ich habe bereits vor einigen Wochen bei Amazon ein Büchlein in englischer Sprache mit dem Titel "33 1/3 - Jethro Tull's Aqualung" von einem englischen Musikprofessor (kein Scheiß) namens Allan Moore erworben.
Bei 33 1/3 handelt es sich um eine Reihe von Büchern, die sich signifikanten und legendären Rockalben der siebziger Jahre auf eher wissenschaftliche Weise annähert.
Ich hab' das kleine Büchlein nun schon seit mehreren Wochen im Hause, bin aber bis vor Kurzem nicht dazu gekommen es zu lesen. Jetzt war ich jedoch in den letzten Tagen beruflich in Österreich "on tour" und hatte das große Glück nicht selber fahren zu müssen, und hatte so während der Fahrt ausreichend Gelegenheit mich diesem Machwerk zu widmen und kann nur sagen, daß ich diesesBuch für überaus interessant und gelungen halte.
Moore, als ein Mann vom Fach, geht die Sache - was die musikalische Seite angeht - sehr, sehr wissenschaftlich, vielleicht sogar etwas zu kopflastig an, jedoch sind seine theoretisch fundierten Analysen für jeden Laien-, Hobby- oder auch semiprofessionellen Musiker überaus interessant.
Viel interessanter für jeden Liebhaber Tulls im Allgemeinen und Aqualung im Besonderen sind jedoch seine Ansätze zur Deutung der Lyrics im Zusammenspiel MIT der Musik und DER PRODUKTION (!). Ganz ehrlich, der Mann hat so richtig hingehört und stellt so z. B. Zusammenhänge zwischen der inhaltlichen Aussage der einzelnen Songs und der Positionierung der Instrumente im Stereopanorama her (!!!!). Ein, wie gesagt, sehr theoretischer Ansatz - jedoch mit einem gerüttelt Maß an Sachverstand, Enthusiasmus, Liebhaberei und dem uns allen so vertrauten, positiven Fanatismus. Und seine Gedanken sind derart clever und z. T. auch Deckungsgleich mit mit meinen eigenen Erfahrungen die ich persönlich mit diesem Album verbinde, daß es einfach nur eine wahre Freude ist, sich in seine AnWandelungen und AbHandelungen zu vertiefen und sich in selbigen zu verlieren. Ich kann Euch sagen, man fühlt sich verstanden und aufgrund seiner akademischen Herangehensweise auch in seinem guten Geschmack offiziell und intellektuell bestätigt, ja ich würde soweit gehen zu sagen, musikwissenschaftlich geadelt ....lach
Nee, mal im Ernst, es hat mir wirklich Spaß gemacht dieses Werk zu lesen und ich konnte auch noch sehr viel daraus lernen. Ich glaube ich werde das Album von nun an mit ganz anderen Ohren hören.
Das Schöne an diesem Buch ist auch, daß Moore seine Deutungen und Erläuterungen des Albums im Allgemeinen und der einzelnen Songs nicht als Dogma verstanden wissen will, sondern nur als Gedankenansatz.
So gibt er zu Beginn ganz offen zu, daß er nur mögliche Deutungen aus seiner ganz persönlichen Erfahrung vorschlagen kann, da er (wie Ian im übrigen auch) ganz klar feststellt, daß die Bedeutung für jeden einzelnen, aufgrund persönlicher Erfahrungen im Allgemeinen oder auch ganz konkret mit der Musik dieses Albums, eine andere sein kann.
Wie auch immer, ich kann Euch dieses kleine Buch nur empfehlen. Ich hatte jedenfalls meine helle Freude daran. Und die werde ich auch in Zukunft haben, wenn ich dieses Buch begleitend zum (dann ebenfalls wissenschaftlichen) Genuss der Platte sozusagen als Gebrauchsanweisung fürs Album nutzen werde. Es dient quasi schlicht als Anleitung zu einer ganz anderen HÖREINSTELLUNG - keine Ahnung wie ich das ausdrücken soll.
Die ganze Machart und Aufmachung z. B. erinnert mich stark an die sicherlich Euch allen bekannten Reklam-Heftchen mit den Erläuterungen zu Werken der Weltliteratur aus unserer Schulzeit. Der Unterschied ist nur das ich Aqualung im Gegensatz zu Macbeth selbst auch wirklich geil finde.
Wir sehen uns im Juni,
J.
PS: Während ich das geschrieben habe, habe ich mittlerweile zum X-ten Male die XM-Radio Performance von Aqualung gehört und muss sagen, das diese Aufnahme für mich immer noch wächst. Eine großartige Band die wir da verehren - nach wie vor. Herzlichen Glückwunsch Euch und mir für unseren hervorragenden Geschmack!!!!!!!