschenkel verdrückt
hatte - echt gemütlich! Später sagte man mir, diese Form der
Nahrungsaufnahme sei in England „normal"...
Im ersten Pub des Abends lernte ich noch weitere Bräuche kennen.
Haralds Glas mit O-Saft war z.B. nur zu ¼ gefüllt (was auch
optisch recht ansprechend wirkte...) und nach 30 Minuten wurden wir dann
mehr oder minder gebeten zu gehen, da man aufgrund des großen Andrangs
doch die Tische abbauen wolle ... und tschüs! Der nächste Pub
war dann wesentlich gemütlicher (70er Jahre Musik statt Techno). Später
gesellten sich drei Norweger an unseren Tisch, die ebenfalls anläßlich
der Convention nach Gravesend gekommen waren. Die Typen waren wirklich
witzig und den Rest des Abends wurde ausschließlich über Tull
und über den nächsten Tag geplaudert - bis wir dann irgendwann
gegen Mitternacht rausgekegelt wurden (was mir nicht ganz ungelegen kam,
da Marco und Michael im Gegensatz zu mir wieder beängstigend fit zu
werden schienen...die anderen vier hatten sich bereits kurz vorher vom
Acker gemacht).
Samstag, 30.11.96 (THE day!)
8.00 Uhr - Breakfast bei Ms. Bridy! Am Morgen vollzog sich die Überraschung,
die sich bereits am Vortag angedeutet hatte. Regina & Albert, mit denen
Marco sehr gut befreundet ist, gesellten sich zu uns an den Tisch - die
Welt ist ein Dorf! Die beiden waren bereits seit Dienstag vor Ort und hatten
auch die Zeit, sich London anzusehen (was uns aufgrund der späten
Anreise leider versagt blieb). Das Frühstück war o.k. und Ms.
Bridy war stets bemüht, uns mit frischem Kaffee und Toast zu versorgen
(der Ausdruck „bemuttern" paßt in diesem Zusammenhang auch recht
gut).
Zu fünft machten wir dann erstmal die „Woodville Halls" ausfindig.
Da dort gegen 10.30 Uhr doch noch der Hund begraben war (ich dachte eigentlich,
hunderte von Tull-Fans hätten im Schlafsack vor der Halle übernachtet...?),
beschlossen wir, kurzfristig noch einen Stadtbummel durch Gravesend zu
machen - der aber bereits nach 10 Minuten im ersten Plattenladen endete!
Gegen Mittag gab's noch eine kleine Stärkung im nächsten Bistro.
Nach dem McChicken auf der Fähre und dem Chicken-was-weiß-ich
beim Inder gab's zur Abwechslung mal ein Chicken-Sandwich... Anschließend
ging's erneut in Richtung Halle, denn es war mittlerweile 13.00 Uhr und
die Convention startete ... jetzt!
(An dieser Stelle herzlichen Dank all denjenigen, die das Durchlesen
dieses „Tull-losen" Teils des Artikels durchgehalten haben ... „You are
very tolerant!")
Erneut in der Halle angekommen, passierte das gleiche, was wohl immer
auf diesen Festivals passiert - die fieberhafte Suche nach den Verkaufsständen
begann! Diese waren irgendwo im Keller versteckt, und als wir sie endlich
gefunden hatten, war dort bereits recht „reger" Betrieb (vergleichbar mit
den halbjährlichen Bildern in den Nachrichten, wenn sich Montag morgens
die Türen zum SSV bzw. WSV öffnen - incredible!). Der Stand von
Pete McHugh (Videos) war bis auf weiteres verstopft und auch der von Dave
Rees (A New Day - CD's und back issues) erforderte reichlich Durchsetzungsvermögen.
Die nächsten zwei Stunden gehörten also den Jägern und Sammlern
unter uns. Mittlerweile waren auch Andreas, Kurt und Oliver eingetroffen,
die mit „Nightmare Travels" - pardon „Rainbow Tours" - mit dem Bus über
London nach Gravesend gekommen waren. Ebenfalls im Gewühl war „Ms.
German Convention" Ulla zu finden, die zusammen mit Andrea wohl die Konkurrenz
ausspionieren wollte... (auch die beiden hatten ein Zimmer in unserer Pension
- so'n Zufall...)
Gegen 14.45 Uhr begann der musikalische Auftakt in Woodville Halls
- habe ich mir sagen lassen! Nein, im Ernst, da Marco, Michael und ich
viel zu spät zur Pension gegangen sind (um dort die „Schnäppchen"
abzuladen) und von dort auch wieder zurück zur Halle mußten,
habe ich leider nur die letzten 20 Minuten der wohl bekanntesten englischen
Tull-Cover-Band Seismic Ring mitbekommen. Das, was ich noch mitbekam, hat
mir zumindest reichlich gut gefallen. Die drei Musiker (Flöte, Gesang
und Gitarre) präsentierten Tull-Songs in akustischer Form; unter anderem
das Stück „Broadford Bazzar", das dem Original beängstigend nahe
kam.
Um 16.30 Uhr betraten dann Wild Turkey die Bühne. Ein Großteil
der Besucher hatte erst auf der Convention erfahren, daß Glenn Cornick
aufgrund seines Krankenhausaufenthaltes nicht dabei sein konnte - wodurch
zumindest die erträumte Reunion des Original-Line-Ups definitiv geplatzt
war (selbst wenn „er" denn auch kommen sollte). Musikalisch hat sich der
Ausfall von Glenn nicht übermäßig bemerkbar gemacht. Die
Band um Sänger und Gründungsmitglied Gary Pickford-Hopkins spielte
fast ausschließlich Material der neuen CD „Stealer Of Years", angefangen
von „Wrap It Up Take It Home" bis zum Titelsong des Albums als Zugabe.
Die Gruppe war wirklich überzeugend und „rockte gut ab", aber leider
machte sich jetzt auch das Manko der viel zu großen Halle bemerkbar.
Der Innenraum war komplett unbestuhlt - und folglich auch komplett leer!
Die schätzungsweise 400, maximal 500 Besucher verteilten sich komplett
auf die Bestuhlung ringsherum - was für die Musiker ein ziemlich trauriger
Anblick gewesen sein muß. Was soll's, Wild Turkey waren wirklich
gut und ich freu' mich schon auf den nächsten Auftritt der Band in
Betzdorf - dann mit Glenn Cornick!
Gegen 17.30 Uhr war der Auftritt beendet und alle Besucher wurden gebeten,
den Saal zu verlassen und die angrenzenden Räumlichkeiten (Foyer,
Bar und Keller) aufzusuchen, da die nachfolgenden Künstler erst noch
ihren Soundcheck durchführen mußten. In der Zwischenzeit gab's
zunächst ein Tull Quiz. Ich war gerade dabei, meine 30 Fragen schriftlich
zu beantworten, als Ulla mir andeutete, ich müsse im Falle einer Abgabe
des Zettels möglicherweise auf das Podium in der Bar zur Endausscheidung
- uuaaagghh! Schnell weg mit dem Wisch! Das Schlußduell vor allen
Leuten bestritten dann ein Engländer und Michael Veith - quasi eine
Art Aufarbeitung des Fußball-EM-Halfinals. Die Fragen waren aber
wirklich reichlich „tricky". Beispiel gefällig? Wie viele Tull-Songs
enthalten im Titel eine Farbe? ... ??? ... ????????. Angeblich sollen es
elf sein (incl. „Flying Colours" - hui, wie gemein), aber seid mir nicht
böse ... ich hab's nicht nachgezählt. Michael Veith hat übrigens
am Ende mit 23 zu 20 ½ gewonnen - Sieg! Anschließend gab es
wohl noch eine Versteigerung, die ich aber aufgrund aufkommender Hungergefühle
hab' sausen lassen - it was Chicken time (once again)!
Als ich gegen 18.45 Uhr vom Essen fassen zurück in die Halle kam,
war im Foyer vor dem Saal (immer noch geschlossen) ein unglaubliches Gedränge
- schlimmer als bei jedem Tull-Konzert! Um die Menge ein wenig zu zerstreuen,
hatten sich zwei recht bekannte Gesichter unters Volk gemischt. Jonathan
Noyce und Andy Giddings hatten für die Fans ein offenes Ohr und gaben
mit Engelsgeduld Autogramme. Leider konnte ich Jonathan nicht entlocken,
welches Album (Ian solo oder Tull) als nächstes veröffentlicht
wird - verschworene Bande!
Ob Ihr's glaubt, oder nicht - der Soundcheck hat geschlagene 2,5 Stunden
gedauert! Zusammen mit Gesa, Sven und Michael hatte ich es mir dann direkt
vor der Bühne bequem gemacht (viele saßen jetzt im Innenraum)
und in dieser Situation, kurz vor 20.00 Uhr, kamen erstmals Gedanken auf,
ob sich der musikalische Teil dieser Reise nicht doch noch zum Flop entwickeln
könnte. Grund: In dieser Halle, wie im Rest des Landes, sollte Punkt
23.00 Uhr „Schicht" sein - und die Liste der noch zu erwartenden Musiker
ließ nur eine drastische Verkürzung des Restprogramms erwarten
- Sch...organisation!
Kurz nach acht betrat dann, von großem Applaus begleitet, David
Palmer (solo am Piano) die Bühne. Er gab zunächst einige Anekdoten
zum Besten und erzählte dann, daß er neben Tull-Songs auch einige
andere Kostproben seines musikalischen Schaffens zum Besten geben werde.
Den Auftakt bildete „Move On Alone" vom ersten Tull-Album, gefolgt von
einer Eigenkompositition (?) namens „Night In Spain", bei der David auch
mit tiefer, rauchiger Stimme gesungen hat (hat mir jedoch nicht so besonders
gefallen - mehr so die Art von Musik, die man morgens um fünf nach
durchzechter Nacht in irgendeiner Bar hört). Den nächsten Song
kündigte Mr. Palmer mit den Worten an, er würde nun von einer
„jungen Dame" begleitet werden. Nach wenigen Sekunden Klaviermusik brauste
auf einmal tosender Beifall auf und nur wenig später hatte auch ich
geschnallt, was los war: „Er" war da! „Er" war wirklich in Gravesend!!!
Ian Anderson betrat, ohne eine Mine zu verziehen, die Bühne und gemeinsam
spielten beide eine ergreifende Version von „Elegy". Alle griffen hastig
nach ihren Fotoapparaten und das erste Blitzlichtgewitter des Abends rauschte
durch Woodville Halls. Wenig später verließ Ian die Bühne
genauso wortlos, wie er gekommen war, und der Applaus war erneut riesig.
David setzte anschließend sein Set mit einer Tom-Waits-Nummer fort.
Der Abschluß seines Auftritts war dann nicht so pralle ... „In Memorian
to Freddy Mercury" gab es (mindestes) 10 Minuten aus der Konserve; während
dessen David Palmer wortlos, in sich versunken, am Klavier saß und
wir alle (mehr oder minder gespannt) seinen Interpretationen von Queen-Klassikern
lauschten.
Nach dem 40minütigen Auftritt wurde auf der Bühne eine Art
Verlosung durchgeführt. Leider ist mir der Hintergrund des Ganzen
entgangen (zu wenig Schlaf, sorry!); ich hab' nur soviel mitbekommen, daß
der Überschuß der Convention zu Gunsten einer karitativen Einrichtung
gespendet werden sollte. Ich hätte diese 15 Minuten auch ganz ausklammern
können, wenn da nicht der „Loszieher" (gibt's sowas?) gewesen wäre
- kein geringerer als John Evans! Die Begrüßung von John war
aber eher durchwachsen, da viele wohl mit einem musikalischen Auftritt
(mit David) gerechnet hatten. Immerhin wurde mit seinem Namen auf Plakaten
und T-Shirts Werbung gemacht, so daß dieser Auftritt eher nach einem
Alibibesuch aussah. Entweder soll er sich wirklich zu seiner Vergangenheit
als Tuller bekennen oder er soll es ganz lassen. Ulla sagte später
dann auch ganz richtig, daß er zur Convention im März in Betzdorf
nur kommen braucht, wenn er dort auch spielt - point taken!
Gegen 21.00 Uhr ging es dann in musikalischer Form weiter - Solstice
waren angetreten, um dem Publikum nicht nur hervorragende Musik zu präsentieren,
sondern auch ihren allseits herzlich begrüßten Drummer - Mr.
Clive Bunker! Bereits mit der zweiten Nummer „New Life" sprang der Funke
des Sextetts zum Publikum über - und das beim ersten Auftritt der
Band seit 1985! (damals waren Solstice - laut Programmheft - eine angesagte
Band in London und umzu, die u.a. im Vorprogramm von Marillion auftraten).
Solstice-Gründer Andy Glass bedankte sich immer wieder für den
herzlichen Empfang in Gravesend und die charismatische Sängerin Emma
Brown tat ein übriges, um den Saal in Schwung zu bringen. Auch das
nächste Blitzlichtgewitter war vorprogrammiert: Zum vierten Stück
kam „er", Mr. Ian Anderson, erneut auf die Bühne, erneut mit Flöte,
erneut wortlos und erneut überschwenglich gefeiert. Leider habe ich
gerade den Titel dieses Songs nicht mitbekommen, aber den anderen 15 BEGGAR'S
FARMERN ging es hinterher auch nicht besser - gone! Solstice beendeten
ihr insgesamt 50minütiges Set mit dem Titel „Thank You", anschließend
gab es mit „Shy" eine wunderbare Zugabe, deren erster Teil sehr ruhig und
melodisch war, während der zweite Teil (dank Clive) sehr viel Rhythmus
enthielt. Der Auftritt kam so gut an, daß Ulla wohl hinterher Marco
fragte „Wollen wir die Band nicht nach Betzdorf holen?", Marco wohl sagte:
„Klar, logo!" und Ulla anschließend noch während der Convention
den Deal mit der Gruppe klargemacht hat!
Gegen 22.00 Uhr gab es erneut eine Umbaupause, die erneut die Frage
aufwarf: what's going on in Woodville Halls? Zur Erinnerung: Um 23.00 Uhr
sollten die Bürgersteige hochgeklappt werden und unser Ärger
über den organisatorischen Ablauf wurde immer größer. Gerade,
als ich aus der Halle stolperte, um mir noch schnell die neue Solstice-CD
zu besorgen, stolperte Ulla mir entgegen und rief: „Holt alle Eure Apparate
raus, gleich geht's richtig los!" - Sie meinte wohl Fotoapparate ...
Um 22.15 Uhr ging's dann wirklich RICHTIG los: Ian Anderson, Andy Giddings
und Jonathan Noyce betraten die Bühne - und wir hatten alle glänzende
Augen! Ian sprudelten die Jokes nur so heraus ... so sehr, daß die
meisten von uns (trotz brauchbarem Englisch) nur die Hälfte verstanden
haben. Die drei begannen mit „Mother Goose", bei dem Andy dieses seltsame
Instrument spielt, das zwar wie eine Flöte aussieht, aber keine Flöte
ist und trotzdem wie eine klingt - alles klar? Als Ian anschließend
der Stöpsel aus seiner Gitarre flutschte, meinte er, dieses Problem
sei vergleichbar mit dem, wenn „two dogs want to plug in" (spätestens
jetzt waren alle organisatorischen Probleme vergessen und wir wußten,
daß sich die Reise absolut gelohnt haben würde). Als zweites
Stück kam „Up The Pool", bei dem Andy und Jonathan zum Schluß
den Refrain gesungen haben. Als drittes (und leider schon letztes) Stück
dieses 15minütigen Intermezzos kam Clive Bunker erneut auf die Bühne
und zusammen spielten alle vier den Klassiker „Bouree" - in Originalversion
mit Bass-Solo im Mittelteil. Die Menge johlte an dieser Stelle besonders
und Jonathan konnte sich ein Grinsen (nach dem Motto: „Ich bin ein Rock
Star ... toooll") nicht verkneifen. Die vier verließen (ich wiederhole
mich gern) unter tosendem Beifall die Bühne - jedoch nicht ohne Ians
Schlußworte: „See you in about 30 minutes - together with the Blods!"
(das mit der Sperrstunde würde wohl etwas knapp werden...)
22.45 Uhr: Mick Abrahams' Blodwyn Pig läuteten das große
Finale in Woodville Halls ein. Zum Auftakt gab's „You Got It Wrong" vom
exzellenten neuen Album „Pig In The Middle". Später nahm Mick sich
dann erst mal einen Stuhl; mit den Worten: „My mother always called me
a fat bastard!" ... Der Rythm'n'Blues der Blods ist wirklich brillant.
Nach dem (meiner Meinung nach) eher durchschnittlichen Soloalbum „One"
ist dies wirklich die Art von Blues-Musik, die auch ich mag. Viele Songs
gehen richtig in die Beine und es ist immer wieder eine Augenweide, Mick
in Aktion zu sehen. Nach der fünften Nummer gab's dann auf der Bühne
erneut job rotation: Ian Anderson kam ans Mikro, Clive Bunker übernahm
die Drums und Mike Summerland von den Blods hatte die undankbare Aufgabe,
den erkrankten Glenn Cornick am Bass zu vertreten. Es hätte wirklich
klappen können! An diesem Abend hätte es die von vielen Tull-Fans
ersehnte Reunion des Original-Line-Ups von 1968 geben können... Anyway,
die vier starteten mit einer krachenden Version von „My Sunday Feeling"
ihren Ausflug in die Vergangenheit. Spätestens jetzt wurde auch deutlich,
daß Ians Stimme zur Zeit wieder in guter Verfassung ist - das Stück
klang auf der Tour 1993/94 selten besser. Die zweite Nummer kündigte
Ian mit den Worten an: „This is a track we haven't played since the old
days in the Marquee Club...". Zur Freude aller warteten die vier mit einem
echten Bonbon auf: „It's Breaking Me Up", ebenfalls vom ersten Album, erklang
und wurde vom Publikum begeistert gefeiert. Ian und Mick teilten sich bei
diesem Stück die chorus vocals und man hatte das Gefühl, die
beiden wären nie getrennte Wege gegangen. (Bevor ich wegen dieser
Zeile böse Briefe bekomme ... „Martin ... we love you!") Als drittes
gab's „Serenade To A Cuckkoo", bevor mit einer ebenfalls sehr druckvollen
Fassung von „A Song For Jeffrey" der Auftritt der 3/4-Reunion zu Ende ging.
Ian bedankte sich bei allen Beteiligten und man hatte wirklich das Gefühl,
daß auch ihm der Abend als „very special guest" sehr viel Freude
bereitet hat. Wer seine Launen über die Jahre mitbekommen hat, weiß
wohl, daß dies ein größeres Kompliment für diese
Convention ist, als ich es je in Worte fassen kann...
Anschließend übernahmen die Blods wieder die Bühne
und hatten nun die etwas undankbare Aufgabe, die Convention zu Ende zu
bringen. Nachdem Ian beim Abschied hat deutlich werden lassen, daß
er zumindest an diesem Abend nicht noch einmal auftauchen würde, war
auch für viele der Besucher der Höhepunkt gelaufen und die Halle
leerte sich zunehmend. Die, die blieben, haben noch „schweinisch" gute
Musik geboten bekommen. Nach „I Wonder Who" (gegen Mitternacht - fuck for
Feierabend!) sagte ich zu Sven: „Irgendwas fehlt da aber noch..." - Es
fehlte nichts: „Cat's Squirrel" kam - und es kam ziemlich gut! Die verbliebenen
Besucher wurden noch einmal mit einem brillanten Gitarrensolo verwöhnt,
bevor die Blods ihr Set mit dem obligatorischen Show-Stopper „Dead Man's
Hill" zu Ende brachten. Nach einer Zugabe („Goodbye" - wie passend!) war
dann gegen 0.30 Uhr endgültig Schluß. Mick bedankte sich noch
einmal beim Publikum, beim Veranstalter, bei den beteiligten Musikern und
insbesondere bei Ian Anderson für das tolle Gelingen der Convention
'96. Dem ist eigentlich nichts hinzu zufügen...
Völlig benebelt und und im Rausch von fast 12 Stunden Woodville
Halls trafen sich alle BEGGAR'S FARMER im Foyer - wir waren wirklich fix
und alle! Da Gravesend um diese Zeit einer Geisterstadt glich, blieb uns
nichts anderes übrig, als den Rückweg zu unseren Pensionen anzutreten
- nicht ohne jedoch zur Abwechslung noch mal einen Chicken Burger oder
Chicken Wings zu verdrücken. Zurück bei Ms. Bridy, gesellten
sich noch Ulla und Andrea zu uns aufs Zimmer. Ulla hatte noch eine Flasche
Whiskey mitgebracht (der ich mich weitestgehend versagt habe) und zu fünft
wurden sowohl die Pläne für Betzdorf als auch für ein anvisiertes
BEGGAR'S FARM-Meeting diskutiert. Ca. 3.30 Uhr hat Ulla dann auch als erstes
das „Handtuch geworfen" (ein Glück), so daß bis 8.00 Uhr („Breakfast,
my lovelies!") zumindest noch ein paar Stunden Schlaf gewährleistet
waren - Sweet Dreams...
Sonntag, 01.12.96
Nach dem Frühstück haben Marco, Michael und ich uns dann
reichlich übermüdet auf den Heimweg gemacht. Nach einer kleinen
Panne (die ich gebeten wurde, nicht weiter zu erwähnen) gab's auf
der Fähre mal wieder .... na? ... richtig: McChicken! Mein Bedarf
an Hühnerfleisch ist jedenfalls für die nächsten zwei Jahre
gedeckt. Gegen 18.00 Uhr sind wir drei dann völlig „groggy" und trotzdem
überglücklich und zufrieden wieder in Hürth gelandet. Da
ich am Montag arbeiten mußte (schauder!) und auch Michael mal wieder
in den Genuß eines eigenen Bettes kommen wollte, haben wir beide
dann am selben Abend noch den Heimweg nach Göttingen bzw. Oschersleben
angetreten - für mich die mit ABSTAND härtesten drei Stunden
des gesamten Trips... (Ich könnte Euch auch noch was über meinen
„Stormy Monday Blues" erzählen, aber ich glaube nicht, daß das
jetzt noch jemanden interessiert...)
Ja, das war er nun, mein erster Ausflug auf die Insel. Sollte es tatsächlich
noch jemanden geben, der daran zweifelt, ob die 2. German Convention am
22. März in Betzdorf eine (möglicherweise längere) Anreise
rechtfertigt ... dem kann ich auch nicht helfen! Natürlich kann keiner
garantieren, daß solch ein Fest für jeden persönlich DIE
Megaparty wird, die es für mich - uns! - in Gravesend war. Aber die
Voraussetzungen, die Ulla für den März geschaffen hat (und noch
schafft), sind wirklich mehr als günstig! (Ich hoffe, Ulla, das war
o.k. so ... an dem Samstag sagtest Du ja im Suff zu mir, Du hättest
mich noch nie gemocht ... schnief ...) Ganz zum Schluß möchte
ich noch zwei Leuten besonders danken: Zum einen Michael, der Marco und
mir im Vorfeld sämtliche Reisevorbereitungen abgenommen hat; zum anderen
Gerry „The Zobstick" Spiers, der das Festival auf die Beine gestellt hat
und ohne den dieses unvergeßliche Wochenende nicht möglich geworden
wäre ... we spent some really fine days there ...